Gussofen Tiroler Rohre
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Wirtschaft

Tiroler Industrie produziert weiter

90 Prozent der Tiroler Industriebetriebe produzieren laut Industriellenvereinigung trotz der Krise weiter. Damit gehen sie konform mit dem Wirtschaftsexperten Christian Keuschnigg, der eine längere Schließung der Industriebetriebe als Gefahr für die wirtschaftliche Sicherheit des Landes sieht.

Die Guss- und Schmelzöfen bei der Tiroler Rohre GmbH in Hall glühen. 130 Leute sorgen in drei Schichten dafür, dass das Feuer nicht ausgeht. „Wir müssen nicht hackeln, wir dürfen hackeln", sagt Betriebsratsobmann Armin Eberl. „Die Leute wissen, die Firma braucht sie jetzt.“ Und zwar dringend. Eine Schließung über mehr als einen Monat wäre für den ganzen Betrieb existenzbedrohend, sagt Eigentümer Max Kloger.

Schmelzofen total Tiroler Rohre
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Tiroler Rohre GmbH: Der Ofen darf nicht ausgehen

Warum, erläutert Christian Keuschnigg, der das renommierte Wirtschaftspolitische Zentrum der Universität St. Gallen leitet: „Wenn Industriebetriebe schließen, gibt es ja keine Einnahmen mehr – aber die Kosten laufen weiter, vor allem die für die Arbeitnehmer. Da müsste der Staat riesige Ausgaben für Kurzarbeit tätigen, und das müssten wir alle dann über viele Jahre wieder zurückzahlen.“

„Stillstand kostet 21 Milliarden Euro pro Monat“

Ein totaler Stillstand der Industrie würde laut Keuschnigg pro Monat bis zu sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschlingen, in Österreich also rund 21 Milliarden Euro. Und das bedeute einen riesigen Wohlstandsverlust, so der Wirtschaftswissenschafter. Man müsse also alles tun, um einen solchen „Shut down“ so kurz wie möglich zu halten und langfristige Folgen wie Verschuldung, Insolvenzen und Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Christian Keuschnigg zu den Folgen eines „Shut-downs“

Christian Keuschnigg sagt, es gäbe sonst großen Finanzierungsbedarf aufgrund weiterlaufender Kosten aber ausfallender Erlöse

Die Quintessenz aus der aktuellen Krise sei es, sowohl auf die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten als auch auf die wirtschaftliche Sicherheit des Landes. Es gehe darum, unter Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen weiterzuarbeiten, sagt er. „So wie man in den Spitälern weiterarbeiten muss, ohne das Pflegepersonal einem übermäßigen Gesundheitsrisiko auszusetzen, wird man das in der Industrie auch tun können. Diesen Aufwand wird man tätigen müssen, um den Wohlstandsverlust in Grenzen zu halten.“

„Abstand, Abstand, Abstand!“

Bei der Tiroler Rohre GmbH wird der Zutritt zum Firmengelände streng kontrolliert, die Kantine ist geschlossen, der Großteil der Verwaltungsmitarbeiter arbeitet im Home-Office. Und Firmenchef und Betriebsratsobmann drehen täglich ihre Runden, um die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen zu überwachen. „Da heißts Flagge zeigen“, sagt Eberl, „und immer wieder predigen: Abstand, Abstand, Abstand.“

Werkshalle total Tiroler Rohre
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Auch in der Werkshalle wird auf Abstand geachtet

Jeder zweite Industriebetrieb schwer betroffen

Ähnliches wird auch aus anderen Unternehmen berichtet. In Tirol führen laut einer aktuellen Umfrage der Industriellenvereinigung rund 90 Prozent der Betriebe die Arbeit fort. Auch wenn Swarovski als Platzhirsch auf Notbetrieb heruntergefahren ist, produzieren die meisten der Unternehmen, die mehr als 1000 Menschen beschäftigen, weiter. Unter ihnen der Pharmaerzeuger Sandoz in Kundl, der Motorenhersteller Innio in Jenbach, der Schleifmittelerzeuger Tyrolit in Schwaz, das Holzwerk Egger in St. Johann oder die Planseewerke in Reutte. Gut die Hälfte der Unternehmen bezeichnet die Auslastung ihrer Produktion jedoch als schwach bis mäßig und gibt an, von der Krise wirtschaftlich schwer betroffen zu sein.

armin Eberl und Max Kloger
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Gemeinsam gegen die Krise: Betriebsratsobmann Armin Eberl (links) und Eigentümer Max Kloger von der Tiroler Rohre GmbH

Umsatzrückgang bis zu zwei Drittel

Max Kloger, der Eigentümer der Tiroler Rohre GmbH, beziffert den erwarteten Umsatzrückgang mit rund 35 Prozent. Sollte die Krise jedoch bis in den Frühsommer hinein andauern, befürchtet er, bis zu zwei Drittel seines Umsatzes einzubüßen. Aber auch diese düsteren Aussichten können den Kampfgeist des Betriebsratsobmanns nicht erschüttern. „Spätestens im Sommer wird’s in der Gießerei so heiß, dass wir das Virus ausrotten“, sagt Armin Eberl grimmig.