Bergwacht kontrolliert einen Wildcamper am Plansee
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Chronik

Wild campen: „Situation nicht mehr tragbar“

In Tirol ist das Campen außerhalb von Campingplätzen grundsätzlich verboten. Im Außerfern werden Wildcamper aber mittlerweile zu einem großen Problem. Über 100 Wildcamper werden dort an Spitzentagen gezählt. Die Bergwacht greift rigoros durch.

„Wir haben es nicht gewusst. Wir rasten nur. Wir campen ja gar nicht.“ Es sind laut Bergwacht Reutte die immer gleichen Ausreden, die sie Nacht für Nacht zu hören bekommen. Wildcamping gebe es im Außerfern schon lange, so dramatisch wie heuer sei die Lage aber noch nie gewesen. Damit die Situation beispielsweise rund um den Plansee nicht völlig aus dem Ruder läuft, setzt die Bergwacht seit einigen Wochen auf empfindliche Strafen.

Gesetzlich klar geregelt

Laut Tiroler Campinggesetz aus dem Jahr 2001 ist das Campen außerhalb von Campingplätzen grundsätzlich verboten. Dazu zählt das Nächtigen von Personen in mobilen Unterkünften wie Zelten, Wohnwagen, Kraftfahrzeugen, Wohnmobilen, Mobilheimen und dergleichen im Rahmen des Tourismus. Wer gegen das Gesetz verstößt, muss mit einer Strafe von 220 Euro rechnen. Gestraft werden alle Personen, die sich in der mobilen Unterkunft befinden.

Schild, das auf das Campingverbot hinweist
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Auf das Verbot wird am Plansee mit Tafeln hingewiesen

Strafen

Laut Paragraf 16 Campinggesetz fließen die Geldstrafen für Verwaltungsübertretungen der Gemeinde zu.

Wenn aber Personen neben dem Camping- auch gegen das Abfallwirtschafts-, das Naturschutz- oder das Feldschutzgesetz verstoßen, drohen Strafen im vierstelligen Bereich. Laut Bergwacht kann es auch zu Besitzstörungsklagen kommen. Zum Vergleich: Wer sein Wohnmobil oder dergleichen eine Nacht lang auf einem Campingplatz am Plansee parkt, bezahlt zu zweit etwas über 30 Euro.

„Auf frischer Tat ertappt“

Neben der Zahl an Wildcampern steige im Bezirk Reutte auch die Aggressivität bei den Ausflüglern, die auf frischer Tat ertappt werden. „Wir haben jetzt auch schon einige Male die Polizei gebraucht“, sagt Albert Kerber, der Bezirksleiter der Bergwacht. Das Campen alleine ist laut ihm nicht das einzige Problem. Fäkalien, Müll und Spülmittel im Wasser würden der Natur zusetzen, wenn das Wildcampen in diesem Ausmaß betrieben wird.

„Das Bauamt räumt in der Früh auf. Die Zivilbevölkerung bekommt oft gar nicht mit, wie viel Müll eigentlich liegen bleibt“, so Kerber. „An schönen Sommertagen wollen die Leute am See baden und müssen dann eigentlich in einer Müllhalde sein“, schildert der Vizebürgermeister von Breitenwang, Christian Angerer, die extreme Situation. Der ORF Tirol hat die Bergwacht Reutte drei Stunden lang begleitet. Dabei wurden alleine im Bereich um den Plansee 36 Wildcamper erwischt.

Ehrenamtliche sind oft viele Stunden unterwegs

Bei der Bergwacht geht man davon aus, dass vor allem durch die Coronavirus-Pandemie die Zahl an Wildcampern so stark in die Höhe geschossen ist. Vor allem Urlauber aus Deutschland würden am Plansee widerrechtlich campen. Sollte sich eine neue Reisewarnung ergeben, sei man von Reutte aus schnell wieder in Deutschland, erklärt sich die Bergwacht den enormen Zustrom aus dem nördlichen Nachbarland. „Es ist schon sehr grenzwertig – eigentlich sind wir schon drüber“, sagt Gabi Pfurtscheller von der Bergwacht Reutte. Man habe nicht mehr die Kapazitäten, um die Kontrollen richtig abzudecken.

Bergwacht kontrolliert einen Wildcamper
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Vor allem mobile Unterkünfte aus Deutschland, aber auch Fahrzeuge aus Innsbruck werden von den Kontrolleuren entdeckt

Die Kontrollen seien auch häufig gefährlich, weil die Wildcamper oft an unübersichtlichen Kurven parken. Hinzu kommt, dass die Kontrolleure und Kontrolleurinnen der Bergwacht ehrenamtlich arbeiten. Nach Kontrollen bis weit nach Mitternacht müssen die meisten am nächsten Tag ihrem Hauptberuf nachgehen. Eine belastende Situation für alle Beteiligten.

Trend in Sozialen Netzwerken

Dass das Campieren in mobilen Unterkünften wie umgebauten Vans boomt, zeigt sich auch in Sozialen Netzwerken. Unter dem Hashtag „#vanlife“ (etwa: Leben im Kleinbus) finden sich auf Instagram über acht Millionen Einträge. Daneben scheint der Plansee in Tirol eines der beliebtesten Reiseziele für Camper zu sein. Unter „#plansee“ wurden auf Instagram bereits über 54.000 Bilder geteilt.