Fast leere Brennerautobahn im Bereich Europabrücke
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Verkehr

Anrainer befürchten alte Verkehrsnormalität

Der Coronavirus-Lockdown hat Anrainern entlang der Autobahnen und Durchzugsstraßen in Tirol wochenlang eine Verschnaufpause von der Lärmbelastung verschafft. Jetzt befürchten Betroffene auch hier eine Rückkehr zur alten Normalität und fordern Lärmschutzmaßnahmen.

Geschlossene Grenzen und Quarantänemaßnahmen haben den Verkehr durch Tirol zum Höhepunkt der CoV-Krise massiv eingebremst. Im April ging auch der Schwerverkehr etwa auf der Brennerautobahn um fast 27 Prozent zurück. Der Autoverkehr ist regelrecht eingebrochen. Inzwischen hat der Verkehr wieder angezogen, nicht nur auf den Autobahnen, auch auf anderen Durchzugs- und Hauptrouten durch Tirol.

Für Gerhard Steinlechner und seine Nachbarn in Vomp war die Verkehrsflaute eine ungewohnte Erfahrung: „Wir sind da wirklich durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen, weil zuerst ist durch den Lockdown wirklich alles gestanden. Wir haben während des Lockdown auch Schallmessungen gemacht. Wir sind beim Mittelwert fast 10 Dezibel nach unten gekommen, das ist praktisch eine Halbierung des Schalls.“ Rund um Ostern sei es noch ganz ruhig gewesen. Inzwischen habe der Verkehr und damit die Lärmbelastung aber wieder deutlich zugenommen.

Autobahnanrainer Gerhard Steinlechner in Vomp
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Gerhard Steinlechner aus Vomp bemerkt nach der Ruhe in der CoV-Krise bereits wieder eine Zunahme des Verkehrs und der Lärmbelastung

Lärmbelastung auch abseits der Autobahnen

Betroffen vom Verkehrslärm sind nicht nur Bewohner entlang der Autobahnen in Tirol. Im Außerfern gibt es seit Jahren massive Proteste gegen den Motorradlärm, hier hat das Land inzwischen ein Verbot für bestimmte Maschinen erlassen – mehr dazu in Fahrverbote für besonders laute Motorräder. Die Fernpass-Strecke gehört ohnehin zu den Verkehrs-Hotspots, ebenso wie die Zillertalstraße oder die Loferer Straße. Ähnlich geht es vielen Bewohnern im Achenseegebiet.

Paul Angerer wohnt mit seiner Familie in einer Siedlung wenige Kilometer von der Grenze zu Bayern entfernt. Die Achenseestraße liegt gleich jenseits des Bachs. Vor allem an den Wochenenden ist an Erholung im Garten normalerweise nicht zu denken: „Diese andauernde Lärmpegel von Motorrädern, Autos und Lkws – wenn der immer so dahingeht, dann ist das einfach für die Gesundheit nicht gut. Man hat jetzt auch gemerkt, als es so ruhig war, welchem Lärmpegel man sonst ausgesetzt ist“. Totenstille habe geherrscht, als die Grenzen während des Lockdown weitgehend dicht waren, ergänzen Nachbarn. Endlich seien auch an den Wochenenden wieder Unterhaltungen über den Gartenzaun hinweg möglich gewesen.

Anrainer der Achenseestraße im Gespräch
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Paul Angerer und seine Nachbarn aus Achenkirch hoffen auf einen Lärmschutz für ihre Siedlung

Schutzmaßnahmen für lärmgeplagte Anrainer gefordert

Unterstützt vom Transitforum wollen Betroffene Druck machen für wirkungsvolle Lärmschutzmaßnahmen. In der zur Gemeinde Achenkirch gehörenden Siedlung könnte das ein Wall oder eine Schallschutzwand sein. Für die Achenseestraße insgesamt sieht Paul Angerer noch weitere Lösungen: „In manchen Bereichen kann man an Flüsterasphalt denken oder an Tempolimits, wo die Motorräder in einer normalen Geschwindigkeit vorbeifahren und dadurch nicht so laut sind.“

Motorradfahrer auf der Achenseestraße
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Auf der Achenseestrecke sorgen neben Autos und Lkws vor allem Motorradfahrer am Wochenende für einen belastenden Lärmpegel

Maßnahmen bräuchte es laut Angerer und seinen Nachbarn wegen der Mautflüchlinge aus Deutschland, die nur deswegen über den Achenpass fahren, um nicht die vignettenpflichige Inntalautobahn zu benutzen. Es seien einfach zu viele Fahrzeuge mittlerweile auf der Strecke unterwegs. An den Wochenenden im Winter komme es deshalb auch zu Staus und Kolonnen. Da brauche man gar nicht mehr daran denken, einen Ausflug zu machen, so die betroffenen Anrainer.

Eine Obergrenze für den Verkehr ist auch für Gerhard Steinlechner und seine Nachbarn in Vomp notwendig. Für sie geht es aber auch darum, dass die Autobahn unterhalb ihrer Häuser endlich mit einer Lärmschutzwand abgeschottet wird. „Es müssen die Lärmgrenzwerte gesenkt werden. Sie liegen derzeit über den empfohlenen Werten der Weltgesundheitsorganisation WHO“, so der Autobahnanrainer. Damit hätten er und seine Nachbarn jedenfalls ein Anrecht auf Lärmschutzmaßnahmen durch die Autobahngesellschaft ASFINAG.

Transitforum will Berücksichtigung der Tiroler Situation

Das Transitforum Austria-Tirol verlangt in einem neuen Anlauf, dass die besondere Lärmsituation in Tirol auch rechtlich berücksichtigt wird. Aufgrund der Topographie des Landes liegen die Siedlungsgebiete notgedrungen oft in der Nähe der Hauptverkehrsrouten. In den zum Teil engen Tälern und mit vielen Dörfern in Hanglage oberhalb von Autobahn oder Bundesstraße sei die Lärmausbreitung und damit die Lärmbelastung eine andere als in der Ebene. Das Transitforum fordert deshalb realistische Lärmmessungen. Der Straßenlärm müsse endlich gleich behandelt werden wie Lärm von Betrieben oder im Privatbereich, wo es in der Regel viel strengere Auflagen gebe.