CORONAVIRUS

Todesfälle: Covid-19 keine Begleiterscheinung

Als Folge der steigenden Coronavirus-Infektionen in Österreich nimmt auch die Zahl der Todesfälle wieder zu. Die Zahlen aus der Pathologie belegen: Die meisten Opfer versterben an Covid-19 selbst und nicht an ihren jeweiligen Begleiterkrankungen.

Falsch ist offenbar die immer wieder in Öffentlichkeit und Medien auftauchende Meinung, es gebe die meisten Corona-Opfer unter den Menschen, die schon vor ihrer SARS-CoV-2-Infektion schwer krank gewesen seien. Ihre zu erwartende Sterblichkeit, so wird es oft geglaubt, sei quasi durch Covid-19 „vorverschoben“ worden.

Das stimme so nicht, eine Begleiterkrankung spiele eine geringere Rolle als Einschränkungen in der Funktionalität bei den Patienten: „Das ist aber bei allen schweren Erkrankungen, nicht nur bei Covid-19, so“, sagte Walter Hasibeder, der Leiter der Intensivmedizin im Krankenhaus Zams und der nächste Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) am Mittwoch gegenüber der APA.

Vorerkrankungen begünstigen schweren Verlauf

Bestimmte Vorerkrankungen und speziell das Alter erhöhten natürlich das Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung, „wenn aber Covid-19-Patienten sterben, dann zumeist an Covid-19, nicht an den Vorerkrankungen“, erklärte der Intensivmediziner. Sei aber die Funktionalität, also die Selbstständigkeit im täglichen Leben, stark eingeschränkt, verschlechtere sich die Prognose der Betroffenen.

„Eine Vorerkrankung wie eine gut eingestellte arterielle Hypertonie oder ein Diabetes bedeuten nicht an sich schon eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit“, sagte Hasibeder. Umgekehrt, wie der Experte sagte: „Der Großteil der Patientinnen und Patienten, die während der ersten Pandemiephase an unserer Intensivstation aufgenommen wurden, litt an typischen Zivilisationskrankheiten. Die meisten waren trotz ihres mittleren Alters von 72 Jahren körperlich und geistig fit.“ Ausgerechnet die beiden jüngsten Patienten im Alter von 30 und 40 Jahren hätten schwerstes Lungenversagen entwickelt und hätten an ein ECMO-Gerät für den künstlichen Lungenersatz angeschlossen werden müssen.

Walter Hasibeder
B&K/APA-Fotoservice/Reither
Walter Hasibeder, Leiter der Intensivmedizin am Krankenhaus Zams

Untersuchungen zu Todesfällen in Deutschland und Italien

In Deutschland werteten Pathologen 154 Obduktionen an 68 Instituten aus: 86 Prozent der untersuchten Covid-19-Opfer waren direkt der Virus-Erkrankung erlegen. Das nationale italienische Statistikinstitut (Istat) kam in einer ähnlichen Untersuchung auf 89 Prozent. Nur elf Prozent waren mit einer SARS-CoV-2-Infektion an einem anderen Grundleiden gestorben. Ein deutsches Register über rund 10.000 Covid-19-Patienten zeigte allerdings, dass ein erheblicher Anteil der im Krankenhaus Behandelten Vorerkrankungen aufwies: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) Bluthochdruck, 27 Prozent hatte Herzrhythmusstörungen, 14 Prozent eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und sechs Prozent Adipositas.

„Es kommt jeweils darauf an, welche funktionalen Reserven die Patienten aufweisen“, sagte Hasibeder dazu. Wenn aus den USA gemeldet werde, dass 20 Prozent der wegen Covid-19 Hospitalisierten oder Verstorbenen junge Menschen seien, wäre das auch kein Widerspruch. „Die waren jung, aber nicht gesund“, so der Experte. Bei Adipositas-Raten von 40 Prozent sei schon das allein ein hohes Risiko.

Alterskurve bei Corona-Sterblichkeit

Das Dashboard der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) weist für die Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren pro hundert Erkrankte bei Männern eine Sterblichkeit von 0,5 Fällen auf, bei den Frauen sind das noch null Fälle. Zwischen 65 und 74 Jahren sterben dann schon 4,5 Prozent der betroffenen Männer und 1,7 Prozent der weiblichen Patienten. Zwischen 75 und 84 Jahren liegt die Covid-19-Mortalität bei den männlichen Erkrankten bei elf Prozent, bei den Frauen fast bei der Hälfte (6,4 Prozent). Die Altersgruppe 84 plus weist eine Covid-19-Sterblichkeit von 22,2 Prozent unter den Männern und 13,9 Prozent bei den Frauen auf.