Eigentlich gibt Richard Mayr aus Axams in der „Computeria“ Computerkurse für Senioren. Als der Tüftler im Internet eine gratis 3D-Druckvorlage für das Gesichtsschild fand, bastelte er einen Prototypen, fotografierte ihn und verschickte ein Rundmail.
Klinik bestellte große Menge
Seine Idee fand großen Anklang – auch die Innsbrucker Klinik hatte Interesse: „Die haben sich das Schutzschild genau angesehen und dann gleich 200 Stück bestellt. Mir war klar, dass ich das alleine nicht schaffe, da ich mit meinem eigenen Gerät nur fünf bis sechs Stück pro Tag produzieren kann“, erklärte Mayr. Er habe sich deshalb umgesehen, wer sonst noch 3D Drucker habe.
Helfer in allen Tiroler Bezirken
82 Privatpersonen und Firmen in ganz Tirol produzieren inzwischen mit ihren 3D-Druckern Plastikteile für die Schutzschilde zum Selbstkostenpreis. Im Raum Innsbruck sammelt sein Sohn dann die Einzelteile ein und liefert sie zuhause ab, erklärte Mayr, der schmunzelte, dass er jetzt wisse, was „Pensionsstress“ wirklich bedeute: „Gemeinsam mit meiner Frau füge ich die Teile dann zusammen – oft bis ein, zwei Uhr in der Früh“, so der Bastler.
Inzwischen habe er auch vereinzelt Partner in Kitzbühel und Kufstein, die dort die Teile von den Produzenten abholen, zusammenbauen und ausliefern. Es sei viel Arbeit, aber ungeheuer befriedigend, so viele positive Rückmeldungen von den Ärztinnen und Ärzten zu bekommen, die seine Gesichtsschutze verwenden.
Schüler produzieren selbst mit
Sieben 3D Drucker der HTL Fulpmes im Stubaital produzieren inzwischen ebenso, schilderte Lehrer Harald Falschlunger: „Da die Schule geschlossen ist, haben wir Lehrer die Drucker mit nach Hause genommen, wo wir Tag und Nacht drucken und die Bestandteile produzieren“, so der Lehrer. Viele Schüler mit eigenen 3D-Drucker liefern ebenso regelmäßig große Mengen an selbstgedruckten Stirnhalterungen für die Schutzschilde. Manche Schüler hätten bis zu vier eigene Geräte. Die Qualität der produzierten Teile sei hervorragend, so Falschlunger.
Mit der geschlossenen Schule sei ein wichtiger Ort der Kommunikation und des Zusammenarbeitens momentan nicht nutzbar, so Schuldirektor Martin Schmidt-Baldassari. Umso schöner sei es, dass Schüler und Lehrer jetzt über die Distanz an einem gemeinsamen Projekt arbeiteten. Die Initiative zeige auch, wie wichtig eine Entwicklung des Schulsystems in Richtung moderner Technologie sei und dass Absolventinnen und Absolventen auf dem neuesten Stand der Technik ausgebildet werden.
HTL Anichstraße schneidet Visiere zu
Die HTL Anichstraße in Innsbruck schneidet mit einem Lasercutter die transparenten Visiere zu, führte Lehrer Clemens Baumann aus: „Dass die Schulen einander helfen, ist wirklich schön. Dass unsere Teile in kritischen Bereichen Anwendung finden, wo Ärzte händeringend nach Schutzausrüstung verlangen, ist natürlich der größte Lohn“, so Baumann. Auch viele Innsbrucker HTL-Schüler hätten eigene 3D-Drucker zu Hause und werden in die Produktion eingebunden. Das sei eine willkommene Abwechslung vom oft eintönigen Unterricht zu Hause.
Medizinisches Personal bevorzugt
300 Gesichtsschilde konnten Mayr und sein Team bis jetzt ausliefern. Sie finden Verwendung bei Ärztinnen und Ärzten, in der Klinik oder in den Sozialsprengeln bei Alten- und Pflegeheimen. Viele weitere hundert sollen folgen, es gebe nämlich auch bereits verstärkt Anfragen aus dem Einzelhandel und von Banken.
Richard Mayr und seine Mitstreiter überlegen bereits fieberhaft, wie sie ihre Produktionszahlen noch weiter steigern können. Wer selbst einen 3D-Drucker besitzt und mithelfen will, ist eingeladen, sich per Email zu melden.