Pressekonferenz VSV
APA/HERBERT NEUBAUER
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Chronik

Causa Ischgl: Vier Amtshaftungsklagen eingebracht

Der Verbraucherschutzverein (VSV) hat in der Causa Ischgl vorerst vier Amtshaftungsklagen beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen eingebracht. Laut VSV hätten sich 6.000 Personen gemeldet, die angaben, sich während des Skiurlaubs in Ischgl mit dem Coronavirus infiziert zu haben.

Auf dem Rechtsweg vertritt der VSV vorerst 1.000 Betroffene. Insgesamt haben sich 6.000 Personen aus 45 Staaten gemeldet, die angegeben haben, sich während des Skiurlaubs in Ischgl mit dem Coronavirus infiziert und es in die Heimat getragen zu haben. Das gab VSV-Obmann Peter Kolba am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien bekannt.

Rechtsanwalt Alexander Klauser und VSV Obmann Peter Kolba
APA/HERBERT NEUBAUER
Rechtsanwalt Alexander Klauser und VSV-Obmann Peter Kolba

Um bei Gericht rasche Erfolge erzielen zu können, habe man sich vorerst auf vier Musterfälle beschränkt, erläuterte Anwalt Alexander Klauser in der Pressekonferenz. Ein Betroffener sei an Covid-19 verstorben, bei zwei deutschen Fällen sei die Erkrankung so schwer verlaufen, dass die Patienten teilweise heute noch in Behandlung sind und vielleicht Dauerfolgen erleiden werden. Ein vierter Betroffener sei gesund, müsse jedoch mit Spätfolgen rechnen.

Offener Brief an Bundeskanzler

Um den Betroffenen langwierige Gerichtsverfahren zu ersparen, appellierte der VSV an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), eine zeitnahe Aufarbeitung der Problematik und vor allem eine raschere Lösung zu ermöglichen. „Man möchte nicht zehn Jahre lang aufarbeiten“, stellte Kolba klar.

Statt langwierige Amtshaftungsverfahren gegen die Republik für – so der Vorwurf seitens der Verbraucherschutzorganisation – schuldhaftes Behördenversagen zu verfolgen, sollte Kurz einen runden Tisch mit den zuständigen Ministern, der Tiroler Landesregierung und den Gemeinden einberufen. Der VSV unterstellte den lokalen Behörden in Tirol und den verantwortlichen Politikern auf Bundesebene schwere Fehler beim Pandemiemanagement in den Tiroler Skigebieten in den Monaten Februar und März 2020.

Mangelndes Vertrauen in Staatsanwaltschaft Innsbruck

„Ich habe kein Vertrauen, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck effizient und ernstlich daran arbeitet, die Verantwortlichen für die schweren Fehler bei der Bekämpfung der Pandemie ausfindig zu machen und anzuklagen“, stellte Kolba bei der Pressekonferenz fest. Man konzentriere sich daher nunmehr darauf, „in Musterprozessen in Wien – und damit abseits von Tiroler Netzwerken – die Verantwortung festzumachen und Schadenersatz für Opfer durchzusetzen“.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr
ORF
Hansjörg Mayr

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr, erklärte in einer Reaktion gegenüber dem ORF, dass man Zeit gebraucht habe, die umfangreichen Aktenberge auf ihre Relevanz hin zu überprüfen. Außerdem habe man die Akten anonymisieren müssen. In weiterer Folge seien nun Einvernahmen geplant, so Mayr.

Land will Entwicklungen evaluieren

Das Land Tirol betonte in einer Stellungnahme, dass es ein „großes Vertrauen in die ordentliche Gerichtsbarkeit, die nun damit betraut ist“, gebe. In einem Rechtsstaat stehe es jeder Person frei, Klagen bei Gericht einzubringen, so das Land weiter.

Auch das Land Tirol habe größtmögliches Interesse, alle Entwicklungen der letzten Monate nochmals zu evaluieren und auf den Prüfstand zu stellen, um einerseits zu sehen, ob und wo man anders entscheiden hätte können, und andererseits, welche Strukturen verändert werden müssen.

Länder und Regionen weltweit in Ausnahmesituation

Es handle sich bei der Coronavirus-Krise jedoch um eine Pandemie, wegen der sich weltweit viele Länder und Regionen in einer Ausnahmesituation befinden, die noch vor wenigen Monaten unvorstellbar war.

Das Land Tirol arbeite eng mit der Justiz und allen weiteren Stellen wie der zur Aufklärung eingesetzten Untersuchungskommission unter dem Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer zusammen, um jegliche Erhebungen bestmöglich zu unterstützen, teilte das Land mit.