Interview vor Hof
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REDHAUS

Hofnamen als kleine Zeitreisen

An Haus- und Hofnamen erkennt man nicht nur, wer hier wohnt, sondern auch wer früher hier gelebt hat. Die Vulgonamen sind teilweise hunderte Jahre alt und haben alle eine Bedeutung, auch wenn sie noch so kurios klingen.

Über 12.000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Tirol. 1.152 davon sind Erbhöfe, fast alle davon haben einen Hofnamen. „Wasserfischer“, „Watscher“, oder „Orgeler“ sind Beispiele aus Strass im Zillertal. Aus diesem Ort kommt auch Carina Klammer, die sich im ORF Tirol Redhaus gefragt hat, woher Hofnamen kommen und was sie bedeuten. Die Berufsschülerin fühlt sich zu gleich zwei Hofnamen zugehörig: „Dengg“ von der väterlichen Seite und „Heisen“ nach dem Heimathof ihrer Mutter.

Hofnamen sind das GPS von früher

Auch bevor es richtige Straßen und dazugehörige Namen und Karten gegeben hat, musste sich die Bevölkerung im Dorf zurecht finden. Die Haus- und Hofnamen sind zum Teil geografisch verankert, erklärt Thomas Bertagnolli, Kustos des Museums der Tiroler Bauernhöfe in Kramsach. Sprachwissenschafter Gerhard Rampl gibt Beispiele wie den Namen „Egger“, der vermutlich an einem Eck zu finden war. Familien namens „Gruber“ waren wohl in der Nähe einer Grube ansässig. Auch für den Strasser Wasserfischerhof gibt es eine geografische Erklärung: Er liegt direkt am Inn und früher habe sich neben dem Grundstück sogar eine Bootsanlegestelle befunden.

Wasserfischerhof in Strass
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Der Wasserfischerhof in Strass liegt direkt am Inn und trägt den Namen sogar am Dach.

Das Phänomen Haus- und Hofname hat in Tirol eine lange Tradition. Um herauszufinden woher die Namen kommen, muss in der Vergangenheit gesucht werden. Nicht immer seien die Namen auf den Standort des Hofes zurückzuführen, wie der Sprachwissenschafter von der Universität Innsbruck Gerhard Rampl erklärt. Dennoch schauen sich die Forscherinnen und Wissenschafter die Höfe vor Ort an, um eine genaue Aussage über die Herkunft des Namens treffen zu können. Andere Hinweise finden sich in den Vor- oder Nachnamen der früheren Besitzer, in den Berufen, die auf dem Hof ausgeübt wurden oder der früheren Hofgröße.

Watscher Hof ins Strass
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Der Name Watscher kommt vom Mittelhochdeutschen und legt nahe, dass hier früher nur einen Teilhof gegeben hat.

Namen sind kein Schall und Rauch

Es sei ihm kein Hof ohne Hofnamen bekannt, sagt Bertagnolli vom Museum der Tiroler Bauernhöfe. Die Namen seien ein Stück weit die Identität der Besitzer und werden stolz getragen. Auch die Gäste des Museums interessieren sich sehr für die Namen der alten Höfe. Sie mögen zwar urig und fremd wirken, jeder Begriff habe aber eine Bedeutung und entspringe nicht der Fantasie, schmunzelt Bertagnolli.

Haus- und Hofnamen gibt es im gesamten süddeutschen Sprachraum. Der plausibelste Grund, warum Höfe Namen bekommen haben, ist, dass sie zentrale Punkte und von elementarer Wichtigkeit in jedem Dorf waren, so Sprachwissenschafter Rampl. Natürlich gebe es regionale Unterschiede. Im Tiroler Unterland zum Beispiel sind Hofnamen üblich, während im Oberland öfter Hausnamen zu finden sind, denn dort spielte der einzelne Hof eine untergeordnete Rolle, erklärt Rampl.

Namen von Höfen
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Auch wenn die Hofnamen noch so kurios sind, sie haben immer eine tiefere Bedeutung.

Ganz neue oder moderne Hofnamen gibt es übrigens kaum. Die junge Generation übernehme fast immer die bereits bestehenden Namen. Im Tiroler Landesarchiv gibt es ein Verzeichnis vieler Tiroler Erbhöfe mit den dazugehörigen Geschichten.