Ortszentrum von Ischgl (Tirol)
ORF.at/Lukas Krummholz
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Coronavirus

Ischgl: 42,4 Prozent haben Antikörper

Im Zuge der Ischgl-Studie sind Ende April in Ischgl (Bezirk Landeck) knapp 1.500 Bewohnerinnen und Bewohner auf CoV und SARS-CoV-2-Antikörper getestet worden. Bei 42,4 Prozent der Studienteilnehmer konnten Antikörper nachgewiesen werden.

Mit insgesamt 1.473 Probanden nahmen insgesamt 79 Prozent der Ischglerinnen und Ischgler an der Studie teil. Im Zentrum stand die Frage nach der Durchseuchung im Tiroler CoV-Hotspot. Außerdem sollte untersucht werden, wie zuverlässig und sicher die spezifischen Antikörpertestverfahren sind. Vier Methoden wurden angewandt und verglichen. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen Ende April stand Ischgl noch unter Quarantäne.

Laut den Ergebnissen gilt die Durchseuchung in Ischgl mit über 42 Prozent als sehr hoch. Im Südtiroler Coronavirus-Hotspot Gröden gab es zum Vergleich eine Durchseuchung von 27 Prozent – mehr dazu in Gröden: Nur jeder Vierte hat Antikörper.

Vor allem Erwachsene mit Antikörpern

1.259 Erwachsene und 214 Kinder aus insgesamt 479 Haushalten wurden getestet. Die Seroprävalenz, also die Zahl der Menschen mit Antikörpern, lag nach den Untersuchungen in Ischgl bei insgesamt 42,2 Prozent. „Das ist die höchste bisher publizierte Seroprävalenz“, so Dorothee von Laer, die Studienleiterin vom Institut für Virologie der MedUni Innsbruck. Bei den untersuchten Kindern unter 18 Jahren wiesen 27 Prozent Antikörper auf. „Die Kinder waren deutlich weniger betroffen“, so von Laer.

von Laer
ORF/Mayerhofer
Die Studienleiterin Dorothee von Laer am Donnerstag bei der Pressekonferenz

„Eine mögliche Erklärung ist, dass Kinder zu einem gewissen Teil abgeschirmt waren“, sagte der Epidemiologe Peter Willeit. Unter Wissenschaftlern werde aber auch diskutiert, ob das Immunsystem von Kindern anders als das Immunsystem von Erwachsenen auf die Viren reagiere. Am meisten betroffen von einer Infektion mit dem Coronavirus waren laut den Testungen Personen zwischen 18 und 60.

85 Prozent machten Infektion unbemerkt durch

Laut von Laer sei bemerkenswert, dass in Ischgl 85 Prozent der Studienteilnehmer die Infektion unbemerkt durchgemacht hatten. „Das zeigt uns ein weiteres Mal, dass viele Corona-Fälle unbemerkt bleiben“, so auch Willeit. Zentral aus der Studie gehe aber hervor, dass es auch in Ischgl keine Herdenimmunität gebe.

PK Ischgl-Test
zeitungsfoto.at
Die Pressekonferenz an der Medizinischen Universität Innsbruck

Bei der Befragung der Ischglerinnen und Ischgler gaben viele an, dass sie unter Geschmacks- und Geruchsverlust in den Wochen vor den Testungen litten. Quasi alle, die das angaben, wurden laut von Laer schließlich auch positiv auf Antikörper getestet. Nur wenige von ihnen galten aber zuvor als offizielle Coronavirus-Fälle. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.

Fälle bereits im Februar „unter dem Radar“

Laut der Studienleiterin sei es unvernünftig zu sagen, dass das Virus in der zweiten Februarhälfte noch nicht „unter dem Radar kursierte“. Genau könne das nicht nachgewiesen werden, aber zusammen mit den Meldungen der Isländer sei es unrealistisch zu sagen, dass es die ersten Fälle erst mit Anfang März gab. Außerdem hätte die Befragung der Ischgler-Bevölkerung ergeben, dass ab 20. Februar bereits viele unter Geschmacks- und Geruchsverlust litten.

Die Experten gingen aber nicht davon aus, dass Touristen ein besonderer Herd für die Verbreitung in Ischgl selbst waren. So hatte laut von Laer der Weggang der Touristen nach der verhängten Quarantäne keine großen Auswirkungen auf die Infektionszahlen. Der Rat für die Zukunft laute aber weiter „testen, testen, testen“, so von Laer. „Superspreading-Events“ wie Feiern in Apres-Ski-Bars müssten verhindert werden. Das reiche bereits weitgehend aus, um zu verhindern, dass das Virus weiter Fuß fasst.