Die Schutzschilder aus Tirol
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Wirtschaft

Schutzschilde made in Tirol

Ein Unternehmer aus Absam hat aus der Maskenpflicht eine erfolgreiche Massenproduktion gemacht. Sein Schutzschild wurde zum Verkaufsschlager in Hotels, Supermärkten und Gastronomiebetrieben. Produziert wird das Schild dabei ausschließlich in Tirol.

Ein Mund-Nasen-Schutz, mit dem man gut atmen kann und der angenehm sitzt, war in den letzten Wochen ein begehrtes Gut. Ende März fragte ein Bekannter beim gelernten KFZ-Mechaniker und 3D-Druck-Experten Matthias Pfanzelter an, ob er nicht eine bessere Lösung für die am Markt erhältlichen Schutzmasken habe. Im Betrieb des Absamers gab es während der Ausgangsbeschränkungen kaum Aufträge, Pfanzelter wollte aber nicht untätig herumsitzen und auf bessere wirtschaftliche Zeiten warten. Also entwickelte der Unternehmer sein eigenes Schutzschild.

Matthias Pfanzelter und sein Schutzschild
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Gemeinsam mit anderen Tiroler Unternehmen konnte Matthias Pfanzelter tausende der Face Shields produzieren

Den ersten Prototypen stellte er online, innerhalb kürzester Zeit gingen dazu tausende Bestellungen ein. Diese große Nachfrage überraschte Matthias Pfanzelter, er musste überlegen, wie er diese großen Mengen auch produzieren kann. Für die einzelnen Bestandteile brauchte er Partner – und die fand er schließlich alle in Tirol, in einem Umkreis von 45 Kilometern.

Tiroler Firmen von Wörgl bis Absam

Bei der Firma Aristo in Wörgl suchte Pfanzelter nach einem Kunststoff für die Visiere der Gesichtsschilde. Dort werden normalerweise Drucker und Zubehör für Werbematerial verkauft. In der Coronazeit gab es auch hier wenig Aufträge, also suchte Geschäftführer Andreas Schulnig mit Matthias Pfanzelter nach einem geeigneten Kunststoff für die Visiere der Schutzschilde. Dabei entdeckte Schulnig auch, dass Matthias Pfanzelter gar keine Ausrüstung hatte, um den Kunststoff zu schneiden.

Kunststoff-Produktion in Wörgl Aristo
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Die Visiere wurden in Wörgl zugeschnitten

Er habe gesehen, wie Pfanzelter die Visiere einzeln und per Hand zuschnitt „da konnte ich nicht zuschauen“, schmunzelte Schulnig. Also nahm er die Maschinen, die er eigentlich verkauft, in Betrieb. Tausende Kunststoffvisiere konnten so in kürzester Zeit hergestellt werden.

Gleitschirmfirma nähte Bänder

Jede Maske benötigte auch ein verstellbares Band. Da wurde Matthias Pfanzelter in seiner Nachbarschaft in Absam fündig: Wer Gleitschirme repariert, kann auch Bänder nähen, hat er sich gedacht. Bei der Paraclinic in Absam fragte er an, ob sie dort Bänder ablängen könnten. Probeweise einmal zwei Stück, berichtete Geschäftsführer Richard Edlinger. Dabei blieb es aber nicht lange, schmunzelte Edlinger.

Bänder nähen in der Paraclinic Absam
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Anstelle von Gleitschirmen nähten die Paraclinic-Mitarbeiter die Maskenbänder

Pfanzelter habe dann vorsichtig nach immer mehr Bändern gefragt. Erst 40 Stück pro Woche, dann 200 Stück, dann 1.000 Stück pro Woche. „Die Woche darauf fragte er dann nach 5.000 Stück. Da musste ich mich dann hineinknien, aber wir haben es geschafft“, berichtete Edlinger von der Produktion der letzten Wochen.

Tausende Stück verkauft

Die Halterungen der Schilde stammen von einer Firma in Buch in Tirol. Alle Einzelteile wurden dann in der Tischlerei von Matthias Pfanzelters Vater zusammengebaut. Seit Wochen packte da die ganze Familie mit an. Den Rekord beim Zusammmenbauen hielt Pfanzelters Frau. Für die großen Handelsketten gab es auch Gesichtsschilde mit Logo, seine Frau schaffte da den Zusammenbau in 38 Sekunden, berichtete Pfanzelter. Er selber brauche etwa eine Minute, um eine Maske zusammenzustecken. Mittlerweile wurden tausende Stück der Face Shields verkauft, sie kommen von Restaurants bis in Handelsketten und Schulen zum Einsatz.

Einzelteile für die Schutzmaske
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Der Zusammenbau jedes Face Shields dauert etwa eine Minute

Zweites Leben für die Schilde nach Corona

Dass die Schilde kein Projekt für die Ewigkeit sind, war allen Beteiligten klar. Am 15. Juni soll die Maskenpflicht in Österreich großteils enden, an den Schulen endet sie bereits am Mittwoch. Matthias Pfanzelter hat aber bereits einen Plan B parat. Im Laufe des Projektes habe er einen Verantwortlichen für Zertifizierungen kennengelernt. Der brachte ihn auf die Idee, die Masken als Schutzbrillen für Gartenarbeiten wie etwa Schleifarbeiten zertifizieren zu lassen.

So könnte das Face Shield ein zweites Leben bekommen, damit sei dann auch der Kunststoff nicht nur kurzzeitig verwendet, erklärte Pfanzelter. Die Zusammenarbeit mit den drei anderen Tiroler Unternehmen habe ihm klar gemacht: Es sei gar nicht so schwer, in der Region in kürzester Zeit eine Serienproduktion aufzustellen. Es gebe viele gute Unternehmer hier im Lande, das sollten auch andere Produzenten nicht vergessen, so Pfanzelter.