Wirtschaft

Roboter als Handlanger des Menschen

In der Tiroler Industrie werden zunehmend Roboter für automatisierte Produktionsabläufe eingesetzt. Die Nachfrage nach entsprechenden Lösungen steigt rasant. Kritiker befürchten, dass diese Entwicklung tausenden Menschen ihre Arbeitsplätze kosten könnte. In der Tiroler Industrie sieht man das anders.

Es gehe nicht darum, Menschen durch Maschinen zu ersetzen, sondern die Arbeitskräfte bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Darin ist sich der Leiter des Institutes für Robotik, Produktion und Automatisierung am MCI, Benjamin Massow ganz sicher.

Monotonie für den Roboter

Menschen können natürlich monotone Arbeiten auch stundenlang durchführen, betonte Massow bei einem Besuch des ORF Tirol beim Institut für Robotik. „Die Frage ist doch, wer will das noch? Die Arbeitsbilder werden sich ändern. Monotone, körperlich anstrengende oder gefährliche Tätigkeiten können durch Roboter ersetzt werden, “ ist Massow überzeugt. „Für die komplexen, hochwertigeren Tätigkeiten braucht es aber auch langfristig die Menschen.“

Industrie-Roboter
ORF
Moderne Industrie-Roboter werden inzwischen in vielen Arbeitsfeldern eingesetzt, im Hintergrund schaltet aber immer noch der Mensch

Nachfrage in der Industrie steigt

Das Interesse für Produktionen mit Robotern und automatisierten Abläufen nehme bei den Tiroler Unternehmen deutlich zu, erklärte Isabella Doppler, die bei der Industriellenvereinigung (IV)für Innovationsprojekte zuständig ist. Aus diesem Grund haben MCI und IV vor zwei Jahren das Institut für Robotik, Produktion und Automatisierung gegründet. Hier kommen alle zusammen: Studierende, Vertreter der Tiroler Unternehmen und jene hochspezialisierten Firmen, die Roboter herstellen und weiterentwickeln. In der MCI Außenstelle im Gebäude der ehemaligen Hauptpost in Innsbruck, sind auch einige der modernen Roboter ausgestellt. So können Interessierte sich selbst ein Bild machen.

Branche mit gigantischen Zuwächsen

Firmen, die komplette Lösungen für automatisierte Produktionsabläufe individuell anbieten, können sich vor Anfragen kaum retten. „Was wir mitbekommen, ist der Bedarf riesig,“ sagte der Geschäftsführer von ETEC in Stans im Unterland, Andreas Amplatz. „Wir haben jährliche Wachstumsraten von 30 bis 50 Prozent.“ Dass die Robotik den Menschen die Arbeit wegnimmt, glaubte auch er im Gespräch nicht. Gefragt seien komplette Lösungen, die mit Hilfe von hochmodernen Maschinen und gut ausgebildeten Fachkräften die Produktion eines Unternehmens steigern.

Am Robotics Day können auch Industrieroboter bedient werden
Joanna Pianka
Industrie-Roboter sollen vor allem bei immer gleichbleibenden, monotonen Arbeiten eingesetzt werden

Die Arbeitsmaschine im Check

Aus Sicht von Arbeitgebern haben Roboter natürlich Vorteile. Sie müssen nicht aufs WC, brauchen keine Rauchpausen und vergeuden nicht wertvolle Arbeitszeit bei einem Plausch in den Gängen. Ganz so unfehlbar sind sie aber auch wieder nicht. Nicht nur Menschen, sondern auch Maschinen können sich einen Virus einfangen, sie brauchen regelmäßige Gesundheitschecks in Form von Wartungen, liegen bei einem Stromausfall brach und ja – Maschinen können sogar streiken, wie alle wissen, die sich mit ihnen beschäftigen. Insofern haben Mensch und Maschine durchaus ähnliche Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt. Bis sich künstliche Intelligenz freilich bei der Gewerkschaft beschwert und die Einhaltung von Arbeitszeiten einmahnt, wird es wohl noch eine Weile dauern.

Menschen haben die Nase vorn

Bei Tyrolit in Schwaz werden bereits Roboter eingesetzt. „Allerdings in einem kleinen Ausmaß,“ erklärte der Programmierer Andreas Hofmann. „Wir testen das derzeit zum Beispiel bei der Verpackung. Den Großteil der Arbeit erledigen aber nach wie Menschen und das wird sich wohl auch in absehbarer Zeit nicht ändern.“ Interessant seien nur Lösungen, die Mensch und Roboter zusammenarbeiten lassen, unterstrich auch er die Einschätzung seiner Kolleginnen und Kollegen in der Industrie.

Robo als Handlanger des Menschen

Dass Roboter völlig selbständig auch komplexe Arbeitsabläufe erkennen und sie ohne die Hilfe des Menschen ausführen, so weit sei die künstliche Intelligenz noch nicht, sagte der Geschäftsführer von Liebherr in Telfs, Alfred Weithaler. „Bei uns gibt es kaum monotone Arbeiten, sondern vielschichtige Abläufe. Wir brauchen die Maschinen zur Unterstützung des Menschen, nicht dafür, sie zu ersetzen.“ Schmunzelnd fügte er an: „In meiner Jugend schleppte ich für meinen Vater die Fliessen an, der sie dann als Fachmann korrekt verlegte. Heute wäre der Roboter dieser Handlanger.“

Weithaler kennt die Befürchtungen, dass Maschinen den Menschen die Arbeitsplätze wegnehmen. „Dieses Problem stellt sich bei uns gar nicht,“ sagte er. „Wer will heute denn noch in einer Nachtschicht arbeiten? Da bekommen wir gar keine Arbeitskräfte mehr.“ Eine dritte Schicht in der Nacht, die zu einem Großteil von Maschinen erledigt werden könnte, würde die Produktion eines Unternehmens erheblich erhöhen, sinnierte der Firmenchef von Liebherr. Außerdem wäre das Unternehmen deutlich flexibler, wenn volle Auftragsbücher abgearbeitet werden könnten und die Produktion in ruhigeren Zeiten wieder zurückgefahren werden könnte.

Sicherheit als große Herausforderung

Es geht aber nicht nur darum, dass der Roboter schwere oder belastende Arbeiten zur Unterstützung des Menschen übernehmen kann. Hochspezialisierte Firmen feilen an Sensorik und Feinmechanik. Damit der Roboterarm zwar das massge Metallteil anhebt, aber nicht den Menschen packt, der unmittelbar daneben steht. Das muss er unterscheiden können. Auch hier ist die Entwicklung für den täglichen Betrieb in den Unternehmen rasant.

Roboter
Forschungsroboter der Universität Innsbruck, Institut für Informatik
Feinmechanik und Sensorik spielen bei modernen Industrie-Robotern eine große Rolle. Etwa bei diesem Forschungsroboter der Universität Innsbruck, Institut für Informatik

Das Arbeitsbild im Wandel

Man brauche kein Mechatronik-Studium, um einen Roboter zu bedienen, erklärte Benjamin Massow vom MCI. „Aber sehr wohl eine sorgfältige Einschulung auf die Geräte und eine ständige Aus- und Weiterbildung.“ Dem stimmte Liebherr-Geschäftsführer Alfred Weithaler zu. „Wir brauchen natürlich die hochspezialisierten Entwickler und Programmierer. Aber wir brauchen auch motivierte Facharbeiter direkt in den Werkshallen.“ Deshalb wollen die Industriebetriebe zunehmend ihre Lehrlinge selbst ausbilden. Es gibt völlig neue und interessante Lehrberufe, die gerade die ganz Jungen ansprechen, fügte er hinzu. Das Arbeitsbild werde sich ändern, waren sich alle einig. Aber nicht zum Schlechteren, ganz im Gegenteil.