Bar Kitzloch in Ischgl, Paznaun
APA/JAKOB GRUBER
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Chronik

Ischgl: Zwischenbericht mit 1.000 Seiten

Der Polizeibericht zur Causa Ischgl umfasst 1.000 Seiten. Er sei sei sehr detailliert und umfangreich, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hansjörg Mayr am Dienstag der APA. LH Günther Platter (ÖVP) verwies bei einer Pressekonferenz hinsichtlich der Aufklärung auf die Expertenkommission.

In dieser Woche werde es jedenfalls wegen des Umfangs keine Entscheidung mehr über die allfällige Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens geben, so Mayr. Allenfalls könne die Polizei vorher noch mit weiteren Erhebungen beauftragt werden.

Indes schlossen sich laut dem Sprecher mit Stand Dienstagvormittag 321 Personen, die sich in Tiroler Skiorten mit dem Coronavirus angesteckt hatten, als Opfer dem Verfahren an.

Mehr als 5.000 Meldungen beim Verbraucherschutzverein

Beim Verbraucherschutzverein (VSV) meldeten sich bisher 5.380 Tirol-Urlauber. Davon kommen 65 Prozent, nämlich 3.680 Menschen, aus Deutschland, teilte VSV-Obmann Peter Kolba am Dienstag mit.

Auch aus nahezu jedem anderen europäischen Land sowie den USA, Israel, Russland, Singapur oder Hongkong würden Meldungen einlangen, so Kolba. „75 Prozent geben an, in Ischgl auf Urlaub gewesen zu sein. 73 Prozent wurden bei der Heimkehr positiv auf Corona getestet“, berichtete Kolba.

Restaurant Bar Kitzloch in Ischgl
zeitungsfoto.at

Die Masse sei danach in Heimquarantäne gekommen. „Aber 2,5 Prozent kamen ins Krankenhaus oder sogar auf die Intensivstation. Inzwischen sind auch 25 Tote zu beklagen“, erklärte der VSV-Obmann, der es als „ungeheuerlich“ bezeichnete, dass das Land Tirol und die Bundesregierung angesichts dieser Fakten jede Verantwortung ablehnen würden. „Wir werden alles tun, um diesen Fall von Verantwortungslosigkeit aufzuklären“, so Kolba.

Platter und Tilg verweisen auf U-Kommission

Nachdem das Nachrichtenmagazin „profil“ am Montag berichtet hatte, dass in den Ischgler Hotels, in denen die mit dem Coronavirus infizierten Isländer genächtigt hatten, kaum getestet wurde, verwies LH Günther Platter (ÖVP) bei einer Pressekonferenz hinsichtlich der Aufklärung auf die Expertenkommission. Die Landtagsparteien wollen die Zusammensetzung der Kommission bis Donnerstag finalisieren – mehr dazu in Causa Ischgl: Gremium bis Donnerstag.

Die Kommission soll nun über diese Vorgänge Bericht erstatten. „Ich will sehen, wo ist etwas gut gelaufen und wo ist etwas weniger gut gelaufen“, so Platter am Dienstag bei einer Videopressekonferenz des Landes. Es soll auch beleuchtet werden, ob es Unterschiede in der Handlungsweise zwischen den jeweiligen Bezirkshauptmannschaften gegeben habe.

Auch Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) verwies auf die Expertenkommission. Es sei nun wichtig, dass diese die Dinge untersucht werden. Das sei „gut und richtig so“. Alle Beteiligten hätten aber „nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, argumentierte Tilg.

FPÖ für Abtreten von Tilg und Katzgraber

Dass die Tiroler Behörden nicht sofort reagiert hätten, als sie Ende Februar vom Gesundheitsministerium über die Vorgänge in Ischgl informiert wurden, beweise aus Sicht von FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger das absolute Versagen der Tiroler Landesregierung. "Wann räumen Bernhard Tilg und Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber endlich ihre Plätze, nachdem was sie in den vergangenen Monaten alles angerichtet haben? Sie sollen endlich gehen und Verantwortung übernehmen, da braucht es keine Kommissionsberichte des Tiroler Landtages“, so Abwerzger.

Liste Fritz: Platter mit Bärendienst für Tourismus

LH Platter könne als oberster Touristiker seine Verantwortung nicht einfach vom Tisch wischen, so Markus Sint (Liste Fritz): „Wir fragen uns, wann er das erste Mal über die Informationen aus Island in Kenntnis gesetzt wurde und warum er nicht umgehend Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen eingeleitet hat“.

Mit Blick auf andere Länder sei auch zu diesem Zeitpunkt bereits klar gewesen, dass man das Corona-Virus nicht einfach ignorieren könne. Platter habe mit seinem Handeln dem Tiroler Tourismus einen Bärendienst erwiesen.

SPÖ: Platter auf „Verantwortungsflucht“

Platter und Tilg würden „weiterhin keine Behördenfehler“ sehen und sogar behaupten, dass Tirol während der Corona-Pandemie vorbildlicher Vorreiter gewesen sei – „trotz zahlreicher belegbarer Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen“, sagte dazu SPÖ-Landesparteichef Georg Dornauer. Tirol habe während der Pandemie nicht „den Ton angegeben“, wie Platter behauptet habe. „Bis zum 10. März hat Landeshauptmann Günther Platter nicht den Ton angegeben, sondern nach der Pfeife der Wirtschaftslobby im Land getanzt.“