am Bohrkopf in der Tunnelbohrmaschine Brennerbasistunnel
APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Wirtschaft

BBT-Gesellschaft kündigt Bauvertrag

Trotz intensiver Verhandlungen hat im Streit zwischen der Brenner-Basistunnel-Gesellschaft und dem Auftragnehmer-Konsortium keine Einigung erzielt werden können. Der Bauvertrag für das größte Baulos soll aufgelöst werden.

Wie am Mittwochfrüh bekanntgegeben wurde, wurde der Vorstand der BBT SE am vergangenen Donnerstag durch einstimmigen Beschluss des Aufsichtsrates dazu ermächtigt, den Vertrag mit der ARGE H51 Pfons-Brenner aufzulösen. Es geht um den 15 Kilometer langen südlichsten Abschnitt des Projektgebiets in Österreich. Das Schreiben der BBT-Gesellschaft über die Vertragsauflösung des Bauvertrags sei am Dienstag übermittelt worden. Man habe sich diesen Schritt nicht leicht gemacht, hieß es in einer Aussendung.

Auftragnehmer ist ein Konsortium aus PORR Bau GmbH, G. Hinteregger & Söhne Bau GmbH, Condotte S.p.A. und Itinera S.p.A. Wie berichtet, hatte es zwischen der Basistunnel-Gesellschaft und dem Baukonsortium massive Differenzen über die Dimension der Tunnelwände gegeben – mehr dazu in BBT-Baulos: Warten auf Entscheidung. Die Auflösung des Milliardenauftrags, die im Raum gestanden ist, ist jetzt Realität.

BBT Baustelle Mauls (Italien)
BBT-SE
Der Bau des Brenner-Basistunnels hat bereits in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt

„Verweigerungen und Vertrauensverlust“

Wie die beiden Vorstände der BBT SE Gilberto Cardola und Martin Gradnitzer erklärten, sehe man sich gezwungen, den Vertrag mit der ARGE H51 aufzulösen, da „vertraglich zugesagte Leistungen in mehreren Punkten“ verweigert würden und das Vertrauen dadurch verloren sei: „Auch angesichts der in Aussicht stehenden Vertragsauflösung hat die ARGE H51 nicht eingelenkt, sondern hat ihre vertragliche Sicht veröffentlicht“, so die Vorstände.

Um schnellstmöglich den Weiterbau beim Brenner-Basistunnel sicherzustellen, sei bereits eine vertiefende Analyse des Gesamtprojekts zum Zweck der ehestmöglichen Neuausschreibung in die Wege geleitet worden, hieß es.

Drohender Gerichtsprozess

Laut der BBT-Gesellschaft hätte es bereits kurz nach Auftragsvergabe große Auffassungsunterschiede zur Leistungserbringung gegeben. Es handle sich hier jedoch nicht nur um Probleme technischer Natur: „Die BBT SE wird keine Einzelheiten über die verschiedenen Rechtsstandpunkte der Vertragspartner mit Ausnahme des Tübbingsystems (Anm. die Dicke der vorgefertigten Betonringe für die Außenschale des Tunnels) öffentlich machen, um die ARGE H51 vor Reputationsschäden zu schützen und dem angedrohten Gerichtsprozess nicht vorzugreifen“, so die Aussendung.

Die ARGE H51 hatte bemängelt, dass ein 40-cm-Tübbing, wie vom Auftraggeber geplant, die Lasten nicht tragen könne. Das Konsortium hätte einen stärkeren Tübbing anbieten sollen, die Kritik sei erst nach erfolgter Auftragsvergabe gekommen, kontert die BBT-Gesellschaft. Mehrfach angebotene Lösungen seien von der ARGE nicht angenommen worden, was zu Verzögerungen geführt habe. Der Auftragnehmer habe wiederum seinerseits Lösungen angeboten, die „bauwirtschaftlich und rechtlich nicht tragfähig“ waren, hieß es.

Bauzeitplan wird überarbeitet

Die Vertragsauflösung zum jetzigen Zeitpunkt und mit der dadurch notwendigen Neuausschreibung erfordere jetzt eine sorgfältige und vertiefte Analyse des Bauzeitplans und des Vergabeplans, kündigte die BBT SE an. Beim Projekt des BBT seien als Risikovorsorge sowohl Puffer für die Bauzeit als auch für die Baukosten grundsätzlich eingeplant.

Man werde jetzt die laufende Evaluierung zum Bauzeitplan abschließen, alle möglichen Maßnahmen bewerten und einen aktualisierten Bauzeitplan fertigstellen. Auf Basis des aktualisierten Bauzeitplans werde man prüfen, ob die Risikovorsorge zur Abdeckung von Mehrkosten infolge der Auflösung und der Inflation bzw. Wertanpassung ausreiche, hieß es. Zuletzt war die Eröffnung des mit 64 Kilometern längsten Eisenbahntunnels der Welt für 2030 geplant.