Apres Ski Lokal innen
ORF
ORF
Chronik

Apres-Ski-Lokale feierten trotz Verbots

Einige Apres-Ski-Lokale in Ischgl haben Anfang März offenbar eine Verordnung zur Schließung missachtet. Auch in St. Anton gab es damals erste CoV-Fälle, eine Schließung der Lokale wurde aber erst nach Beschwerden durch Urlaubsgäste angeordnet. Das geht aus dem Polizeibericht hervor, der auch dem ORF Tirol vorliegt.

Am 10. März ordnete die Bezirkshauptmannschaft Landeck alle Lokale in Ischgl an, „den Apres-Ski-Betrieb unverzüglich“ einzustellen. Dem Nachrichtenmagazin „profil“ wurden allerdings Fotos und Videos zugespielt, die offenbar zeigen, dass trotzdem am Abend des 10. März noch munter weitergefeiert wurde – auch in einer Bar, die einem ranghohen Mitglied des Tourismusverbandes gehört. Die Lokale seien gesteckt voll gewesen. Eine andere Ischgler Bar verlegte den Ausschank ins Freie. Einschreitenden Polizeibeamten erklärte die Zuständige der Bar, die auch im Aufsichtsrat des Tourismusverbandes sitzt, dass der Betrieb ja als „Restaurant“ und nicht als Apres-Ski-Lokal geführt werde.

Aus für Partys erst einen Tag später

Die Beamten schritten damals offenbar nicht ein. Sie berichteten der Bezirkshauptmannschaft Landeck, dass die „zwangsweise Durchsetzung der Verordnung aufgrund des wetterbedingt starken Personenverkehrs und dem Umstand, dass damit lediglich eine Verlagerung der Menschenansammlungen erzielt würde, nicht verhältnismäßig erschien“. Die Beamten regten allerdings an, dass den Betreibern die Verordnung am nächsten Tag noch einmal nahegelegt werden solle.

Wie der Polizeibericht zeigt, passierte das am nächsten Tag auch. In einer E-Mail klärte die Ischgler Polizei die Betreiber der Lokale auf, dass die „Gästebewirtung in den betroffenen Lokalitäten“ als Apres Ski auszulegen sei und die Verordnung damit auch für sie gelte.

Kein Partyende in St. Anton am Arlberg

Munter weitergefeiert wurde auch in St. Anton am Arlberg. In dem Polizeizwischenbericht finden sich Fotos, die zeigen, dass am 11. und 12. März immer noch Hunderte Menschen in zumindest einem Lokal zusammen feierten. Und das, obwohl es zu diesem Zeitpunkt auch in St. Anton bereits nachweislich einen schweren Coronavirus-Fall gab.

Wie der Polizeibericht verdeutlicht, wurde bereits am 10. März vom Krankenhaus Zams gemeldet, dass der Wirt eines Apres-Ski-Lokals in St. Anton am Arlberg positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Er befand sich zu dem Zeitpunkt auf der Intensivstation. Sein Lokal wurde am 11. März geschlossen, andere Lokale in St. Anton am Arlberg jedoch nicht. Zusammenkünfte von mehr als 500 Personen draußen oder 100 Personen drinnen waren da bereits untersagt.

Polizei schritt erst nach Beschwerden ein

Ein besorgter Urlauber meldete der Polizei am Abend des 11. März, dass sich in einer Bar immer noch Hunderte Leute aufhielten. Das beweisen auch Fotos in dem Polizeibericht. Die Polizei kontrollierte das, unternahm aber nichts, sondern nahm mit dem Lokalbetreiber telefonisch Kontakt auf. Der erklärte, er habe zusätzliche Securitys angefordert, um das Lokal zu leeren. Der Lokalbetreiber war aber offenbar unbelehrbar: Einen Abend später bot sich in demselben Lokal dasselbe Bild. Wieder wurde die Polizei verständigt, wieder wurde der Lokalbetreiber verständigt und das Lokal geleert.

Zwei weitere Lokale in St. Anton sperrten erst einen Tag darauf zu. Wie das Land Tirol am Samstagabend mitteilte, sind in dieser Sache mehrere Anzeigen eingegangen und dementsprechende Strafverfahren anhängig. Zu der missachteten Verordnung hieß es, die Bezirkshauptmannschaften hätten die jeweiligen Verordnungen an die Polizei weitergeleitet, „mit dem Ersuchen, diese zu exekutieren“. Das sei auch im Rahmen der Möglichkeiten der Polizei passiert. Die Staatsanwaltschaft wollte den Bericht wegen des laufenden Verfahrens nicht kommentieren.

SPÖ und FPÖ fordern Antworten von Nehammer

Am Samstag kündigte der stellvertretende Klubobmann der SPÖ, Philip Kucher, eine parlamentarische Anfrage an. Es ergäben sich zahlreiche Fragen an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). „Wusste Nehammer vom aktiven Zusehen seiner Behörde? Gab es gar eine Anweisung zuzusehen? In welche Richtung wird ermittelt? Gibt es Interessenkonflikte zum Beispiel zwischen der Seilbahnindustrie und der Polizei?“, so Kucher. Nachdem man rund um die Vorgänge in Ischgl alles auf Gäste und Gastwirte geschoben hat, könne es nun nicht sein, dass man sich an den Polizisten abputze.

Auch für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz vergehe fast kein Tag, an dem nicht neue Erkenntnisse rund um das Versagen in der CoV-Causa ‚Ischgl‘ auftauchen. Nehammer habe einen gewaltigen Aufklärungsbedarf. „In Ischgl hat man es anscheinend billigend und sehr locker in Kauf genommen, dass ganz Europa mit Infizierten aus diesem Skiort überschwemmt wird. Aus wirtschaftlichen Gründen und Profitgier die Gesundheit vieler Menschen aufs Spiel zu setzen ist unentschuldbar“, so Schnedlitz.