Von vor 129.000 Jahren bis vor 116.000 Jahren gab es die letzte Warmzeit vor der heutigen, dem Holozän. Die Wissenschafter sprechen hier von einem „Interglazial“. Mit Hilfe von Stalagmiten aus zwei Höhlen in den Schweizer Alpen konnten Innsbrucker Geologinnen und Geologen die Temperaturen in der über 100.000 Jahre zurückliegenden Warmzeit speziell für die Alpenregion rekonstruieren. Damals war es um durchschnittlich zwei Grad wärmer als heute, der Meeresspiegel um sechs bis neun Meter höher und das Eis auf Grönland war stark abgeschmolzen.
Tropfsteine zeigen durchgehenden Temperaturverlauf
Tropfsteine aus zwei Höhlen in der Melchsee-Frutt-Region der Schweizer Alpen lieferten die lang ersehnte Datengrundlage. „Es ist ein Glücksfall Datenmaterial zu finden, das so gut erhalten ist und eine durchgehende Rekonstruktion der Temperaturen erlaubt. So etwas findet sich nicht oft“, sagt Paul Wilcox, der Hauptautor der Studie ist.

Die Ergebnisse zeigen, dass das letzte Interglazial für höhergelegene Gebiete wesentlich extremer ausgefallen ist als für niedrigere Lagen. „Die Temperaturen lagen im hochalpinen Bereich um bis zu vier Grad über den heutigen. Das sind signifikant höhere Werte als jene, die für niedrigere Lagen bekannt sind“, so Paul Wilcox.
Gebirge sollten sich auf starke Erwärmung einstellen
Für die Zukunft des Klimas in den Alpen verheißt das wenig Gutes, zeigt sich das Forscherteam einig. Das letzte Interglazial könne zwar nicht direkt mit dem heutigen Holozän verglichen werden, da auch Veränderungen in der Erdumlaufbahn eine Rolle spielen. Dennoch seien Die Ergebnisse alarmierend angesichts der Beschleunigung der globalen Erwärmung durch die vom Menschen gemachten Treibhausgasemissionen. Die Gebirgsregionen sollten auf einen noch stärkeren Temperaturanstieg vorbereitet sein.
Die Feldforschung, die zur Entdeckung dieser einzigartigen Proben führte, war eine Zusammenarbeit zwischen dem Innsbrucker Team und dem Höhlenforscher Martin Trüssel von der Stiftung Naturerbe Karst und Höhlen Obwalden in der Schweiz. Der Großteil der Analysen wurde am Institut für Geologie der Universität Innsbruck vorgenommen, das über langjährige Erfahrung in der Untersuchung von Flüssigkeitseinschlüssen verfügt, einer Methode, die von Innsbrucker Forschern wie Yuri Dublyansky ständig weiterentwickelt wird.