Hotel mit dürrem Baum
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Wirtschaft

Trübe Aussichten in der Tiroler Hotellerie

Dieser Tage verlassen die letzten Gäste die Tiroler Hotels. Der November-Lockdown trifft vor allem Wellnesshotels. Die Angst im Dezember nicht wieder aufsperren zu dürfen, hängt wie ein Damoklesschwert über allen.

Die Außenpools vor dem Fünf Sterne Hotel „Astoria“ in Seefeld dampfen noch, der offene Kamin in der Lobby aber ist schon erkaltet, denn die letzten Gäste sind abgereist. Hotelchefin Elisabeth Gürtler gibt dem Hausmeister auf der verwaisten Terrasse Anweisungen zum Verräumen der Gartenmöbel und zur Versorgung der Blumendekoration. „Ich finde das schrecklich. Ein Hotel lebt schließlich von seinen Gästen, die schaffen die Atmosphäre“, sagt sie. Gerade für Wellnesshotels sei der November eine wichtige Zeit, der Lockdown daher sehr bedauerlich.

Dunkle Lounge
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In der Wellnesslounge ist der Ofen aus

Skepsis über die Umsatzentschädigung

Generell aber ist der November in der Tiroler Hotellerie eine „stade“ Zeit. Viele Hotels haben ohnehin geschlossen, statistisch gesehen entfällt nur eine von 50 Nächtigungen im Jahr auf den November. Außerdem sollen die Hotels bis zu 80 Prozent des Umsatzes, den sie im November des Vorjahres erzielt haben, als Entschädigung erhalten.

„Wenn diese Hilfe kommt, ist in der Branche ein Balsam da“, sagt Mario Gerber, der Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Tiroler Wirtschaftskammer, fügt aber hinzu: „Was wir jetzt nicht brauchen, sind Versprechungen. Diese Hilfe muss bei den Betrieben ankommen, sonst werden viele diese Krise nicht überstehen.“ Die Skepsis, die da mitschwingt, teilt auch Elisabeth Gürtler: „Das ist gut gemeint, aber ich kann mir vorstellen, dass von diesen 80 Prozent nicht so viel übrig bleibt.“

„Bis jetzt noch keinen Euro bekommen“

Dass Versprechen allein das Kraut nicht fett machen, weiß auch Margit Dietrich, die in Seefeld ein kleines Hotel Garni führt. Sie wartet noch immer auf die Zuschüsse für den ersten Lockdown: „Wir haben bis jetzt noch keinen Euro von der versprochenen unbürokratischen Hilfe bekommen.“ Dennoch will sie ihr Hotel offenhalten, für Arbeiter und Geschäftsreisende, sagt sie. Leben könne sie davon nicht. Sie hofft auf ihre Stammgäste, die sich für Weihnachten und Silvester bereits angesagt hätten.

Schild „Zimmer frei“
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Die Hotels hoffen auf die Weihnachtssaison

„Eine Situation der Hilflosigkeit“

Der November-Lockdown sei die einzige Möglichkeit, die Infektionszahlen zu senken und im Dezember wieder aufsperren zu dürfen, sagt Mario Gerber und drückt damit die Hoffnung der ganzen Branche aus. Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings ungewiss, und das bedrückt die Betriebe weit mehr als die Schließung im November. „Es ist eine Situation der Hilflosigkeit, weil man einfach die Hebel nicht mehr in der Hand hat“, sagt er.

Zwei Männer putzen Küche
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Ein letztes Mal wird die Küche geputzt, dann geht das Personal in Kurzarbeit

Personal in Kurzarbeit

Besonders belaste es ihn, der selber ein Hotel im Kühtai führt, dass er seinen Mitarbeitern nicht sagen könne, ob sie im Winter einen Job hätten oder nicht. Viele Tourismusmitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit, wie René Smolej, Frühstückskoch im „Astoria“. Er werde jetzt einmal nach Hause fahren, sagt er. Er hoffe halt, dass er im Dezember wieder anfangen könne: „Schauen wir einmal, wie das wird.“ Der Blick in die touristische Zukunft ist derzeit jedoch stark getrübt.

„Dann sind wir erledigt“

„Wir fahren durch den Nebel“, sagt Elisabeth Gürtler, man könne nichts voraussagen, die Planung werde dadurch schwierig. Mitarbeiter einschulen, die Technik instand setzen, Lebensmittel einlagern, Werbung lancieren, all das sei zu planen, um in die Wintersaison starten zu können, zählt Mario Gerber auf. Was aber, wenn das Weihnachts- und Silvestergeschäft entfällt? – „Dann sind wir sowieso erledigt“, sagt Hotelierin Margit Dietrich lakonisch.

Dunkles Hotelzimmer
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„Horrorszenario“: Leere Zimmer im Dezember

Spartenobmann Mario Gerber spricht wörtlich von einem Horrorszenario: „Das wäre für den Wirtschaftsstandort, aber auch für den Wohlstand in Tirol, katastrophal, es wären über 60.000 Mitarbeiter, die diesen Winter keinen Job in Tirol hätten und sehr viele Zulieferbetriebe, die einfach ihre Tätigkeit nicht ausüben können.“ Das gelte es mit allen Mitteln abzuwenden, beschwört Gerber.

„Wie soll das weitergehn?“

Aber auch eine gelungene Weihnachtssaison sei noch kein Garant für eine langfristige Erholung des Tourismus, warnt Elisabeth Gürtler: „Es kann sein, dass wir aufmachen zu Weihnachten, aber es wird dann sicher nach ein paar Wochen wieder so sein, dass wir zumachen müssen. Dann haben wir den dritten Lockdown. Und da beginnt man schon darüber nachzudenken: wie soll das weitergehn?“

Elisabeth Gürtler
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Elisabeth Gürtler: „Urlaub ist ein Grundbedürfnis“

Dann gibt sie selbst eine Antwort auf ihre Frage: „Ich bin davon überzeugt, dass Urlaub ein Grundbedürfnis der Menschen ist. Das heißt, in dem Moment, wo man uns wieder erlaubt, Gäste zu beherbergen, werden sie auch ganz kurzfristig kommen.“