Brennende Kerze, Sujet Trauer
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Soziales

Trauern in Zeiten der Isolation

Aufgrund der Corona-Krise können viele Menschen ihre sterbenden Angehörigen derzeit nicht oder nur sehr eingeschränkt besuchen und sich auch danach nicht richtig verabschieden. Es gibt aber Wege der Trauer.

Die wichtigen Rituale des Trauerns sind derzeit nur stark eingeschränkt lebbar. Das gilt sowohl für die Begleitung eines sterbenden Menschen, etwa durch Besuche in einem Krankenhaus oder Hospiz, als auch für die Zeit danach – beim Abschiednehmen am Grab oder mit der Trauergemeinde.

Keine Gottesdienste, Aufbahrungen oder Weihwasser

Auch die Tiroler Bestatter passen sich an: Bei Sterbefällen erfolgt der Kontakt über das Telefon. Im Umgang mit den Toten gibt es Einschränkungen – Aufbahrungen sind nicht mehr erlaubt, ebensowenig wie Begräbnisgottesdienste und Rosenkränze, Weihwasser oder Kondolenzbücher. Die Diözese Innsbruck rät zu digitalen Kondolenzbüchern und gibt Hilfestellungen für Trauerarbeit, wenn die Teilnahme an einem Begräbnis nicht möglich ist.

Engste Angehörige dürfen derzeit trotz der Ausgangsbeschränkung im kleinen Kreis an Begräbnissen teilnehmen. Es gilt aber auch hier, den Sicherheitsabstand einzuhalten – Händeschütteln oder Umarmungen müssen unterbleiben. Einige Bestatter bieten deshalb bereits Livestreams über das Internet an, damit Trauernde Abschied nehmen können. Ein Verschieben einer Urnenbestattung auf die Zeit nach der Coronavirus-Krise birgt nämlich das Risiko von Engpässen in Kirchen, auf Friedhöfen und beim Bestattungspersonal. Bei Erdbestattung ist überhaupt keine Verschiebung möglich.

Das fehlende Abschiedsritual

Sterbende Angehörige zu besuchen ist derzeit noch eingeschränkt möglich, wurde durch die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen aber deutlich erschwert. Auch auf der Hospiz- und Pallativstation in Hall sei es derzeit sehr ruhig ohne die Angehörigen, berichtete Maria Streli-Wolf von der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft.

Dabei beginne das Trauern normalerweise mit dem Verabschieden. „Es ist ein erster, wichtiger Schritt, die Verstorbene oder den Verstorbenen noch ein letztes Mal anzugreifen um dadurch den Tod sprichwörtlich begreifbar zu machen“, so die Expertin. Ist dieser letzte Kontakt nicht mehr möglich, erschwert das die Trauerarbeit.

Hospizbetreuung, Hände aufeinander
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Den Tod durch Körperkontakt erfassen – derzeit oft nicht möglich

Trauerbegleitung am Telefon

Aus Angst vor Kontakten mit der Außenwelt würden derzeit weniger Menschen das mobile Pallativteam der Tiroler Hospizgemeinschaft anfordern, das eine Begleitung im eigenen Zuhause ermöglicht, berichtete Maria Streli-Wolf. Der Service bestehe aber weiterhin – natürlich mit den notwendigen Schutzmaßnahmen.

Trauerbegleitung durch die Tiroler Hospiz-Gemeinschaft:

+43 (0)676 – 88 188 – 500

Zusätzlich sind die sieben Trauerbegleiterinnen der Hospiz-Gemeinschaft über Telefon oder Videogespräche erreichbar – egal, ob die oder der geliebte Angehörige im Hospiz oder woanders verstorben ist, oder ob der Todesfall auch schon Jahre zurückliegt: „Gerade wenn man alleine zu Hause sitzt und vielleicht nicht die Möglichkeit hatte, sich zu verabschieden, tut es gut, darüber sprechen zu können und so die Gefühle zu lösen“, erklärte Streli-Wolf.

Das eigene Leid in Worte fassen

Ein Telefongespräch mit ihr als Trauerbegleiterin beginne mit der Frage „Was bedrückt Sie?“ – mehr sei oft nicht nötig, um Menschen ein Ventil zu bieten, ihren Schmerz endlich auszusprechen, so die Expertin. Es sei wichtig, nicht mit Ratschlägen zu beginnen, sondern zuzuhören, während Trauernde sich ihren Kummer von der Seele reden.

Rückmeldungen würden zeigen, wie wertvoll diese Gespräche sein können, so Streli-Wolf. Die jahrelange Erfahrung der Tiroler Hospizgemeinschaft helfe, Dinge einzuordnen, nach Möglichkeit Wege aufzuzeigen und Menschen so aus der Krise zu führen und zu stützen.

Eine Frau telefoniert am Handy im Homeoffice
APA/BARBARA GINDL
Einfühlsame Trauerbegleitung kann auch am Telefon stattfinden

Gesprächstermine werden ausgeweitet

„Wenn ein Mensch stirbt, ist es wichtig, innezuhalten und sich zu erinnern. Wollen wir das in der Gemeinschaft tun, haben wir momentan eben oft nur die digitalen Möglichkeiten“, so die Expertin. Später, nach der Quarantäne, könne man dann aber zusätzlich ein Treffen planen, um gemeinsam ein Trauerritual zu gestalten.

Derzeit führen die Beraterinnen drei aufeinanderfolgende kostenlose Telefongespräche mit Betroffenen, im Abstand von etwa einem Monat. Wegen der momentanen Ausnahmesituation habe man als Hospizgemeinschaft aber beschlossen, auch vier bis fünf Beratungsgespräche pro Person zu bewilligen.