Lucile Gedenkplatz
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Gericht

Mordfall Lucile wird verhandelt

Sechs Jahre nach dem gewaltsamen Mord an der französischen Studentin Lucile muss sich der Beschuldigte am Dienstag am Landesgericht Innsbruck verantworten. Er wurde für den Mord einer jungen Frau in Deutschland bereits zu lebenslanger Haft verurteilt.

Um 9.00 Uhr hat im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck der Prozess begonnen. Auf der Anklagebank sitzt ein 43-jähriger Lkw-Fahrer aus Rumänien. Er soll die französische Austauschstudentin Lucile im Jänner 2014 in Kufstein erschlagen haben.

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Schwurgerichtssaal in Innsbruck mit Zuschauern im Prozess zum Mordfall Lucile
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Auch im Schwurgerichtssaal muss der Sicherheitsabstand eingehalten werden, alle Anwesenden tragen Maske oder Gesichtsschild
Gang vor dem Schwurgerichtssaal mit Medienvertretern
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Im Gang vor dem Schwurgerichtssaal warten Medienvertreter und Prozessbeobachter auf den Beginn der Verhandlung
Angeklagter im Mordfall Lucile sitzt vor Richter und Kameraleuten
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Der rumänische Fernfahrer auf der Anklagebank

Der Mordfall Lucile beschäftigte die Ermittler in Tirol über Jahre. Am 12. Jänner 2014 fanden Polizisten die Leiche der 20-jährigen Austauschstudentin aus Frankreich am Innufer in Kufstein. Die junge Frau stammte aus der Gegend von Lyon und war seit vier Monaten in Kufstein. Studienkollegen hatten Lucile damals als vermisst gemeldet. „Stumpfe Gewalt“ hatte zum Tod der jungen Frau geführt, erklärten die Ermittler damals. Die Tatwaffe, Tasche und Handy der jungen Frau blieben vorerst verschwunden.

Zwei Wochen später fanden Polizeitaucher die Tatwaffe im Inn. Dabei handelte es sich um eine fast zwei Kilogramm schwere Eisenstange, die bei Lastkraftwagen zum Einsatz komme, um die Fahrerkabine anzuheben. Die Waffe legte den Verdacht nahe, dass es sich bei dem Täter um einen Fernfahrer handeln könnte. Damit endete für die Ermittler allerdings die Spur nach dem Mörder. Auch die Ausstrahlung des Falles in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY…ungelöst“ ein Jahr später brachte keine entscheidenden Hinweise.

Innufer Kufstein
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Am Innufer in Kufstein wurde die Leiche der Studentin gefunden

Mordfall in Deutschland führte zu Täter

Erst ein Verbrechen in Deutschland brachte die Ermittler auf neue Spuren. Im November 2016 wurde in Endingen bei Freiburg eine 27-jährige Joggerin sexuell missbraucht und getötet – die Ermittler bezeichneten die Tat als „besonders grausam“. Im Juni 2017 wurde in Deutschland ein Verdächtiger festgenommen. Es handelte sich um einen damals 40-jährigen Rumänen, der als Fernfahrer arbeitete. Gegen ihn wurde Mordanklage im Fall der Joggerin erhoben.

Tathergang sehr ähnlich

Die DNA-Analyse ergab, dass es sich bei dem Täter auch um den Mörder von Lucile handelte. Auch Maut-Abrechnungsdaten machten den Mann zum Verdächtigen im Kufsteiner Mordfall. Die Vorgangsweise bei den zwei Morden ähnle sich zudem, berichtete die Polizei damals. Beim Prozessauftakt im November 2017 legte der Beschuldigte ein Geständnis zu dem Mord in Deutschland ab, er habe die Joggerin getötet. „Ich weiß, dass das, was ich getan habe, nicht zu verzeihen ist. In mir war Aggression, aber kein sexuelles Verlangen“, erklärte er vor Gericht.

Der Rumäne wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, das Gericht sprach den Mann wegen Mordes und besonders schwerer Vergewaltigung schuldig. Ein psychiatrischer Gutachter hatte zudem erklärt, von dem Mann gehe eine große Wiederholungsgefahr aus.

Gedenkkerzen für die ermordete Lucile
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Zur Erinnerung an Lucile wurden in Kufstein immer wieder Kerzen aufgestellt

Beschuldigter gestand Mord an Lucile

Wenig später wurde bekannt, dass der Mann einem Psychiater gegenüber auch den Mord an Lucile gestanden hatte. Wegen Einsprüchen bei der Verhandlung in Deutschland kam es allerdings immer wieder zu Verzögerungen, deshalb dauerte die Auslieferung nach Österreich auch an, erklärte die Staatsanwaltschaft im Vorfeld. Zuletzt wurde der Prozess wegen der Coronavirus-Pandemie von März auf Juni verschoben.

Sollte der Beschuldigte am Dienstag auch in Innsbruck verurteilt werden, gilt die Strafe in Österreich rechtlich als Zusatzstrafe. Da er in Deutschland bereits mit einer lebenslangen Haftstrafe, also der Höchststrafe, verurteilt wurde, werde das Gericht den Mann im Zuge eines Schuldspruches formell schuldig sprechen, aber keine weitere Strafe verhängen, hieß vorab von der Staatsanwaltschaft. Wo der Tatverdächtige im Falle der zweiten Verurteilung die Strafe absitzen müsse, sei noch offen. Das würden die Behörden der beiden Länder dann gemeinsam entscheiden.