Abgeschossener Hirsch im Schnee
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Chronik

Land will Gatterabschüsse verbieten

In Tirol werde es „keine derartigen Gatterabschüsse mehr geben“, das hat LH-Stv. Josef Geisler (ÖVP) am Dienstag wissen lassen. Grund ist der umstrittene Massenabschuss von Rotwild in einem Jagdgatter in Kaisers. Die Methoden, die am Sonntag angewendet wurden, seien „nicht mehr zeitgemäß“.

Es werde zwar auch in Zukunft notwendig sein, zur TBC-Bekämpfung Rotwild zu regulieren, meinte der zuständige Landesrat, aber „so etwas wie in Kaisers wird in Tirol nie wieder vorkommen“.

Tiroler Jägerverband distanziert sich

Der Massenabschuss von 33 Stück Rotwild in einem Jagdgatter in Kaisers im Lechtal sorgt mittlerweile tirolweit für Empörung. Besonders groß ist die Betroffenheit in der Gemeinde Kaisers. Beim Tiroler Jägerverband hieß es, man distanziere sich „vorbehaltlos von solchen Maßnahmen“.

Angeordnet wurde der Massenabschuss von der Landesveterinärdirektion, da die TBC-Infektionsrate im Bezirk Reutte deutlich über dem Durchschnitt liege und die Jäger die Abschussquote nicht erfüllen konnten. Rotwild sei besonders intelligent und reagiere sensibel auf Jagddruck, so Landesjägermeister Anton Larcher. Im Gegensatz zum Rehwild, das als Einzelgänger lebt, ist das Rotwild ein Rudeltier, das Informationen weitergibt. „Die merken sich das. Ein Knall, und dann fehlt einer. Deshalb sollte man nie in ein Rudel hineinschießen. Auch die Bergung des Wildstückes sollen sie nicht mitbekommen, weil sie sich das merken.“

Mehrere tote Rehe und Hirsche, blutiger Schnee
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Larcher: „Hier ist Panik ausgebrochen“

Der Landesjägermeister will sich am Dienstag am Schauplatz selbst ein Bild von der Aktion machen. Es habe geheißen, dass man mit Schalldämpfern dafür sorgen wolle, dass unter den Tieren keine Panik ausbrechen wird. „Wenn ich Zaunlatten voller Blut sehe, dann ist hier Panik ausgebrochen“, so Larcher. Es gebe für dieses Reduktionsgatter einen klaren Bescheid und Auflagen, so Larcher: „Ich habe den Eindruck, dass diese Auflagen nicht eingehalten worden sind. Und dann wird der Tiroler Jägerverband aktiv.“ Larcher geht nicht davon aus, dass Tiroler Jägerinnen und Jäger aktiv in diese Aktion involviert waren. Sollte sich das Gegenteil herausstellen, sei dies ein Fall für die Disziplinarkommission. Anzeigen wegen Tierquälerei seien hier mehr als gerechtfertigt.

Entsetzen in der Bevölkerung

In Kaisers ist die Betroffenheit unter den Bewohnern groß. „Erschreckend ist, wie sie getötet wurden. Dass sie panisch 45 Minuten herumgesprungen sind und gegen die Zäune gelaufen sind, sodass es sie zerfetzt hat. Was ist ‚nicht schonend‘, wenn so etwas ‚schonend‘ ist?“, fragte eine aufgebrachte Gemeindebürgerin.

Martin Moosbrugger, Jäger aus Steeg, erzählte, dass 45 Minuten lang auf das Rotwild geschossen wurde. „Dann sind der Hegemeister, der Bürgermeister und ich hinein. Zuerst wollten sie es uns verwehren, dann sind wir aber hineingekommen. Ein Kalb hat noch gelebt, das hat der Bürgermeister gefilmt. 17 Stück sind im Eck drinnen gelegen, ein Tier hat sich den ganzen Äser (Maul, Anm.) weggerissen, als es ins Gatter gesprungen ist. Ein Tier hat fast keine Haare mehr gehabt, weil alle draufgetrampelt sind. Sie haben 45 Minuten lang ein Massaker aufgeführt, das ist nicht tierschutzgerecht.“

Tierschutzombudsmann prüft Abschüsse

Martin Janovsky, Tierschutzombudsmann des Landes, sagte im Gespräch mit ORF Tirol, das seien Bilder, die niemand sehen wolle. Es handle sich aber um angeordnete Abschüsse zur Seuchenbekämpfung. Seines Wissens sei die Gatterjagd entsprechend vorbereitet gewesen. Er werde sich aber anschauen, ob der Abschuss wie geplant möglichst schnell erfolgt ist. Zum einen anhand der Bilder, zum anderen werden die Kadaver veterinärbehördlich untersucht. „Da kann man dann aufgrund der Treffpunktlage sehr gut beurteilen, wie viele Tiere unmittelbar tödlich getroffen worden sind.“

Ein Faktor bei der Überlegung sei, wie schnell und effizient Tiere getötet werden können, wenn es nötig ist. „Da ist es natürlich im Gatter leichter, auf kürzere Distanz, mit Schalldämpfer in der Nacht ganz gezielt tödliche Schüsse anzubringen. Im normalen Jagdbetrieb gibt es ja auch nicht immer sofort tödliche Schüsse“, so Janovsky.

Wildgatter
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In diesem Jagdgatter wurden die 33 Tiere abgeschossen

Rücktrittsforderung von FPÖ

Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger und der Außerferner FPÖ-Bezirksobmann Fabian Walch sprachen in diesem Zusammenhang von der Hinrichtung von 33 Stück Rotwild. Abwerzger kündigte zudem an, im Landtag eine schriftliche Anfrage an den für Jagd zuständigen Landesrat Geisler einbringen zu wollen, „warum dieser Massenmord und das unfachmännische Vorgehen an diesen Tieren gestattet wurde, die teilweise 45 Minuten leiden mussten“. Zudem forderte er den Rücktritt des Landesveterinärdirektors Josef Kössler.