Zwei Finger zeigen aufeinander
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Gesundheit

Die schwierige Frage des Geschlechts

Üblicherweise wird bei Babys die Zuordnung des Geschlechts unmittelbar nach der Geburt getroffen. Diese Zuordnung nach den äußeren Geschlechtsorganen ist aber nicht immer richtig. Transident nennt man die Kinder, die sich in ihrem Geschlecht nicht wohl fühlen.

Ein Beispiel ist der 18-jährige Maurice. Er macht eine Lehre als Maschinenbautechniker, doch er war nicht immer männlich. Dass er sich in seinem weiblichen Körper nicht wohl fühlt, merkte er schon sehr früh: „Ich habe das sehr lange unterdrückt, bis ich gemerkt habe, was wirklich los ist. Im Alter von zehn Jahren habe ich begonnen, mich zu informieren. Als ich 13 oder 14 war, ist das Gefühl noch stärker geworden, dass ich gewusst habe, ich brauche jetzt Hilfe und dass ich an mir etwas ändern will.“

Das Gefühl nicht im richtigen Körper zu sein, kann bei Betroffenen unter anderem zu starken Schamgefühlen, sozialem Rückzug, Depressionen, autoaggressivem Verhalten gegen den eigenen Körper und sogar zu Suizidgedanken führen, informiert Martin Fuchs, Oberarzt an der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche, die so empfinden, Hilfe in Anspruch nehmen.

Maurice O
tirol kliniken/Schwamberger
Maurice fühlte sich als Kind nicht wohl in seinem Körper

Betroffene und Angehörige sollen sich Hilfe holen

Unsicherheiten im Körper von Kindern und Jugendlichen sind keine Seltenheit. Vergehen diese nicht in der Pubertät und werden zu einem bleibenden Problem, sollten sich Betroffene und Angehörige beraten lassen, sagt Klaus Kapelari, leitender Oberarzt an der Innsbrucker Kinderklinik. Merken Eltern, dass bei ihrem Kind die Pubertät beginnt, und es gibt den Eindruck eines Missempfindens mit dem eigenen Körper oder es ist eine Diskrepanz zwischen Körper und Geist vorhanden, sollten sie sich Hilfe holen.

Klaus Kapelari
tirol kliniken/Schwamberger
Klaus Kapelari

Mit 14 Jahren ging Maurice dann zu einer Beratungsstelle und schließlich zur Spezialambulanz des Landeskrankenhauses Hall in Tirol. Seit 2014 wurden hier rund 100 Patienten behandelt.

Frühe Behandlung ist für Betroffene wichtig

Eine frühe Behandlung ist wichtig, wenn die gefühlten mit den tatsächlichen Geschlechtsmerkmalen nicht übereinstimmen. So werden in der Pubertät zunächst Hormonblocker eingesetzt. Diese verhindern die Ausschüttung von körpereigenen Geschlechtshormonen und stoppen damit die Weiterentwicklung des Körpers in die gefühlt falsche Richtung.

"Betroffene berichten uns oft, dass sie durch die Hormonblocker erstmals eine große Entlastung erfahren. Diese Behandlung kann allerdings nur eine gewisse Zeit erfolgen. Nach ein bis zwei Jahren muss erneut entschieden werden, wie es weitergeht“, so Klaus Kapelari.

Betroffene entscheiden sich meist für Umwandlung

In diesem Stadium gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann die Hormonblocker absetzen und die Weiterentwicklung des Körpers mit körpereigenen Hormonen wieder zulassen oder durch die Einnahme von gegengeschlechtlichen Hormonen den Körper langsam in das andere Geschlecht verwandeln. Fast alle Patienten entscheiden sich für den Prozess der Umwandlung.

Junge Menschen, die sich entscheiden, das Geschlecht zu ändern, werden von einem Ärzteteam der Kinderklinik interdisziplinär betreut. "Stimmen Körpergefühl und Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale endlich überein, bringt das vielen eine weitere große Erleichterung“, erklärt Katharina Feil, Oberärztin an der Innsbrucker Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Die einzige operative Behandlung, die rechtlich vor dem 18. Lebensjahr vorgenommen werden darf, ist die Mastektomie, die Entfernung der weiblichen Brust.