Markus Waltl begutachtet eine durchsichtige Schallplatte
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Wirtschaft

Eigene Fangruppe für Schallplatten aus Vinyl

Ein kleines Unternehmen in Fieberbrunn produziert in Handarbeit Schallplatten. Die Musikliebhaber von „Dr. Dub“ fertigen rund 2.500 Einzelanfertigungen pro Jahr. Die fertigen Platten aus Vinyl werden in die ganze Welt verschickt. In Brasilien bildete sich mittlerweile eine eigene Fangruppe der Unterländer.

Über viele Jahre standen Schallplatten im Schatten der CDs. Doch seit einigen Jahren erleben Vinylplatten mit steigenden Verkaufszahlen ihren zweiten Frühling. „Eine Schallplatte dudelt nicht einfach im Hintergrund, man muss sich dafür bewusst Zeit nehmen, und das tun immer mehr Leute“, sieht Markus Waltl, einer der beiden Chefs von „Dr. Dub Vinyl Recording Service“, einen Grund für den Erfolg der schwarzen Scheiben.

Das habe sich bei "Dr. Dub“ in steigender Nachfrage und Auftragszahlen niedergeschlagen, bestätigt Geschäftspartner Andy Eppensteiner. Da die Menschen in der Pandemie möglicherweise mehr Zeit hätten zu Hause Schallplatten anzuhören, habe die Nachfrage in den letzten Monaten noch weiter angezogen.

Andy Eppensteiner von Dr. Dub
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Andy Eppensteiner freut sich über steigende Nachfrage

Musik oder Text wird auf Platte geschnitten

„Die Kunden laden ihre Musik über das Internet hoch, und sie können sich aussuchen, welche Farbe und welches Cover die Platten haben sollen. Auch einen Label-Aufkleber können sich die Kunden aussuchen“, erklärt Eppensteiner das Geschäftsmodell von „Dr. Dub“.

Die Musikrichtung der Kunden sei sehr unterschiedlich, so Eppensteiner: „An manchen Tagen gibt es viele Schlager- und an anderen Tagen viel Metal-Musik. Es kommt auch immer wieder vor, dass Kunden nicht Musik sondern einen von ihnen gesprochenen Text etwa für ein Geburtstagsgeschenk auf der Platte wollen.“

Rille wird mit Diamantstichel in Platte geschnitten

Die hochgeladene Musik wird mit den analogen Effektgeräten der Unterländer entsprechend bearbeitet, bevor die Platte geschnitten werden kann. Bei Vinylplatten, die aus Polyvinylchlorid bestehen und dementsprechend kurz Vinyl genannt werden, schneidet ein Diamantstichel die Rille in die Platte. „Ein kleiner Fehler genügt, und die ganze Platte ist kaputt“, so Eppensteiner.

Herstellung einer Schallplatte

Eigene Dr. Dub-Community in Brasilien

Pro Tag arbeiten die Fieberbrunner ca. zehn Bestellungen ab, wobei eine Bestellung eine einzige oder zehn Platten umfasst: „Unsere Kunden sind zum Großteil in Deutschland zu Hause. Auch in der Schweiz und in Österreich haben wir viele Kunden. Wir schicken unsere Platten auch nach China, Neuseeland und immer wieder nach Brasilien. Dort hat sich mittlerweile eine eigene Community gegründet“, sagt Waltl.

Markus Waltl bei der Aufnahme einer Schallplatte
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Markus Waltl beim Schneiden einer durchsichtigen Platte

Lackfolie als Ausgangsmaterial für spätere Pressung

Neben den Einzelproduktionen mit Vinyl ist die Herstellung von Lackfolien das zweite Standbein der Fieberbrunner. Lackfolien sind viel weicher als Vinylplatten, daher können die Töne viel feiner abgebildet werden als auf Vinyl. In die Lackfolie wird mit einem Rubin- oder Saphirstichel die Rille geschnitten. Abspielen kann bzw. soll man die Musik auf so einer Lackfolie aber nicht. „Nach vier- oder fünfmaligem Abspielen ist die Lackfolie kaputt“, sagt Markus Waltl.

Aus den Lackfolien werden im Presswerk Schallplatten in höherer Stückzahl hergestellt. Die Neumann VMS 66 stammt aus dem Jahr 1966, wurde in Deutschland entworfen und gebaut und von Dr. Dub im Jahr 2004 bei einer Ebay-Auktion ersteigert. Die Mechanik der über 50 Jahre alten Maschine befindet sich noch im Originalzustand, die Technik der Maschine wurde aber komplett erneuert.

Maschine zur Herstellung einer Lackfolie
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Mit dieser Neumann VMS 66 soll eine Lackfolie für das Weiße Album der Beatles geschnitten worden sein

Derzeit stehen bei „Dr. Dub“ vier Vinylschnittmaschinen im Einsatz. Das Geschäft der jungen Unterländer läuft derzeit so gut, dass sie ihre Geschäftsräume demnächst vergrößern.