Wölfe
APA/dpa/Carsten Rehder
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Landwirtschaft

Die Rückkehr der Wölfe: Faktencheck

Der Wolf weckt Emotionen und polarisiert. Während Tierschützer auf Herdenschutz verweisen, fordern Almbauern den erleichterten Abschuss. In der Debatte werden Begriffe, Bilder und Vorstellungen verwendet, die den Konflikt weiter befeuern. Hier ein paar häufig genannte Fakten und Begriffe im Check.

„Problemwölfe dürfen geschossen werden“

Die Bezeichnung „Problemwolf“ kommt im österreichischen Wolfsmanagement nicht vor. Es obliegt in Tirol der Landesregierung, das Verhalten eines konkreten Wolfes zu prüfen und gegebenenfalls als gefährlich einzustufen.

Umgangssprachlich hat sich die Bezeichnung „Problemwolf“ überall dort eingebürgert, wo Menschen – Landwirte, Schafbauern, Jäger und Touristiker – mit der Rückkehr des Wolfes Probleme haben.

Wölfe in Tirol

Die Wölfe stammen vornehmlich aus der italienischen und dinarischen Population. Seit Kurzem werden einzelne Individuen durch Genotypisierung identifiziert.

„Der Wolf ist das Ende der Almwirtschaft“

Eine Studie der Universität für Bodenkultur Wien kommt zu dem Schluss, dass Wölfe bisher bei der Entscheidung, eine Alm weiter zu bewirtschaften oder nicht, eine untergeordnete Rolle spielten. Hauptgründe, eine Almwirtschaft aufzugeben, waren laut der Studie die Verfügbarkeit von Weiden im Tal, Ausfälle durch Krankheit und Witterung, verringerte Stückzahl an Tieren. Schafbestände verringern sich vor allem durch Krankheit, Abstürze und Blitzschlag, nur zu einem geringen Prozentsatz durch Wolfsrisse.

In Tirol wurden 2019 insgesamt 46 Nutztiere entschädigt, bei 15 davon wurde der Wolfsriss nachgewiesen. Die Entschädigungsregelungen in Tirol gelten auch für Schäden durch Bären.

Wenn Herdenschutz Kosten und Arbeit erhöht, reduziert sich die Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung, die ohnehin fast ausschließlich im Nebenerwerb stattfindet. In der Schweiz, wo sich Wölfe etabliert haben, hat sich die Alpwirtschaft leicht verändert: weniger Schafe und Milchkühe, mehr Mutterkühe und Ziegen.

„Herdenschutz verhindert Wolfsrisse“

Herdenschutz stößt in der Umsetzung auf viele praktische Hindernisse und offene Fragen. Wie wird im Gelände ein Zaun fachgerecht aufgestellt? Wer erledigt diese Arbeit, wer bezahlt sie? Wer übernimmt die Wartung des Zauns?

Wolfszaun Gemeinde Spiss
Bock
Schafe auf der Alpe Kalbenberg in Fließ werden seit Kurzem durch einen Zaun geschützt

Herdenschutzhunde unterliegen in Österreich dem Tierschutzgesetz, sie benötigen eine Hundehütte. Je nach Größe des Gebietes wären mehrere Hundehütten notwendig, aber wo sollen sie stehen?

Mittel für Herdenschutz

Das Land Tirol hat für 2020 und 2021 je 500.000 Euro bereitgestellt.

Auch die Behirtung unterliegt dem Gesetz, z. B. dem Arbeitszeitgesetz mit seinen Ruhezeiten. Herdenschutz könnte auch der touristischen Nutzung entgegenstehen, wenn z. B. Wanderwege deshalb verlegt werden müssten.

„Ein Wolf in Siedlungsnähe ist gefährlich“

Wölfe, vor allem junge, sind neugierig und nähern sich Siedlungen. Im Wolfsmanagement als kritisch beurteilt wird, wenn ein Wolf sich Menschen mehrfach nähert, unter Umständen, weil er von deren Anwesenheit z. B. durch Futter „belohnt“ wird. Da in diesen Fällen Verletzungen nicht ausgeschlossen sind, empfiehlt das Wolfsmanagment eine Entnahme, wenn Vergrämung und Besenderung keinen Erfolg bringen. Flüchtet ein Wolf angesichts von Menschen und Autos nicht sofort, sondern beobachtet sie, ist das ungefährlich. In Österreich gibt es keinen dokumentierten Wolfsangriff auf Menschen.

In Osttirol wurde im März 2020 ein Wolf nahe St. Veit gefilmt.

„Die Schweiz erlaubt Abschüsse“

Als Nicht-EU-Mitglied ist die Schweiz nicht an die Flora-Fauna-Habitat-Richtline (FFH) der EU gebunden, sondern nur an die Berner Konvention. Der Abschuss von Einzeltieren und die Regulierung von etablierten Wolfsbeständen unterliegt strengen Bedingungen.

  • Einzeltier: Der Herdenschutz muss ausgereizt sein, 25 getötete Nutztiere innerhalb eines Monats.
  • Rudel: Das betroffene Rudel muss sich fortgepflanzt haben, mindestens 15 getötete Nutztiere innerhalb von vier Monaten oder regelmäßige Annäherung an Siedlungen und aggressives Verhalten gegenüber Menschen.

In der Schweiz wird der Abschuss nicht immer vollzogen, da nur jener Wolf geschossen werden darf, auf den sich die Genehmigung bezieht und dieser nicht so leicht zu erwischen ist. Das Konzept Wolf Schweiz definiert sehr präzise verschiedene Phasen der Wiederansiedelung des Wolfs und Kriterien zur Einschätzung der Gefährlichkeit.

Die Kosten für das Schaf und seinen Schutz

Die Kosten für Herdenschutzmaßnahmen (ohne Arbeit) pro Schaf wurden vom Land mit 11 bis 80 Euro festgesetzt. Demgegenüber steht der Marktwert der Tiere zwischen 180 bis 350 Euro. Die Gemeinde Fliess, die als erste in Tirol einen Herdenschutzzaun errichtet hat, beziffert die Zaunkosten mit rund 16.000 Euro, den Wert der geschützten Schafe mit 40.000 Euro. Mit der Wartung gibt es noch keine Erfahrung.