Zirl Schlossbach Baugrundstück
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Politik

Kampf um leistbares Wohnen in Zirl

Ein geplantes Wohnprojekt einer privaten Gesellschaft lässt in Zirl die Wogen hoch gehen. Eglo Immobilien will unbedingt mit dem Bau beginnen, der Bürgermeister allerdings stellt Bedingungen – vor allem hinsichtlich leistbarem Wohnen, aber auch wegen einer Brücke.

Gewinnorientierung contra Bürgerinteresse – dieses Duell hat zur Folge, dass ein Bauprojekt am Ortsrand von Zirl derzeit auf Eis liegt. Vor mehr als zwei Jahren hat die Eglo Immobilien das Grundstück am Ortsrand von Zirl – zwischen Schlossbach und Inn – erworben. Dort wollte sie ursprünglich 90 Wohnungen errichten. Auf Druck der Gemeinde und auch einer mittlerweile gegründeten Bürgerinitiative wurde der Plan auf 75 Wohnungen abgespeckt. Jetzt wartet man seitens der Immobiliengesellschaft auf Entscheidungen der Gemeinde.

Daniela Janek – Bürgerinitiative
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Die Bürgerinitiative glaubt nicht, dass am Schlossbach leistbares Wohnen entsteht.

Bürgerinitiative fehlt Gesamtkonzept

Einen klaren Standpunkt seitens der Gemeinde fordert auch die Bürgerinitiative „Naturjuwel Schlossbach“ und ihrer Sprecherin Daniela Janek. Es gebe kein Konzept dafür, wie zusätzliche 250 bis 300 Menschen, die nach Zirl kommen, integriert werden können, etwa was die Kindergärten- oder Schulplätze betrifft. Zudem fehle auch ein Verkehrskonzept, kritisiert Janek. 700 Unterschriften gegen das geplante Projekt hat die Bürgerinitiative mittlerweile gesammelt.

Visualisierung Wohnprojekt Schlossbach
Eglo Immobilien
So wäre das Projekt am Schlossbach derzeit geplant

Klare Forderungen des Bürgermeisters

Das Grundstück am Schlossbach, wo derzeit zum großen Teil Ruinen und desolate Gebäude stehen, hat rund 8.000 m². 5.000 davon sind Bauland, weitere 3.000 müssten noch umgewidmet werden.

Im ORF Tirol-Interview bezieht Zirls Bürgermeister Thomas Öfner klar Stellung. Er erwarte sich, dass hier ein Projekt entsteht, das ausreichend leistbares Wohnen ermöglicht. Die von Eglo Immobilien angebotenen 25 Prozent seien eindeutig zu wenig. Zum zweiten müsse das Projekt von seiner Größe her angepasst sein, er persönlich glaube, dass 75 Wohnungen noch zu viel sind. Und drittens müsse die mittlerweile von Eglo Immobilien desolate abgerissene Brücke über den Schlossbach wieder hergestellt werden – unabhängig vom Bauprojekt, so Öfner.

Bürgermeister Thomas Öfner

Erst wenn man sich in diesen Punkten einig sei, können auch ein dementsprechender Bebauungsplan und eine Widmung erfolgen, so der Bürgermeister. Dass jetzt Eglo Immobilien Druck mache, sehe er gelassen. Immerhin hat die Gesellschaft das Grundstück auf eigenes Risiko erworben und es gab im Vorfeld des Kaufs keine Gespräche mit der Gemeinde.

Eglo pocht auf Wirtschaftlichkeit

Dass das geplante Projekt zu groß sei, glaubt Daniel Kostenzer von Eglo Immobilien nicht. Schließlich würden zum großen Teil nur Flächen verbaut, die ohnedies schon versiegelt seien. Auch die Planung ziele darauf ab, dass die Objekte gut in die Landschaft integriert werden, so der Geschäftsführer.

Was den Anteil an leistbaren Wohnungen betrifft, argumentiert Kostenzer mit der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Mehr als ein Viertel an leistbarem Wohnen sei – wohl auch auf Grund der relativ hohen Kosten für das Grundstück – nicht mehr rentabel, so Kostenzer. Und was die Brücke über den Schlossbach betrifft, warte man auf eine Entscheidung der Gemeinde, ob diese ein- oder zweispurig zu errichten sei.

Daniel Kostenzer, GF Eglo Immobilien

Das hängt allerdings wiederum auch von der Größe des Projekts ab, so der Bürgermeister. Er geht davon aus, dass diese ohnedies zweispurig sein wird müssen. Fakt sei aber, dass sie rasch wieder errichtet werde, weil sie für die Zirler Bevölkerung eine wichtige Verbindung – entweder mit Rad oder zu Fuß – und ersessenes Recht sei. Dass der Brückenbau seitens Eglo als Druckmittel verwendet wird, wie es etwa die Bürgerinitiative vermutet, stellt Kostenzer wiederum in Abrede.

Visualisierung Brücke Schlossbach
Eglo Immobilien
Auch die Brücke über den Schlossbach ist noch ein Streitpunkt

Fragwürdiges Angebot an Gemeinde

Angesichts der hohen Kosten für das Grundstück ist es nachvollziehbar, dass Eglo Immobilien auf einen raschen Baubeginn drängt und hier greift man teilweise auch zu unüblichen Mitteln. So wurde der Gemeinde für einen positiven Baubescheid etwa ein Pauschalbetrag in Höhe von 250.000 Euro für infrastrukturelle Verbesserungsmaßnahmen angeboten, bestätigte der Bürgermeister eine Recherche des ORF Tirol. Für Kostenzer nichts Verwerfliches, das Geld könne beispielsweise für einen Kinderspielplatz verwendet werden.

Verwebungen hinein bis in den Gemeinderat

Nicht alle Parteien im Zirler Gemeinderat sind gegen das Großprojekt in bestehender Form. Vor allem die Liste Zirl aktiv macht sich dafür stark. Mitglied dieser Liste und auch Gemeindevorstand ist Rainer Schöpf, der übrigens für Eglo Immobilien auch Planer dieses Großprojekts ist. Schöpf war bis vor kurzem auch Obmannstellvertreter im Raumordnungsausschuss der Gemeinde Zirl. Dieses Amt hat er aber mittlerweile zurückgelegt.