Stempel mit Reisewarnung
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Politik

Debatte nach Reisewarnung

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat die Aufnahme Tirols auf die Liste der Corona-Risikogebiete in Deutschland bedauert. Das sei ein schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort Tirol, sagte er am Freitagabend in der „ZiB 2“.

Es gehe um die Existenzen vieler Tirolerinnen und Tiroler, auch von Menschen, die nicht direkt im Tourismus beschäftigt seien, nannte Platter „Bäcker“ oder Installateure als Beispiele. „Wir müssen runter mit den Neuinfektionen“, sagte Platter. Schließlich wolle Tirol auch runter von der deutschen „Liste“, damit „wir eine ordentliche Wintersaison haben“. Diese werde ermöglicht, indem es im kommenden Winter kein „Apres Ski mit Hully Gully“ geben werde.

Risikogebiet Tirol: LH Platter im Interview

Die Landeshauptleute reagieren unterschiedlich auf die steigenden Coronavirus-Zahlen in ihren Bundesländern. Es geht vor allem auch um klare Signale für einen sicheren Tourismus. Deutschland hat Tirol nun als Risikogebiet eingestuft. Tirols Landeshauptmann Günther Platter nimmt dazu im Interview Stellung und spricht von einem „schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort Tirol“. Er verspricht aber zudem, dass Maßnahmen getroffen werden, damit sicheres Urlauben in Tirol gewährleistet wird.

Dass sich im vergangenen Winter im Tiroler Skiort Ischgl „so viele Menschen infiziert haben“, gehe ihm „unter die Fingernägel“, formulierte Platter. Er bedaure dies. Doch seien in den letzten drei Monaten von 1.800 in Tirol Infizierten „nur 55 ausländische Gäste“ gewesen. Das zeige, dass die Maßnahmen im Fremdenverkehr Wirkung zeigten. Es sei die Eigenverantwortung der Menschen gefragt, notfalls werde aber auch die Exekutive einschreiten.

Platter: Apres Ski macht nur einen kleinen Teil aus"

„Apres Ski macht in Tirol nur einen kleinen Teil aus. Es kann nicht sein, dass dieser kleine Teil an Wertschöpfung das große ganze im Tourismus gefährdet. Daher sind diese Maßnahme richtig, dass es Apres Ski wie bisher nicht mehr geben wird“, erläuterte Platter am Samstag im Ö1-Mittagsjournal. Er setze hier auf die Eigenverantwortung, man müsse aber auch mit Kontrollen rechnen, so Platter.

Im vergangenen Monat seien zehn Prozent mehr deutsche Gäste in Tirol auf Urlaub gewesen, das zeige, dass die Deutschen gern Urlaub in Tirol machen, so Platter. In diesem Jahr werde man aber insgesamt mit einem Minus abschließen.

Er denke im Hinblick auf den Wintertourismus auf eine Differenzierung je nach Infektionszahlen, aber Ausgangsbeschränkungen für Täler seien nicht angedacht, um die Zahlen in den Griff zu bekommen, sagte Platter.

„Virus nicht in Ischgl entstanden“

Zu Ischgl sagte Platter, das Virus sei nicht dort entstanden. Er bedauere sehr, dass so viele Menschen infiziert und erkrankt sind, und manche auch daran gestorben sind. Aber: „Es kann nicht sein, dass ein Land allein die Schuld auf sich nimmt, wenn es um eine weltweite Pandemie geht.“ Er warte nun den Bericht der Expertenkommission unter der Leitung des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes (OGH), Ronald Rohrer zur Untersuchung des CoV-Krisenmanagements in Sachen Ischgl und Co. ab, so Platter.

Dornauer: Platter hat Situation nicht im Griff

Der Auftritt Platters in der ZiB2 habe bewiesen, dass es in der Tiroler Landesregierung kein echtes Fehlerbewusstsein gibt, was die Corona-Katastrophe Ischgl betrifft, so SPÖ-Obmann Georg Dornauer in einer Aussendung.

Georg Dornauer Bürgermeister Sellrain
APA/EXPA/Johann Groder
Georg Dornauer

„Günther Platter hat sich ohnmächtig vor den türkisen Wien-Wahlkampf-Karren spannen und sich von Bundeskanzler Sebastian Kurz die Verordnung einer Sperrstunde um 22.00 Uhr einsagen lassen. Der einzige türkise Beweggrund hinter dieser Maßnahme ist es, Druck auf die Bundeshauptstadt und die dort vorbildlich mit der Corona-Pandemie umgehende SPÖ vor der Wien-Wahl auszuüben.“

Damit sei Tirol eine Reisewarnung nicht erspart geblieben, vielmehr habe diese überzogene Maßnahme Deutschland eher hellhörig gemacht und die Einstufung als Risikogebiet richtiggehend provoziert, so Dornauer.

NEOS-Klubobmann zeigt sich über Reisewarnung schockiert

In einer Aussendung zeigte sich NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer am Freitagabend über die Reisewarnung schockiert. So knapp vor den Herbstferien sei das eine Katastrophe für den Tourismus. „Die ÖVP unter Bundeskanzler Kurz haben mit diesen Reisewarnungen innerhalb der Europäischen Union angefangen und über Nacht Grenzen geschlossen. Wohin das führt, sieht man jetzt“, meinte Oberhofer.

Dominik Oberhofer
ORF
Dominik Oberhofer

„Ich persönlich habe das Gefühl, dass Tirol dafür bestraft wird, weil wir viel testen. Das ist ein verheerendes Signal“, meint Oberhofer.

Oberhofer fordert Ende der Reisewarnungen

Österreich habe aktuelle mehr als 40 Reisewarnungen verhängt, so Oberhofer. Man brauche sich nicht wundern, dass anderen europäische Länder dem österreichischen Vorbild folgen.

„Beispielsweise hat Österreich einen Reisewarnung gegenüber Schweden verhängt, die sich mit nichts argumentieren lässt. Die Schweiz hat das nicht und der Tourismus freut sich über viel Buchungen aus Schweden. Der Irrsinn muss endlich gestoppt werden“, so der Klubobmann.

Liste Fritz vermisst Plan für Winter

Für die Liste Fritz ist es zu wenig vor Reisewarnungen zu warnen, wie es ihrer Meinung nach Landeshauptmann Platter mache. Auch die neuen Apres Ski-Regeln würden nicht reichen. Die Liste Fritz fordert einen Masterplan für den Winter. „Schließlich begegnen sich viele Menschen auch an den Rezeptionen der Hotels, in den Hotelrestaurants, beim Frühstück und an der Hotelbar. Eine große Herausforderung wird die Abwicklung der Skifahrer an den Liftstationen. Was passiert in den Gondeln? Was passiert in den vielen Bergrestaurants und Hütten?“, fragen die Abgeordneten der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider und Markus Sint.

FPÖ sieht in Sperrstunde Grund für Reisewarnung

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger sieht den Auslöser für die Reisewarnung in der Vorverlegung der Sperrstunde in Tirol. „Diese Maßnahme ist nicht nur unreflektiert gewesen, ist und war medizinisch nicht geboten, sondern war wohl schlussendlich der Anstoß für die Reisewarnung Deutschlands“, so Abwerzger in einer Aussendung. Platter müsse nun auch die Verantwortung für die wirtschaftlichen Folgen übernehmen.

Deutschland warnt vor Reisen nach Tirol

Wegen stark steigender Infektionszahlen sei das Bundesland Tirol zum Risikogebiet erklärt worden. Bisher galt das Österreich betreffend bereits für Wien und Vorarlberg. „Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Bundesländer Wien, Tirol und Vorarlberg wird aufgrund hoher Infektionszahlen derzeit gewarnt“, hieß es auf der Website des deutschen Außenministeriums.

Die Einstufung als Risikogebiet und die anschließende Reisewarnung erfolgt, wenn die Zahl Neuinfektionen die Marke von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen übersteigt – mehr dazu in Deutschland warnt vor Reisen nach Tirol.