Die für den Verkehr zuständige Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) sprach am Mittwoch von einer „herben Enttäuschung“. Der ursprüngliche Entwurf des EU-Parlaments für neue Mautregeln habe auf eine spürbare Entlastung der Tiroler Bevölkerung beim Transit hoffen lassen. Davon sei bei dem jetzt vorliegenden Vorschlag, der unter dem deutschen EU-Ratsvorsitz verhandelt wurde, nichts mehr übrig geblieben, so Felipe.
Die österreichische Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat den deutschen Vorschlag bereits abgelehnt, Österreich kann im Verkehrsministerrat allerdings überstimmt werden. Gewessler hatte neben anderen Punkten vor allem kritisiert, dass Nachbarländer praktisch ein Vetorecht für Lkw-Mautzuschläge in sensiblen Regionen bekommen würden. Derzeit gibt es einen solchen 25-prozentigen Mautzuschlag auf der Brennerroute durch Tirol.
Mautregeln sollen klimafreundlichere Lkw bevorzugen
Auf deutscher Seite wurde die mehrheitliche Einigung auf neue Mautregeln als Beitrag zum Klimaschutz gesehen. Demnach soll europaweit bei der Lkw-Maut der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge berücksichtigt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten können das laut dem Vorschlag über Vergünstigungen für Lkws mit geringerem Schadstoffausstoß regeln oder mit Zuschlägen für höhere CO2-Werte. Weil im internationalen Güterverkehr eher moderne Schwerfahrzeuge mit vergleichweise niedrigeren Emissionen zum Einsatz kommen, hätte Österreich beim Lkw-Transit durch Tirol kaum eine Handhabe. Ein Wegfall des aktuellen Maut-Zuschlags von 25 Prozent würde den Schwerverkehr auf der Brennerstrecke dagegen noch günstiger machen.
Für neue europäische Mautregeln braucht es eine Einigung auf EU-Ebene, vor allem auch mit dem EU-Parlament. Dieses hatte mit seinem Vorschlag für eine neue Wegekostenrichtlinie viel stärker auf eine Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene gesetzt, der Lkw-Verkehr hätte dabei teurer werden sollen – mehr dazu Transit: EU-Mautrichtlinie als vage Hoffnung. Auf Ebene der EU-Regierungen stießen diese Vorschläge allerdings mehrheitlich auf Ablehnung.
Tirol setzt auf eigene Maßnahmen gegen Lkw-Verkehr
Wie Verkehrslandesrätin Felipe in einer ersten Reaktion betonte, seien die ursprünglichen, guten Vorschläge des EU-Parlaments unter dem deutschen Ratsvorsitz völlig verwässert worden. Eine nachhaltige Veränderung der europäischen Verkehrspolitik hin zu weniger Lkw- und mehr Bahnverkehr sei davon nicht zu erwarten. Dass der deutsche Logistikverband den jetzt vorgelegten Entwurf begrüße, zeige eindrucksvoll, wie zahnlos er in der Verkehrsfrage sei, so Felipe.
Tirol werde deshalb weiterhin alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Transitbelastung zu reduzieren. Das Land verweist dabei immer auf eigene Maßnahmen wie das Sektorale Lkw-Fahrverbot für bestimmte Transporte wie Müll, Holz oder auch Autolieferungen durch Tirol.