Straßenschild Jakob Kopp Straße
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Politik

Imst: Nazidichter als Namensgeber für Straße

In Imst gibt es nach wie vor die Jakob-Kopp-Straße. Sie wurde benannt nach einem Imster Mundartdichter, der überzeugter Nationalsozialist war und in seinen Gedichten Judenhetze betrieb. Historiker fordern eine Umbenennung und Aufarbeitung dieser Straße.

1976 war die Straße in Imst nach dem Mundart- und Nazidichter Jakob Kopp benannt worden. Das geschah in einer Zeit, in der kaum Vergangenheitsaufarbeitung betrieben wurde und dahinter steckte damals sicher keine böse Absicht, meinte die Imster Lokalhistorikerin Sabine Schuchter.

Nun sei diese Nazivergangenheit des Jakob Kopp aber schon seit Jahren bekannt, umso dringender sei eine Umbenennung der Straße und eine Aufarbeitung dieses Themas – auch, weil Imst eine Hochburg des Nationalsozialismus war – mehr dazu in Die „Schreckensnacht“ in Imst – und sich die Stadt ihrer besonderen Verantwortung bewusst sein müsste.

Jakob Kopp
Museum im Ballhaus Imst
Der Imster Mundartdichter Jakob Kopp war schon vor dem Anschluss Mitglied der NSDAP

Fanatischer Nazi Jakob Kopp

Jakob Kopp wurde 1871 in Imst geboren. Mit 16 Jahren ging er nach Innsbruck und arbeitete in der Innsbrucker Glasmalerei. Mit seiner Heimat Imst blieb er immer eng in Verbindung. Erst in seiner Pension begann er, Gedichte zu schreiben. Schon früh, in den 1930er Jahren, trat er der NSDAP bei, war also Parteimitglied, als diese in Österreich noch verboten war. Kopps Heimatgemeinde war eine Hochburg der Nationalsozialisten. Imst war eine der ersten Gemeinden, die Adolf Hitler 1933 zum Ehrenbürger ernannte.

Nazi-Aufmarsch Imst
Museum im Ballhaus Imst
Imst war eine Hochburg des Nationalsozialismus

Jubelgedichte auf den „Führer“

In der Bibliothek des Ferdinandeums finden sich Original-Gedichte in den Zeitungen wie „Oberland“ und „Innsbrucker Nachrichten“. Nur kurze Zeit nach dem „Anschluss“ werden Jubelgedichte auf den „Führer“ Adolf Hitler von Jakob Kopp darin abgedruckt, die ganz klar seine nationalsozialistische und antisemitische Haltung zum Ausdruck bringen, so Roland Sila, Kustos der Bibliothek des Ferdinandeums. Gedichte von Kopp wurden von Josef Eduard Ploner vertont.

Nazi-Liedtext
Tiroler Landesmuseen
Schon wenige Wochen nach dem Anschluss wurden Jubellieder Kopps auf Adolf Hitler veröffentlicht

Bei beiden, Kopp und Ploner, sei sehr deutlich, dass sie von sich aus das NS-Regime übereifrig unterstützten, keinesfalls seien die Werke Auftragswerke gewesen oder gar unter Druck entstanden, sagt Franz Gratl, Kustos des Musikarchives des Ferdinandeums. Das sei ein konstanter Mythos, wenn es um die Kunst im Nationalsozialismus gehe.

Persönliche Bekenntnisse zum Nationalsozialismus

„Bei den beiden Liedern, die bei uns hier vorliegen, kann man ganz klar sagen, dass es persönliche Bekenntnisse zum Nationalsozialismus sind, sowohl von Jakob Kopp, als auch von Josef Eduard Ploner“, so Gratl gegenüber dem ORF Tirol. Der Opfermythos sei als Rechtfertigung in Österreich immer sehr beliebt gewesen, umso wichtiger sei eine ordentliche Aufarbeitung der Vergangenheit, um in die Zukunft blicken zu können, meint der Leiter des Musikarchives.

Hakenkreuz auf der Platteinspitze
Museum im Ballhaus Imst
Die Vordere Platteinspitze im Gemeindegebiet von Imst 1938

Oftmals bemerke er bei Werksverzeichnissen von Komponisten, dass keinerlei Werke in den Jahren des Nationalsozialismus verzeichnet seien, so Gratl. Da werde er stutzig, denn es sei oftmals ein Indiz dafür, dass man hier Werke habe verschwinden lassen.

Nazi-Vergangenheit wurde „bereinigt“

Den Fakten, die da am Tisch liegen, müsse man sich endlich stellen, sagt die Imster Lokalhistorikerin und Leiterin des Museums Ballgasse, Sabine Schuchter. Lange genug habe man versucht, diese Biografie zu säubern wie bei vielen anderen Künstlern, so Schuchter auch mit Blick auf Kopps Nachlassverwalter, der angab, Kopps Vergangenheit von den Nazi-Gedichten bereinigt zu haben. Trotzdem liegt noch immer genug vor, wie das von Jakob Kopp verfasste und von Josef Eduard Ploner komponierte Tiroler Standschützenlied von 1944. „Sehr wenige haben zu diesem Zeitpunkt noch zum letzten Aufgebot aufgerufen, nur die letzten Fanatischen, und Jakob Kopp war einer von ihnen“, sagt die Imster Museumsleiterin Sabine Schuchter.

Tiroler Standschützenlied
Tiroler Landesmuseen
Als fanatischer Nationalsozialist rief Jakob Kopp noch 1944 auf zum Krieg, auch gegen Juden

Im Herbst 1944 rief er noch in Gedichten zum Krieg auf und brachte seine Haltung zum Ausdruck, in dem er den Volkssturm beschwörte, die Standschützen aufrief, das Land zu verteidigen und für den Führer das Leben zu geben. „Er hat auch geschrieben, der Judenbrut, dem Judengeld, denen werden wir den Garaus machen, er hat klaren Antisemitismus zum Ausdruck gebracht zu einer Zeit, wo der Krieg eigentlich schon verloren war“, so Schuchter.

Nazivergangenheit schon länger bekannt

Bei dieser Faktenlage bleibt fraglich, warum die Gemeinde bislang auf den Straßennamen bisher nicht reagiert hat. Seit Jahren liegen auch Dokumente zu Jakob Kopps Nazivergangenheit im Imster Stadtarchiv vor. Mit den Arbeiten an der Sonderausstellung „Zeit der Befreiung“ des Museums im Ballhaus in Imst rückte die Nazivergangenheit des Jakob Kopp wieder in den Vordergrund.

Frau in Ausstellung
ORF
Das Imster Museum im Ballhaus zeigt eine Sonderausstellung zum Kriegsende; auch hier werden Gedichte Kopps gezeigt

Seither wurde das Thema zwei Mal in den Gemeinderatssitzungen besprochen – ohne weitere Folgen. Durch einen Bericht des Internet-Publizisten Markus Wilhelm kam jetzt wieder Bewegung in die Sache, doch die Gemeinde will die Causa zunächst noch einmal untersuchen lassen.

Bürgermeister will Experten beauftragen

Man werde das nun auf Expertenebene heben, heißt es von der Stadtführung. Ein Historiker wurde kontaktiert. Wenn dieser dem Auftrag zustimme, werde er ein Expertengutachten erstellen. Danach soll sich der Gemeinderat damit befassen, bevor die weitere Vorgangsweise beschlossen wird, sagt Bürgermeister Stefan Weirather (ÖVP) gegenüber dem ORF Tirol.

Nazi-Gedicht
Museum im Ballhaus Imst
„Der jüdische Geist und das jüdische Geld als Unglück der Welt“ in Kopps Gedichten

Den Vorwurf, das Thema werde nicht ausreichend behandelt und hinausgezögert, könne er ganz und gar nicht verstehen, so Weirather. Trotz der länger bekannten Problematik betont der Bürgermeister: „Umgehend und schnellstens bearbeiten wir diese Sache.“

Ob Straße umbenannt wird, ist noch nicht klar

Den Ausgang der Beratungen und Diskussionen könne er nicht einschätzen, sagt Weirather. Er könne auch nicht abschätzen, wie lange das dauern wird und ob die Straße dann überhaupt umbenannt wird. Vorerst hieße es warten.

Von Oppositionsseite wird allerdings eine konsquentere Gangart gefordert. Der Gemeinderat Richard Aichwalder (SPÖ) ist für eine rasche Aufarbeitung des Themas. Wird die Straße umbenannt, wäre sein Wunsch, eine Zusatztafel anzubringen, um die Umbenennung mit dem Hintergrundwissen in den historischen Kontext einzubetten, so der SPÖ-Gemeinderat.

Vorschläge für Straßennamen

Vorschläge für eine würdige Änderung des Straßennamens gebe es zuhauf. So wie es viele beeindruckende Biografien in Imst gibt: Widerstandskämpfer und Opfer des Nationalsozialismus beispielsweise.

„Es gibt in Imst keine einzige Straße, die den Namen einer Frau trägt, und es gibt eine schwache Erinnerungskultur. Also Lösungen, wie die Straße benannt werden könnte, gäbe es viele“, so Sabine Schuchter vom Imster Museum im Ballhaus. Sie belässt den Satz dabei im Konjunktiv.