Leere Diskos Opener
ORF
ORF
Coronavirus

Südtirols Diskotheken in der Krise

Seit Mitte März haben Clubs, Bars und Diskotheken wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen. Viele Südtiroler Diskotheken-Betreiber kämpfen nun um das finanzielle Überleben. Die Aussichten auf eine baldige Öffnung sind gering.

Wummernde Bässe, drehende Diskokugeln und laute Musik sorgen für gute Stimmung auf der vollen Tanzfläche. Es ist heiß, stickig und eng. Solche Szenen sin derzeit passé und in Zeiten der Coronavirus-Krise nicht vorstellbar.

Vor über zwei Wochen hat die Südtiroler Landesregierung mit der sogenannten „Phase 2“ vielerorts für Lockerungen gesorgt, etwa für die Hotellerie, Gastronomie oder Bars. Clubs und Diskotheken müssen aber weiterhin geschlossen bleiben und blicken in eine düstere Zukunft. Sie waren die Ersten, die zugesperrt haben, und sie werden wohl die Letzten sein, die wieder öffnen dürfen. Volle Diskotheken gelten als Viren-Hotspots und eine Party mit Abstand und Maske ist kaum umsetzbar.

„Bis auf Weiteres geschlossen“

Seit 1973 ist ein Club in Lana, südlich von Meran, eine beliebte Adresse für Nachtschwärmer. Aufgrund des Lockdowns musste der Betreiber Georg Sanin den Betrieb vorübergehend schließen. Damit ist die Party seit Anfang März zu Ende und bald auch seine Geduld: „Es ist einfach schlimm. Man kann nichts planen. Ich kann mein Personal nicht einteilen und auch keine Veranstaltungen organisieren. Viel Zeit geht verloren und keiner weiß, wie es weitergeht“, klagt der Betreiber.

Besitzer
ORF
Viele Betreiber, wie Georg Sanin, möchten wissen, wann sie wieder aufsperren dürfen, aber bekommen kaum Informationen.

Diskokugel wird zur Abrissbirne

Während die Wirtschaft und langsam auch das kulturelle Leben in Südtirol wieder hochgefahren werden, muss es vorerst auf den Tanzflächen ruhig bleiben. Ein langsames Hochfahren der Clubszene scheint für viele Betreiber schwierig. Entweder ganz oder gar nicht, sagen die einen. Die anderen wären für Kompromisse bereit. In der Summe fühlen sich alle im Stich gelassen, da sie keine Informationen bekommen, wie und wann es weitergehen könnte.

DKugel
ORF
Wenn sich die Diskokugel nicht dreht, rollt kein Rubel in die Taschen der Betreiber.

Südtirols Diskotheken und Club Betreiber kämpfen daher ums Überleben. Denn die Betriebskosten müssen weiterhin bezahlt werden, auch wenn die Tanzfläche leer bleibt und keine Besucher erlaubt sind. Einige haben die Hoffnung bereits aufgegeben und werden nicht mehr aufsperren.

Einer der bekanntesten Clubs im Land, der Après-Club in Gargazon bei Meran, ist Geschichte. Ein Interview wollten die Betreiber nicht geben, auf der Facebook-Seite heißt es: „Die Corona-Krise hat mit großem Bedauern auch das Nachtleben stark getroffen, und es ist uns daher nicht mehr möglich den Après Club wieder zu eröffnen.“

Zitat FB
Screenshot Facebook

Kein Clubbing-Fahrplan

Kaum ein Betreiber rechnet damit, dass es vor Herbst zu Lockerungen komme, viele befürchten, dass es im 2020er-Jahr keine großen Veranstaltungen mehr geben könnte. Es gäbe derzeit keinen Fahrplan aus der Krise, klagen viele Betreiber.

Einer der wenigen, der noch zuversichtlich ist, ist Felix Taschler. Er führt seit zehn Jahren den größten Club im Eisacktal. Ihm wäre jeder Kompromiss recht, um schnellstmöglich öffnen zu können. „Klare Bedingungen, unter welchen wir aufsperren könnten, wären nun wichtig. Vorstellen könnte ich mir, dass man anfangs die Tanzfläche und die Bar sperrt und die Bedienung nur an den Tischen erfolgt“, schlägt Taschler vor. Weiters könne er sich vorstellen, dass die Maximalkapazitäten der Nachtlokale entsprechend reduziert werden.

Vorschläge des Diskothekenverbands nicht brauchbar

In der oft engen, stickigen Nachtgastronomie hätte das Coronavirus leichtes Spiel. Das ist das Problem der Nachtclub-Betreiber. Der italienische Diskothekenverband hat Vorschläge ausgearbeitet, wie das Nachtleben künftig sicherer sein könnte. Für seine Mitglieder seien die Ideen aber kaum brauchbar. „Da wird etwa vom Temperaturmessen gesprochen, einem 2-Meter-Abstand und einer wöchentlichen Reinigung der Klimaanlage. Das alles ist in der Praxis kaum umsetzbar“, meint der Eventmanager Raphael Kofler aus Lana.

Wenig Chancen auf Abstand, schwierige Lüftungsbedingungen und die stetige Angst vor dem nächsten großen Ausbruch.
Die Club-Betreiber wollen in den kommenden Tagen der Südtiroler Landesregierung Vorschläge zur Wiedereröffnung ihrer Nachtlokale zukommen lassen.

Wenig Perspektive in Österreich

Österreichs Nachtlokale sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Etwa in der Bundeshauptstadt Wien ist die Nachtgastronomie mit 2.800 Bars, Diskotheken und Tanzlokalen seit Wochen heruntergefahren. Laut Martina Brunner von der Vienna Club Commission stehen 24.000 Arbeitsplätze und ein Jahresumsatz von einer Milliarde Euro auf dem Spiel.

Die Vienna Club Commission wurde Anfang des Jahres in Wien gegründet. Sie bietet Betreibern von Nachtlokalen kostenlose Rechtsberatung und steht für Fragen zur Verfügung. Die Plattform sammelt zudem Spenden für Clubs in Notlagen.

Viele Clubs hätten kaum Rücklagen und sind daher von der Insolvenz bedroht. Im Unterschied zu Italien gibt es in Österreich zwar einen Stufenplan für die Wiederaufnahme von Indoor-Veranstaltungen. So sollen ab Ende Mai bestuhlte Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern erlaubt werden, ab Anfang August bis zu 500 Besuchern. „Theoretisch könnten Nachtlokale in einer eingeschränkten Art und Weise wieder aufsperren, aber ein bestuhlter Club wird wohl kaum funktionieren. So kann kein Betreiber kostendeckend arbeiten, darum warten viele ab“, sagt Brunner im Interview. Unklar sei derzeit auch noch die Ausweitung der Sperrstunde. Die Vienna Club Commission fordert daher eine Lösung, die den Club-Charakter erhalte und einen kostendeckenden Betrieb ermögliche.

Es werde ein hartes Comeback, meinen die Betreiber. Es wird wohl ein langer Weg, bis sich Diskokugeln wieder drehen und dazu Menschen im Beat der Musik bewegen.