GRW Kappl im Winter
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Chronik

Paznaun: An vorderster Front alleingelassen

Seit einer Woche ist das Paznauntal bereits unter Quarantäne. Wegen positiver Coronavirus-Fälle mussten auch dort bereits Arztpraxen schließen. Für die verbliebenen Allgemeinmediziner ist es eine schwierige Situation, sie fühlen sich von den Behörden alleingelassen.

Es herrsche derzeit stabiles Chaos. So beschreibt Allgemeinmediziner Florian Jehle aus Kappl die Situation im Paznauntal. Mittlerweile sei Ruhe im Tal eingekehrt, die Menschen würden sich großteils an die Ausgangsbeschränkungen halten, wenn er zu Patientenbesuchen ausrücke, seien die Straßen meist menschenleer.

Trotzdem seien viele Menschen verunsichert. Immer wieder würden sich Urlaubsgäste bei ihren vormaligen Vermieterinnen und Vermietern melden und ihnen Bescheid geben, dass sie positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Das verunsichere die Einheimischen, so Jehle.

Behandlung im Krankenhaus wird vermieden

Er und seine Arztkollegen im Tal würden versuchen, möglichst alle Patientinnen und Patienten im Tal zu behandeln. Gerade bei den älteren Betroffenen sei das wichtig, sie hätten Angst vor dem Besucherverbot im Krankenhaus – mehr dazu in Noch ausreichend Kapazitäten an Klinik. Nicht immer sei das aber möglich, es gebe auch schwere Fälle im Paznauntal. Soweit er wisse, sei eine Person auf einer Intensivstation und werde dort beatmet, sagte Jehle. Bei vielen anderen, auch jüngeren Menschen, gebe es typische Verläufe mit klassischen Symptomen, aber auch Lungenentzündungen. Der Großteil könne aber an Ort und Stelle betreut und zu Hause behandelt werden.

Florian Jehle, Allgemeinmediziner Kappl
privat/Florian Jehle
Florian Jehle in seiner Praxis

Wenig Infos für Hausärzte

Für den Arzt sind die Bedingungen im Paznauntal derzeit alles andere als einfach. Vergangene Woche etwa habe es keine Lieferungen von Schutzkleidung oder Desinfektionsmitteln gegeben. Er habe alles Notwendige aus dem eigenen Lager beziehen müssen, so Jehle. Auch bei Medikamenten habe es Lieferschwierigkeiten gegeben. Von den Behörden und der Regierung fühle er sich alleingelassen.

Die Allgemeinärzte würden an vorderster Front stehen und alles dazu beitragen, um die Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Sie seien aber nicht informiert worden, bis dato habe weder die Landessanitätsdirektion noch eine andere Behörde bei ihm nachgefragt und wissen wollen, ob alles funktioniere und wie die weitere Vorgangsweise sei. Mittlerweile habe sich die Ärztekammer zwar gemeldet, aber seiner Meinung nach viel zu spät, sagte Jehle.

Nach Krise viel Verbesserungsbedarf

Jehle ist optimistisch, dass der Notbetrieb in seiner Praxis in den nächsten Wochen so weiterlaufen kann. In der Zukunft hofft er, dass die Hausärzte in Entscheidungen miteinbezogen oder zumindest informiert werden. Sie müssten auch entsprechende Ausrüstung erhalten, forderte er. Die Hausärzte seien schließlich der erste Ansprechpartner bei vielen Problemen, besonders während der Ausgangssperren.