Die russischen Reiterverbände kämpften im II. Weltkrieg für Nazi-Deutschland, das sie als Bollwerk gegen den ihnen verhassten Kommunismus und Stalin betrachteten. Die Kosaken wurden von Hitler vor allem in Jugoslawien im Kampf gegen die Tito-Partisanen eingesetzt. Die Angehörigen der 1. Kosaken-Kavallerie-Division verübten mit Erschießungen, Vergewaltigungen und Plünderungen dort eine Vielzahl an Kriegsverbrechen. Von Deutschland wurde den Kosaken ein Siedlungsgebiet im oberitalienischen Friaul zugewiesen. Im Sommer 1944 wurden bei Tolmezzo etwa 35.000 Kosaken angesiedelt, bis Kriegsende kämpften sie dort vor allem gegen die italienischen Partisanen.
25.000 flüchteten über den Plöckenpass
Als die Niederlage Nazi-Deutschlands bevorstand, flüchteten 25.000 Kosaken, die Hälfte davon Frauen, Kinder und alte Leute, im Frühjahr 1945 vor der Roten Armee und Titos Armee über den Plöckenpass nach Österreich und schlugen in Lienz ihr Lager auf. Sie erhofften sich Schutz durch die britische Besatzungsmacht, diese Hoffnungen erfüllten sich aber nicht.
Schreckliche Szenen am 1. Juni 1945
Am 28. Mai 1945 wurden 1.500 Kosaken-Offiziere unter einem Vorwand von Lienz nach Kärnten gebracht. Am 1. Juni räumten die Briten dann überfallsartig das Lager in Lienz, um die Menschen zu deportieren und der Roten Armee zu übergeben. Die britischen Truppen gingen dabei mit äußerster Brutalität vor. Viele Kosaken sprangen aus Verzweiflung mit ihren Kindern im Arm in die Drau oder erschossen sich – hunderte Männer, Frauen und Kinder verloren dabei ihr Leben.
Hoffnungsort Lienz wurde zum Alptraum
Es seien tumultartige Szenen gewesen, erklärte der Archäologe Harald Stadler von der Universität Innsbruck. „Es gab einen Schusswechsel, britische Soldaten verwendeten Schlagstöcke, Leute wurden zu Tode getrampelt“, so der Experte. Zwischen 300 und 700 Menschen fanden auf dem Lienzer Kosakenfriedhof ihre letzte Ruhestätte.
Sie seien zwischen die Fronten geraten, urteilte Stadler: „Man muss dazusagen, dass sich im Kosaken-Tross aber auch andere flüchtende Menschen versteckt haben, weil sie hofften, in Osttirol ein neues Leben zu beginnen“, erläuterte der Archäologe.
Frauen im Fokus der Ausstellung
Erstmals wurden bei der Ausstellung die Schicksale berühmter Kosakenfrauen in den Mittelpunkt gerückt, die damals in Lienz gelebt haben, so Stadler. „Die Ausstellung erzählt von Selbstmorden und zerrissenen Familien“, ergänzte sein Kollege, der Archäologe Philipp Lehar. Ergänzt werden die persönlichen Geschichten und Bilder von etlichen Relikten, Gewehren, Dolchen, Geschirr und Unterlagen.
Wegen der Corona-Bestimmungen wird die Ausstellung virtuell umgesetzt. Sie kann ab 1. Juni auf der Internetseite des Lienzer Kosakenvereins besucht werden.