Swarovski-Schriftzug auf Firmenstammsitz in Wattens
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Wirtschaft

Swarovski: Milliardenrückgang bei Umsatz

Der Kristallkonzern Swarovski in Wattens rechnet für heuer mit einem Umsatzrückgang von 35 Prozent, das ist knapp eine Milliarde Euro. Am Freitag sollen die Weichen für eine neue Firmenstruktur gestellt werden. Eine Holding mit Sitz in Wattens ist geplant.

Die Umstrukturierung bei Swarovski laufe weiter auf Hochtouren, so Konzernchef Robert Buchbauer gegenüber ORF Tirol. In erster Linie zielt man dabei darauf ab, das komplexe Firmengeflecht neu zu ordnen. Neben der bestehenden Swaroski International Holding mit Sitz in der Schweiz wird das Unternehmen in Österreich noch in Form einer Kommanditgesellschaft geführt – mit mittlerweile 80 Eigentümern – allesamt Familienmitglieder. Aus mehreren Gründen sei diese Unternehmensform längst nicht mehr zeitgemäß, so Robert Buchbauer, schon gar nicht in Zeiten der Krise und Umstrukturierung.

In wesentlichen Entscheidungen muss in der bestehenden Kommanditgesellschaft bei Swarovski Einstimmigkeit hergestellt werden. Das bedeute, dass unternehmerische Entscheidungen vom guten Willen der Gesellschafter abhängen. Gerade in schwierigen Zeiten sei diese Einstimmigkeit aber nicht immer gegeben. Hier seien eine klare Führungsstruktur und rasche Entscheidungen gefragt, so Buchbauer.

Holding mit Sitz in Tirol als Lösung

Bestes Beispiel für die derzeit schwierige Entscheidungsfindung ist die von Buchbauer gewünschte Auflösung bzw. Umwandlung der Kommanditgesellschaft bei Swarovski. Für die bräuchte es am Freitag einen einstimmigen Beschluss, der aber nicht zustande kommen wird. Rund 15 Prozent der stimmberechtigten Familienmitglieder sind voraussichtlich dagegen. Deshalb plant Buchbauer, dass eine Familienholding samt operativer Führung über den Kristallkonzern gestülpt und die Kommanditgesellschaft darunter eingegliedert wird. Diese Swarovski Austria Holding besteht bereits seit dem Jahr 2002 und wird jetzt quasi mit neuen Leben erfüllt.

Der Vorteil der neuen Firmenstruktur sei, dass das Unternehmen modern aufgestellt und kapitalmarktfähig nach allen Seiten sein werde. Bei Bedarf sei es dann etwa möglich, strategische Partner ins Boot zu holen oder sich an der Börse zu notieren. Vor allem aber könne die operative Führung rascher und effizienter die notwendige Umstrukturierung vorantreiben.

Robert Buchbauer, Konzernchef Swarovski
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Robert Buchbauer ist fest davon überzeugt, dass er den Kristallkonzern abgeschlankt in eine stabile Zukunft führen kann. Dazu benötige es aber dringend moderne Unternehmensstrukturen.

Starke Konkurrenz und COV-Verluste

Der Kristallbereich bei Swarovski hat mehrere Standbeine. Zum einen produziert das Unternehmen Kristallkomponenten für die weiterverarbeitende Industrie (B2B) und zum anderen Kristallprodukte für den Endkunden (B2C), die man einerseits online, vor allem aber in rund 3.000 Shops weltweit verkauft. Genau dieser Bereich kam mit der Coronakrise nahezu vollständig zum Erliegen, so der Konzernchef. 90 Prozent aller Shops – viele davon sind beispielsweise auf Flughäfen – waren geschlossen. Doch gerade die Gewinne im B2C Bereich hätten in den letzten Jahren die Verluste im B2B-bereich abgefedert.

Beginnend mit 2007 sei die Konkurrenz im Kristallkomponentenbereich gewachsen und gleichzeitig habe sich der einst boomende Markt weltweit von 1,6 Milliarden Euro auf knapp 600.000 Euro reduziert. Qualitativ könne die Konkurrenz zwar nach wie vor nicht mit Swarovski mithalten, mit Dumpingpreisen sei es ihr aber gelungen, den Markt zu durchdringen, erklärte Buchbauer.

Für heuer rechnet der Kristallkonzern mit einem Umsatzminus von 900 Millionen Euro. Dividenden werden ob des fehlenden Gewinns an die Eigentümer heuer nicht ausbezahlt. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei rund 2,7 Milliarden Euro im Kristallbereich, für die gesamte Konzerngruppe inklusive Optik und Tyrolit bei 3,5 Milliarden Euro.

Abschlanken in allen Bereichen

Dass am Hauptstandort in Wattens heuer 1.200 Mitarbeiter und im kommenden Jahr weitere 600 Mitarbeiter abgebaut werden mussten und müssen, sei schmerzlich, gesteht Buchbauer ein. Weltweit sind bisher 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen worden. Dieser Schnitt sei aber notwendig, um das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen zu können. Bisher seien 98 Prozent der Trennungen einvernehmlich passiert, betonte Buchbauer. 60 Millionen Euro stellte der Konzern für eine Arbeitsstiftung zur Verfügung – im kommenden Jahr weiter 12 Millionen Euro.

Betroffen seien alle Standorte von Swarovski. In Thailand werden sämtliche Standorte auf einen vereint, jene in Vietnam werden ebenfalls reduziert, weitere – etwa jener in Serbien – stünden am Prüfstand. Wattens werde aber auch in Zukunft das Herz des Konzerns und auch Sitz der Holding sein. Viele wesentliche Bereiche, wie etwa die weltweite Produktion oder das B2B-Marketing werden von Wattens aus geleitet. Ebenso in Tirol bleiben die gesamte IT oder Teile des Einkaufs. Der Finanzbereich wird in der Schweiz organisiert.

Klares Konzept für die Zukunft

Buchbauer ist davon überzeugt, dass es mit den neuen Strukturen – die alle Bereiche des Kristallkonzerns zusammenführen – möglich sein wird, das Unternehmen in eine positive Zukunft zu führen. Die neu geschaffene Kreativabteilung habe in den letzten Monaten insgesamt an die 3.000 Produkte entwickelt, die kommendes Jahr auf den Markt kommen werden. Diese sollen für den Kunden unverwechselbar sein – „der Rolls Royce unter den Kristallen“, so Buchbauer. Nach der Devise weniger ist mehr soll die Produktpalette reduziert, dafür qualitativ aufgewertet werden.

Ähnliches gilt auch für die Geschäfte. Laut Buchbauer werden einige Standorte weltweit aufgegeben, dafür gut positionierte Shops flächenmäßig erweitert.

Weitere Investitionen geplant

Was den Standort in Wattens betrifft, werde es dort mittelfristig Investitionen brauchen. Die bestehende Infrastruktur sei über Jahrzehnte gewachsen und mittlerweile in vielen Bereichen überdimensioniert. Es sei ein zu großer Schuh, den man eben nicht vorne oder hinten abschneiden könne. Es brauche in den kommenden Jahren ein Konzept, das eine effiziente und flexible Produktion ermögliche, so Buchbauer.