Ortsschild Ischgl
APA/EXPA/Jakob Gruber
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Politik

Ischgl: Land wusste offenbar früher Bescheid

Die Tiroler Behörden haben offenbar früher als von ihnen selbst angegeben von dem CoV-Cluster in Ischgl gewusst. Das legen zumindest Recherchen der ZIB2 gemeinsam mit dem Magazin „profil“ nahe. Ihnen liegen die Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft in der Causa zusammengetragen hat, vor.

Laut ZIB2-Bericht von Donnerstagabend gab es im Landessanitätsrat bereits am 8. März konkrete Bedenken, dass in der Bar „Kitzloch“ viele Krankheitsfälle zu erwarten seien. Das Land Tirol betonte in einer Aussendung am selben Tag aber, dass eine Übertragung auf die Gäste eher unwahrscheinlich sei.

Ischgl: Behörden beschönigten Corona-Gefahr

Dem ORF und profil liegen unzählige Akten vor, die zeigen: Das Land Tirol hat die Virusausbreitung in dem Skiort wissentlich beschönigt – Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) war darüber offenbar informiert.

Land Tirol: Nicht anderes Bild gezeichnet

Damit konfrontiert betonte das Land gegenüber der ZIB2 und dem „profil“: „Die Behauptung, dass in der Öffentlichkeit ein anderes Bild gezeichnet wurde, ist unrichtig. In einer weiteren Medieninformation tags darauf wurde zudem darauf hingewiesen, dass das ‚Kitzloch‘ (…) behördlich gesperrt wird.“ Und der Bürgermeister von Ischgl, Werner Kurz schlug die Verordnung zur Liftsperre anders als vorgesehen erst am 14. März an, nicht am 12. Damit wurde der Liftbetrieb erste zwei Tage später gestoppt.

Bürgermeister verwies auf Bezirkshauptmannschaft

Der Bürgermeister verwies in seinen Einvernahmen auf die Bezirkshauptmannschaft. Diese habe ihm gesagt, dass die Sperre erst zwei Tage später kundgemacht werden müsse, weil das der Landeshauptmann so angekündigt habe. Doch das widerspricht laut ZIB2-Bericht der Tiroler Gemeindeordnung.

Auch von den infizierten Reisenden aus Island wusste das Land offenbar bereits früher – damals hatten die Behörden erklärt, die Isländer hätten sich am Heimflug angesteckt. Damit sei Ischgl aus dem Schussfeld, erklärte der Bezirkshauptmann in einer E-Mail. Er wusste aber offenbar, dass die Isländer mit zwei verschiedenen Flugzeugen heimgeflogen waren.

NEOS: Gefahr wurde heruntergespielt

NEOS-Rechnungshof-Sprecher Douglas Hoyos betonte in einer Aussendung, auch ihm lägen Tausende Seiten an Akten vor. Diese würden zeigen, dass „das Land Tirol Anfang März die Virusausbreitung in Ischgl bewusst beschönigt und heruntergespielt“ habe. Hoyos forderte daher von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine „lückenlose Aufklärung“.

Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer spricht in diesem Zusammenhang von „einem der größten Skandale, die Tirol je gesehen hat“. Nun wisse man, dass die „Vertuschungs- und Verschleierungsversuche durch das Land und damit die Tiroler Landesregierung“ noch schlimmer waren als befürchtet, meinte der SPÖ-Chef. Er fordert „endlich Konsequenzen“ sowie einen Sonderlandtag.

Der Tiroler ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf hingegen empfiehlt der Opposition, den Expertenbericht, der am Montag präsentiert wird, abzuwarten, "anstatt auf Basis unvollständiger Informationen ständig neue Mutmaßungen in die Welt zu setzen“, so Wolf.