International scheint das Interesse an Kunst nicht abzuflauen. Große Auktionshäuser wie etwa Sotheby’s punkten mit großen Namen. Pablo Picasso ist immer noch der meist gesuchte Künstler, knapp gefolgt vom britischen Superstar Banksy, der durch das Schreddern seiner Arbeit für Aufsehen gesorgt hat.
Eine Million Euro für eine Zeichnung
Aktuell wird bei Sotheby’s eine für Picasso eher untypische Zeichnung aus dem Jahr 1936 angeboten. Sie zeigt das Porträt seiner Geliebten Dora Maar. Der Erlös wird auf eine Summe zwischen 700.000 und einer Million Euro geschätzt.
Online Auktionen boomen
Das Wiener Dorotheum setzt schon seit Jahren auf Auktionen im Netz. Mit dem Kribbeln bei einer „echten“ Live-Auktion sei das nicht vergleichbar, und daher würde man nie ganz auf Online umstellen, sagt Doris Krumpl vom Dorotheum. Kunstinteressierte hätten jetzt viel Zeit, im Internet nach interessanten Angeboten zu stöbern. Seit März sei die Zahl der Neuregistrierungen im Dorotheum auffallend gestiegen.
„Nach der Schließung im März haben wir nicht gewusst, ob der Markt komplett zusammenbricht. Doch die beiden letzten Auktionen für Grafik und für Schmuck waren die besten, die wir je hatten“, so die Pressesprecherin.
Ausnahmsweise „nicht abgesagt“
In Wien haben sich 16 Galerien, darunter die renommierte Galerie Rosemarie Schwarzwälder zur ersten virtuellen Art Week zusammen geschlossen. Auf der Plattform „not cancelled“ wird eine Woche lang junge Kunst nicht nur präsentiert sondern auch verkauft.
In Tirol ist man da noch zögerlich. Stefanie Moser-Maier lässt ihre Galerie in Innsbruck auch nach Ostern geschlossen. Sie nützt die Zeit der Quarantäne zu Hause, um zwei Kataloge fertig zu stellen. Die Aura des Originals und die persönliche Begegnung seien entscheidend für das Geschäft.
„Ich glaube, derzeit interessieren sich die Menschen mehr für ihre Gesundheit“ glaubt Moser-Maier. „Wir schreiben unsere Kunden nicht proaktiv an, wie es einige Wiener Galerien tun. Man muss die Zeit jetzt einfach wirken lassen. Jeder muss aus diesem Stress erst einmal wieder herauskommen und das verdauen. Dann kann man mit neuer Kraft in die Zukunft gehen, und vielleicht suchen die Menschen danach wieder ein schönes Kunstwerk mit dem sie Freude haben.“
Kunst als Aktie?
Die Kunstmessen in Salzburg und Wien wurden abgesagt. Das entgangene Geschäft würde sie schon spüren, gibt die Galeristin zu. Doch sie setzt auf die traditionelle Vermittlungsarbeit abseits von virtuellen Showrooms. Vom spekulativen Kunstkauf hält sie nichts.
„Ich finde nicht, dass man Kunstwerke mit Aktien vergleichen sollte. Das zu behaupten ist für mich unseriös, denn man weiß ja nie, wie sich die Dinge entwickeln. Vor drei Monaten hätte auch niemand die Corona-Krise voraussagen können. Für mich ist der wichtigste Wert eines Kunstwerks die Freude, die man täglich damit hat.“
Bernd Kugler arbeitet seit dem Jahr 2005 mit anspruchsvoller zeitgenössischer Kunst. Er präsentiert seine Ware im Internet und ist auf internationalen Plattformen wie Daily Art Fair vertreten. Der Verkauf sei derzeit trotzdem mau, bedauert Kugler.
„Im Moment verkaufe ich absolut nichts. Aber die Kunst hat schon andere Krisen überstanden. Nach der Pest kam die Renaissance. Der Markt wird sich schon wieder erholen,“ gibt sich Kugler optimistisch.
Vielleicht ändert sich durch die Krise auch der Blick auf bestimmte Kunstwerke. Eine lange vor der Maskenpflicht geschaffene Arbeit von René Luckhardt könnte man als Variante interpretieren, Menschen mundtot zu machen.
Wer den richtigen Riecher hat, der könne mit Kunst auch Gewinne erzielen, ist Kugler überzeugt und bringt ein eigenes Beispiel. „Wir haben im Jahr 2005 mit dem deutschen Künstler André Butzer begonnen. Damals kosteten seine großformatigen Arbeiten 8.000 Euro. Heute werden die gleichen Arbeiten aus dieser Zeit um 100.000 Euro verkauft.“
Johann Widauer will seine Galerie in der Innsbrucker Erlerstraße nicht so bald wieder aufsperren. Hinter den Kulissen plant er die nächste Ausstellung mit dem in Berlin lebenden österreichischen Künstler Oliver Laric. Der Sammler glaubt an die Kraft der von ihm vertretenen Künstler wie Thomas Bayrle, Matt Mullican oder Peter Kogler. Von der virtuellen Vermittlung hält der 70-Jährige nichts.
Dem geübten Netzwerker geht es um persönliche Beziehungen. „Jetzt ist die Gefahr der Ansteckung noch zu groß, außerdem will ich keine Masken in der Ausstellung sehen. Nach der Krise wird es auch noch Sammler geben, die Kunst kaufen wollen. Dann muss ich eben die Konditionen etwas herunter schrauben,“ hofft Widauer.
Neue Kunden durch soziale Medien gewinnen
Ein virtueller Rundgang durch die farbenprächtige von Comics inspirierte Ausstellung des Südtiroler Malers Florin Kompatscher in der Innsbrucker Galerie Elisabeth und Klaus Thoman ist auf der Homepage möglich. Auch die Thomans versuchen in den sozialen Medien neue Kunden zu gewinnen. Die Durststrecke sei mit dem schrittweise Wiederaufsperren nach Ostern noch lange nicht überwunden, gibt Elisabeth Thoman offen zu. Dieser Stillstand habe sie total ausgebremst.
„Welcher Betrieb ist jetzt nicht in seiner Exitenz bedroht? Die Unsicherheit ist umfassend. Wir können frühestens im Juli wieder richtig loslegen. Wir dürfen ja jetzt keine Ausstellungen eröffnen. Das wird sich alles verschleppen. Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, müssen wir uns sehr anstrengen.“
Klocker Stiftung kauft um 115.000 Euro
Um freischaffende Tiroler Künstlerinnen und Künstler in ihrer prekären Situation zu unterstützen, hat die private Tiroler Klocker Stiftung Werke um 115.000 Euro angekauft. "Es war uns besonders wichtig“, betont Benedikt Erhard, Mitglied des Stiftungsvorstands, „dass Künstlerinnen und Künstler nicht zu Sozialhilfeempfänger*innen werden müssen, sondern auch in einer Krisensituation der Wert und die Notwendigkeit ihrer Arbeit gesellschaftlich anerkannt wird.“
Eine der angekauften Arbeiten stammt von dem international gefragten Tiroler Thomas Feuerstein. Der naturwissenschaftlich interessierte Künstler hat sich schon lange vor Corona mit Viren und Bakterien auseinandergesetzt und erfüllt seine Rolle als Seismograph der Gesellschaft.
Perspektivenwechsel
Bei einer anderen Arbeit spielt Feuerstein mit den Rückspiegeln von ausgedienten Mopeds. Man wird sehen, welche Veränderungen uns die Krise noch bescheren wird. Im Rückblick werden wir wohl manches anders betrachten.