Im Bild ein Neurochirurge der hinter einem Mikroskop einen mikrochirurgischen Eingriff vornimmt
APA
APA
Gesundheit

Verschobene OPs mit Folgen für Patienten

Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus sind auch in Tirol zahlreiche Operationen und Behandlungen in Krankenhäusern abgesagt oder verschoben worden. Experten warnen, dass wegen der Verschiebungen Patienten mitunter Folgeschäden drohen.

In Tirol lässt sich derzeit keine genau Zahl der verschobenen und abgesagten Operationen eruieren. In Krankenhäusern zeigt man sich auf Nachfrage mit konkreten Zahlen zurückhaltend. Um mehr Platz für Covid-Patienten zu schaffen, dürfte die Belegung aber im Schnitt auf ein Drittel reduziert worden sein. Für viele Patientinnen und Patienten bedeutet beispielsweise die Verschiebungen einer Hüft- oder Knieoperation längere Schmerzen. Mitunter können verschobene Behandlungen sogar Folgeschäden verursachen, warnen Mediziner.

Thrombose als mögliche Folge

„Folgeschäden sind, dass die (Anm. Patienten) eventuell eine Thrombose bekommen können oder auch muskulär abbauen“, so die Innsbrucker Ärztin Martina Handle. Außerdem sei es möglich, dass Patienten länger an den Folgen einer Operation leiden, wenn sie erst um einiges später operiert werden. Außerdem stelle sich die Frage, wie der Stau an anstehenden Behandlungen abgearbeitet werden soll. „Man muss ja bedenken, dass ich jetzt schon so eine lange Wartezeit habe. Wohin schiebe ich die Patienten überhaupt?“, fragt sich Handle.

Operation im Krankenhaus Nord
ORF
Bis in Krankenhäusern wieder Normalbetrieb herrscht, wird es noch dauern

„Ich bin mir sicher, dass jetzt einige Patienten daheim einen Herzinfarkt bekommen haben oder sogar verstorben sind. Was vielleicht verhindert werden hätte können“, zeichnet der Internist Kurt Moosburger ein noch dramatischeres Bild. Einige Erkrankten haben laut ihm Folgeschäden, auch weil Herzkatheteruntersuchungen abgesagt wurden. Laut ihm hätte in den Krankenhäusern der Shutdown nach Bedarf passieren müssen und nicht sofort auf 50 Prozent.

Rückgang bei Herzinfarktpatienten

„Wir haben in Österreich zwischen 25 und 40 Prozent weniger Meldungen von Herzinfarkten. Dasselbe Thema haben wir bei Schlaganfällen“, sagte Gesundheitsökonom Harald Stummer im Gespräch mit dem ORF Tirol. Das heißt, dass sich Personen mit leichten Schlaganfällen oder Herzinfarkten während der Coronakrise nicht im Krankenhaus behandeln lassen, so Stummer. Er geht davon aus, dass es in diesen Fällen langfristig zu Schädigungen kommen kann. „Sei es im Gedächtnis des Bewegungsapparats oder auch im Herz-Kreislauf-System.“

Beschwerden bei Tirols Patientenanwalt

Mit vielen Fragen nach abgesagten Behandlungen sieht sich auch Tirols Patientenanwalt Birger Rudisch konfrontiert. „Die bleiben schon häufig mit Unsicherheit und Unwissenheit zurück. Neben dem Leiden, das sie haben, ist das augenscheinlich das größte Problem“, sagt der Patientenanwalt. Laut Gesundheitsministerium sollen die Krankenhäuser in den nächsten Wochen und Monaten wieder schrittweise hochgefaren werden.

Orthopädische Eingriffe wieder möglich

Als ersten Schritt in Richtung Normalbetrieb in Krankenhäusern sollen in Tirol wieder orthopädische Eingriffe oder auch Operationen bei chronischen Beschwerden durchgeführt werden, wie das Land am Samstag mitgeteilt hat. Vor dem Eingriff müssen die Patienten einen Corona-Test machen, so sollen das Krankenhauspersonal und andere Patienten geschützt werden.

Gesundheitsökonom Harald Stummer

Details zur weiteren Vorgehensweise werden erst ausgearbeitet, dazu müssten auch Vorgaben des Bundes abgewartet werden, erklärte Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP). "Grundsätzlich werden vonseiten des Landes Empfehlungen an die Einrichtungen ausgesprochen. Es wird von uns ein Monitoring geben, auf Basis dessen wir rasch reagieren und proaktive Maßnahmen setzen können, wenn es die Situation erfordert“, so Tilg. Intensiv- und Beatmungseinheiten müssten aber weiterhin geschont werden. Die Beschränkungen für Besucherinnen und Besucher in Krankenhäusern sollen vorerst aufrecht bleiben.