Blick auf Ischgl im Winter
zeitungsfoto.at
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Wissenschaft

Antikörper: Ischgler sollen getestet werden

Die MedUni Innsbruck startet Antikörpertests und will sich dabei auf Ischgl konzentrieren. Der Ort im Paznauntal war besonders früh und stark von Coronavirus-Infektionen betroffen. Experten vermuten, dass dort schon eine Art Herdenimmunität vorhanden sei.

Im Bezirk Landeck gibt es mehr Coronavirus-Infizierte als in jedem anderen Bezirk Österreichs. 615 Infizierte wurden bisher nachgewiesen, davon sind 160 wieder genesen. Speziell die Gemeinde Ischgl ist betroffen.

„In Ischgl rechnen wir damit, dass also viele Menschen auch Antikörper haben. Wir werden also schauen, wieviel Prozent der Bevölkerung antikörperpositiv sind, und werden das vergleichen mit der Zahl an Menschen, von denen man weiß, dass sie eine Infektion durchgemacht haben. Und so kann man auf die Dunkelziffer schließen, wieviel Prozent der Einwohner Ischgls die Infektion hatten, ohne es zu merken“, sagte Dorothee von Laer, Virologiechefin an der Med-Uni-Innsbruck.

Möglicherweise bereits Herdenimmunität in Ischgl

In vielen Fällen seien die Personen symptomlos oder fast symptomlos erkrankt, so von Laer. „Es gibt Schätzungen, dass 50 Prozent der Patienten asymptomatisch sind. Es gibt eine japanische Studie, die sagt, dass auf einen Symptomatischen neun Asymptomatische kommen. Also es würde mich nicht wundern, wenn wir da schon über 50 Prozent sind und vielleicht schon eine Art Herdenimmunität haben.“

Andreas Walser ist der praktische Arzt in Ischgl. Er arbeitet mit der Virologin zusammen und sagte: „Wir kennen solche Fälle, und die meisten werden bei uns nicht auftauchen, weil sie einen Tag Schnupfen haben oder zwei und sonst nichts.“

Tests in Ischgl sollen bald zur Anwendung kommen

Die Med-Uni verfügt über 2.000 neue Antikörpertests der Firma Euroimmun. 300 sollen möglichst ab nächster Woche in Ischgl zur Anwendung kommen. Man hofft auf die Zustimmung der Innsbrucker Ethikkommission diese Woche. Schon jetzt wird an der Virologie getestet, wie gut die Antikörpertests funktionieren, ob sie falsch positive oder falsch negative Ergebnisse liefern.

Durch die Studie mit den Daten aus Ischgl könnte man auch Hinweise auf die Coronavirus-Sterblichkeitsrate bekommen. Allerdings sagte Walser über Ischgl, dass es bisher zum Glück keinen Coronavirus-Todesfall gibt. „Wir haben sechs, sieben Leute im Krankenhaus, davon zwei ein bisserl ernster – sonst glauben wir, dass wir es ganz gut im Griff haben."

Bluthochdruckmittel mögliche Ursache für viele Todesfälle

Es gäbe viele Hypothesen, um die hohe Sterblichkeit in Oberitalien zu erklären, sagte Virologin von Laer. Eine dieser Annahmen sei die häufige Verwendung von ACE2-Hemmern als Bluthochdruckmittel in Italien.

Ab 70 Jahren leide mehr als Hälfte der Menschen an Bluthochdruck, so die Virologin. Es gebe die Hypothese, dass in Italien die Sterblichkeit deswegen so hoch ist, weil diese Sorte von Hochdruckmitteln öfter als bei uns gegeben wird. „Der Rezeptor für das Virus ist ja das ACE2. Und diese Hochdruckmittel können bewirken, dass dieser Rezeptor hochreguliert wird und dass man dadurch noch empfänglicher wird für das Virus.“

Kardiologen warnen vor Absetzung der Medikamente

Wie die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) in einer Aussendung betonte, wolle man sich nicht an öffentlichen Spekulationen beteiligen, da das nur zu einer weiteren Verunsicherung vieler Patienten mit Bluthochdruck und Herzinsuffizienz führte. „ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker werden sehr häufig und wirksam bei diesen Erkrankungen eingesetzt. Ein Absetzen der Medikamente oder ein Wechsel auf andere Präparate sollte wegen des Risikos eines akuten Herzinfarktes oder Schlaganfalls unbedingt vermieden werden“, hieß es weiter.

Auch die Ischgler sollen weiter zu Hause bleiben

Walser machte darauf aufmerksam, dass die Infektionswelle auch in Ischgl nicht ausgestanden sei. Die Ischgler sollten möglichst zu Hause bleiben – wie überhaupt alle in Österreich.