Der 22. Mai ist der „Internationale Tag der biologischen Vielfalt“. Es ist eine Vielfalt, die immer mehr gefährdet ist, sagt Ulrike Tappeiner, Leiterin des Innbrucker Uni-Instituts für Ökologie. Laut Umweltbundesamt wird in Tirol jeden Tag eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld verbaut. „Besonders schlimm sind natürlich versiegelte Flächen. Umgekehrt ist auch interessant, dass in unseren Siedlungsräumen, insbesondere wenn viele Grünflächen da sind, wir eine recht große Artenvielfalt haben“, so die Wissenschafterin. Allerdings sind das oft importierte Pflanzenarten.
Auf den intensiv genutzten Wiesen in den Tallagen setzt dagegen Düngung und häufiges Mähen der Pflanzenvielfalt zu – mehr dazu in Vermehrt Beschwerden wegen Düngung. Maximal 30 bis 35 Pflanzenarten sind auf stark genutzten Wiesen zu finden. Wird weniger gedüngt, dann sind es schon fast doppelt so viele, so die Ökologin Ulrike Tappeiner. Schwinden bestimmte Pflanzenarten, dann hat das auch Folgen für Insekten und andere Tiere, weil Lebensraum oder das Futterangebot fehlt. Beim Gemüse- und Ackerbau sind durch das ständige Umpflügen auch Bodentiere massiv betroffen.
Gibt es weniger Insekten, schwindet das Vogelvorkommen
Kommt es zu einer Lücke in der Nahrungskette, dann können gleich viele Tierarten betroffen sein. Schwindende Pflanzenvielfalt hat auch in Tirol zu einem Rückgang bei den Insekten geführt. Und das hat wieder unmittelbare Auswirkungen auf die Vogelpopulation, erklärt Tappeiner: „Das hängt genau mit einer solchen Nahrungskette zusammen. Alle Vögel, selbst Körnerfresser, brauchen für die Aufzucht ihrer Jungen Insekten. Wenn sie keine Insekten mehr finden, dann funktioniert es auch mit der Aufzucht des Nachwuchses nicht mehr.“ In Österreich ist die Anzahl der heimischen Vogelarten in den vergangenen 20 Jahren um 42 Prozent zurückgegangen – mehr dazu in Uni warnt: Artenvielfalt stark bedroht.
Artenvielfalt nicht nur eine Frage der Naturschönheit
Heimische Ökologen betonen, dass die Artenvielfalt Basis für vieles ist, was die Natur den Menschen liefert. „Es geht nicht nur darum, dass die Wiesen weniger bunt sind, wenn die Blumenvielfalt schwindet“, sagt die Chefin des Innsbrucker Ökologie-Instituts. Biodiversität sei vielmehr notwendig für einen funktionierenden Kreislauf und wichtige Lebensgrundlagen. „Vielfach ist das etwas, das wir ganz automatisch konsumieren. Niemand denkt darüber nach, ob wir frisches, sauberes Wasser haben – zumindest nicht in Tirol“. Auch für die Luftqualität, die Verhinderung von Erosion oder die Klimaregulation sei ein funktionierendes Ökosystem notwendig.
Hier schließt sich auch der Kreis in der Landwirtschaft. Insekten wie Wildbienen oder auch die Honigbienen sind für die Bestäubung essentiell – mehr dazu in Ackerbau als Täter und Opfer. Auch das gehört laut Tappeiner zu den sogenannten „Ökosystemleistungen“. Das seien Leistungen der Natur, die ganz stark davon abhängen, „wie gesund und funktionell ein Ökosystem ist. Und das hängt wieder ganz stark ab von der Biodiversität“.