Test-Röhrchen
ORF
ORF
Coronavirus

CoV-Teststrategie mit einigen Schwächen

In den vergangenen Monaten ist von vielen Politikern das Credo „Testen, testen, testen“ ausgegeben worden. Die Sinnhaftigkeit von Tausenden Tests in bestimmten Bereichen sei aber enden wollend, so Günter Weiss, Leiter der Inneren Medizin an der Klinik Innsbruck.

Speziell im Tourismus wurde und wird bei den Coronavirus-Testungen vor allem auf Masse gesetzt. Laut Land Tirol wurden bis Mittwoch 222.058 Tests durchgeführt. Knapp 141.000 Personen wurden getestet. Seit Beginn der Pandemie gilt Tirol als Spitzenreiter bei den Testungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl. „Wir haben zwischenzeitlich sehr viel gelernt und auch eine Teststrategie entwickelt, die ihre Stärken, aber auch Schwächen hat“, sagte Günter Weiss.

Positiver Test unter Umständen ohne klinische Relevanz

Die Stärke sei, dass mit den Tests Erreger sehr spezifisch nachgewiesen werden können, so der Mediziner. „Eine Schwäche ist aber zum Beispiel, dass der Nachweis vielleicht so sensitiv ist, dass er keine klinische Relevanz hat.“ Demnach werden also auch Infektionen festgestellt, die keinerlei Erkrankung oder sonstige Auswirkungen nach sich ziehen. Der Mediziner glaubt, dass im Rahmen des Infektionsmanagements langsam dazu übergegangen werden sollte, dass „eine symptomorientierte Diagnostik gemacht wird“. Das sei in der Medizin gang und gäbe.

Laborant arbeitet mit Pipette bei Untersuchungen zum Coronavirus
APA/dpa/Christophe Gateau
Speziell in der Tourismusbranche wird großflächig getestet

„Das heißt, ich habe jemanden mit Symptomen, ziehe dann einen Arzt heran, der abklärt, welche Erkrankung das sein kann. Basierend auf den diagnostischen Schritten wird dann eine entsprechende Diagnose und Therapie gestellt oder ein Präventionsmaßnahme gemacht“, so Weiss. Würde sich dann herausstellen, dass es sich um eine Infektion handelt, die eine Absonderung benötigt, „dann ist es natürlich entscheidend, dass das alles schnell geht.“

Langes Warten auf Ergebnis „macht wenig Sinn“

Würde eine solche symptomorientierte Diagnostik durchgeführt, mache es aber wenig Sinn, wenn Betroffene lange auf ihre Ergebnisse warten müssen. Weiss sprach sich deshalb für folgende Strategie aus: „Testen, dort wo es notwendig ist, also bei symptomatischen Patienten oder bei der Umgebungstestung.“ Auch der klinische Bereich zähle dazu. „Während ich Tests in anderen Bereichen, wo tausende Tests pro Tag gemacht werden – gerade im Tourismus – hintanstellen muss, weil die Sinnhaftigkeit einer derartigen Testung ist für mich enden wollend“, so Günter Weiss im Gespräch mit dem ORF Tirol. „Corona wird uns nicht mehr verlassen und wird auch immer wieder kommen.“

Positiv, ohne Symptome und nicht infektiös

„Nicht jeder, der einen positiven Test hat, ist auch infektiös“, so Weiss. Eine Untersuchung würde zeigen, dass die meisten ohne Symptome auch keine Virusüberträger sind. Die Ansteckungsrate bei symptomatischen Patienten liege bei 18 Prozent. Bei asymptomatischen Personen liegt diese Rate laut Weiss hingegen nur bei 0,7 Prozent. Daraus resultiere ein Problem des derzeitigen Systems – es kommt vor, dass Menschen positiv getestet werden und in Quarantäne müssen, ohne aber andere Menschen überhaupt anstecken zu können.