Kläranlage
Georg Hochmuth/APA
Georg Hochmuth/APA
Wissenschaft

Abwassertests als CoV-Frühwarnsystem

Möglicherweise lassen sich Coronavirus-Hotspots in Zukunft durch Abwassertests aufspüren. Innsbrucker und Wiener Wissenschafter wiesen mit einer neuen Methode erstmals Bruchstücke des Erbguts des Coronavirus SARS-CoV-2 im Zulauf österreichischer Kläranlagen nach.

Sie erhoffen sich davon einen besseren Überblick über die Ausbreitung der Krankheit und den Verlauf der Pandemie, betonten die Forscher am Mittwoch in einer Aussendung.

Möglichst viele Anlagen müssten getestet werden

Heribert Insam vom Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck sagt, der Anspruch sei, dass man durch Abwassertests Coronavirus-Infektionswellen frühzeitig durch Abwassertests erkennen könne. Bis es soweit sei, würde es aber noch Monate dauern. Für ein derartiges Monitoring müsste eine größere Zahl von Abwasseranlagen getestet werden. Insam sprach hier von etwa 20 in Tirol und 200 in ganz Österreich.

IKB Kläranlage in der Rossau
Hermann Hammer
Für eine flächendeckende Testung sollten viele Anlagen beprobt werden

Forscher der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), der Medizinischen Universität Innsbruck, der Technischen Universität (TU) Wien und der Universität Innsbruck haben sich Anfang April zum Konsortium „Coron-A“ zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es herauszufinden, wie das Auftreten von SARS-CoV-2 in häuslichem Abwasser mit der Anzahl der Infektionen im Einzugsgebiet von Kläranlagen im Zusammenhang steht.

Virus über Stuhl ausgeschieden

Hintergrund ist, dass ein relevanter Teil der Infizierten, auch solche mit keinen oder nur milden Krankheitssymptomen, das Virus über den Stuhl ausscheidet. Bruchstücke des Viruserbguts sollten sich daher in Kläranlagen nachweisen lassen. Durch Analysen von Abwasserproben könnte man daher Rückschlüsse auf die Verbreitung der Infektionen in der Bevölkerung erlangen. Das wäre neben den herkömmlichen Tests von Nasen- und Rachenabstrichen ein zusätzliches Instrument für ein aussagekräftiges Breiten-Screening.

In Niederlanden früher Nachweis geglückt

Wie Rudolf Markt vom Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck weiß, ist in den Niederlanden der Nachweis von Coronaviren im Abwasser gelungen, noch bevor es erste positive Testergebnisse bei einzelnen Menschen gab.

Den Teams um Norbert Kreuzinger vom Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement der TU Wien und Heribert Insam vom Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck gelang es nun, das Erbmaterial von SARS-CoV-2 in Abwasserproben aus zwei Kläranlagen in Tirol und dem Großraum Wien nachzuweisen. „Wir verwenden dazu quantitative PCR-Tests, die uns nicht nur ermöglichen, geringste Spuren der viralen RNA zu entdecken, sondern auch Rückschlüsse auf die Zahl der Viruspartikel und in Folge auf das Ausmaß der Krankheitsausbreitung zu ziehen“, erklärte Insam gegenüber der APA. Die Wissenschafter betonen, dass nur Virus-Bruchstücke nachgewiesen werden und vom Abwasser keine Infektionsgefahr ausgeht.

Grobe Abschätzung über Virusverbreitung möglich

Mit den so erhobenen Daten könnte sich grob abschätzen lassen, wie viele Personen im Einzugsgebiet einer Kläranlage infiziert sind. Notwendig dafür sei zunächst ein großer Datensatz über die Anzahl der Infizierten in einem bestimmten Einzugsbereich, um zu den im Abwasser gemessenen Werten eine Beziehung herzustellen und so verlässliche Aussagen zu treffen, sagte Insam.

Regionale Hotspots könnten eher erkannt werden

Die Wissenschafter wollen nun weitere Untersuchungen über die Stabilität des Virenerbguts in Abwasserproben durchführen. Zudem sollen österreichweit Abwasserproben in unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Auflösung gesammelt und analysiert werden, um die Grundlagen für ein abwasserepidemiologisches Monitoring zu schaffen.

Sie erhoffen sich davon, ein regionales Wiederaufflammen der Epidemie frühzeitig zu erkennen und damit die Gesundheitsbehörden bei ihren Entscheidungen über Maßnahmen zu unterstützen. Ähnliche Methoden zum Nachweis von SARS-CoV-2 im Abwasser sind bereits in den Niederlanden und den USA in Erprobung.