Gesundheit

Psychiaterin: „Kindern eine Stimme geben“

Kathrin Sevecke, die Direktorin der Innsbrucker Uniklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter ist neue Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie will den Kindern „gerade in Covid-Zeiten“ eine Stimme geben.

"Kinder und Jugendliche verstehen oft gar nicht, was gerade passiert und machen sich deswegen große Sorgen, sie haben Angst“, beschrieb Kinder- und Jugendpsychiaterin Kathrin Sevecke die derzeitige Coronavirus-bedingte Gefühlswelt vieler Minderjähriger. Krisen- und Notfallanfragen hätten deutlich zugenommen.

Kathrin Sevecke hat im Rahmen der Generalversammlung von Leonhard Thun-Hohenstein aus Salzburg die Präsidentschaft in der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (ÖGKJP) übernommen.

Minderjährige bei Entscheidungen berücksichtigen

Sevecke kündigte an, sich in sozialpolitischen Fragen deutlich zu positionieren: „Es ist auch ein gesellschaftlicher Auftrag, die psychische Stabilität der Kinder und Jugendlichen in dieser Krisenzeit aufrechtzuerhalten." Sie wolle, dass Kinder „endlich eine Stimme bekommen“ sollten: „Kinder und Jugendliche müssen bei Entscheidungsprozessen gehört werden. Wir können ruhig auch einmal fragen, welche Ideen sie zu Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln haben. Sie sollten nicht länger das Gefühl haben, dass ständig über sie hinweg bestimmt wird.“

Kathrin Sevecke
privat
Kathrin Sevecke

Die CoV-bedingten Lockdowns seien derzeit zentrale Themen im Fach der Kinder- und Jugendpsychiatrie, doch dürfe man, so Sevecke, andere Themengebiete nicht vernachlässigen. So sei es gerade jetzt wichtig, dass die Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie, trotz des derzeitigen Lockdowns, weiterhin für die Behandlung auch im Akut- und Krisenfall von Kindern und Jugendlichen geöffnet sind.

Flächendeckende Angebote und Vernetzung

Als neue Präsidentin des ÖGKJP wolle sich Sevecke österreichweit für eine koordinierte Planung und Umsetzung der ambulanten Behandlungsangebote, der Vollversorgung sowie stationsersetzender Angebote (Home Treatment) für Kinder- und Jugendliche einsetzen. Darüber hinaus soll eine verbindliche Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, der Schule, dem Bundessozialamt, dem AMS und der Kinder- und Jugendpsychiatrie installiert werden.

Zahlreiche Forschungen

Neben der klinischen Arbeit beschäftigt sich Sevecke mit Persönlichkeitsstörungen. Weitere Forschungsschwerpunkte umfassen Mobbing und Cybermobbing, nichtsuizidales selbstverletzendes Verhalten, Medienkonsum, Suchtverhalten und Geschlechtsdysphorie. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Erforschung der Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern mit deren Eltern an der Eltern-Kind-Station.

Verschiedene Forschungsprojekte werden in Kooperation mit weiteren Forschungseinrichtungen durchgeführt, u.a. Mikrobiom/Darm-Hirn-Interaktion bei Anorexia nervosa (MedUni Wien), Pilotstudie zum therapeutischen Klettern (Institut für Sportwissenschaft der LFU Innsbruck) und der Adaptive Test des Emotionswissen (ATEM) für Kinder (Universität Lüneburg). Aktuell wird außerdem die emotionale Belastung von Kindern durch die Covid-19 Pandemie in Nord- und Südtirol erforscht.