Serfaus
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Chronik

Vom armen Bergdorf zur Tourismushochburg

Vor 800 Jahren ist die Gemeinde Serfaus erstmals in einer Urkunde erwähnt worden. Im Jubiläumsjahr blickt der Ort auch auf viele karge Jahrzehnte zurück. Erst der Tourismus brachte Serfaus den Wohlstand und mittlerweile über eine Million Nächtigungen pro Jahr.

Vor knapp 100 Jahren war die Welt in Serfaus eine andere. Jobmöglichkeiten waren in dem Bergdorf selten, viele Menschen waren gezwungen, in die Bezirkshauptstadt Landeck auszuwandern. Zahlreiche Serfauser Männer sahen das Schmuggeln als einzige Chance, um ihre Familien zu versorgen.

Über die Berge machten sich die meist jungen, mutigen Männer auf in das nahe, zollfreie Samnaun in der Schweiz. Dort kauften sie Kaffee, Schokolade und Zucker ein und transportieren die Waren im Rucksack nach Südtirol. Diese tauschten sie dort gegen Wein, Speck und andere Lebensmittel des Alltages, berichtete Thomas Purtscher, einer der Ortschronisten.

Schmuggeln als Ausweg

Einige der ehemaligen Schmuggler stellten für die Dorfchronik die Schmugglerroute noch einmal nach.

Ein Dorf half zusammen

Alle Dorfbewohner halfen in dieser schwierigen Zwischenkriegszeit zusammen, das zeigen die Überlieferungen von damals. Eine Hüttenwirtin hängte zum Beispiel ein großes, weißes Leintuch aus dem Fenster, wenn die Luft für die Schmuggler rein war. So konnten sie den Strafen entgehen. Die letzten Schmuggler in Serfaus starben vor einigen Jahren. Mit einer Ausstellung in der Serfauser-U-Bahn wird an die Geschichte des Ortes erinnert.

In relativ kurzer Zeit veränderte sich Serfaus stark. Vor gut 100 Jahren mussten viele Familien noch ihre Kinder den Sommer über zum Arbeiten in das Schwabenland schicken. „Heute kommen Kinder aus England, Russland und der ganzen Welt zum Urlauben nach Serfaus, es ist eine immense Entwicklung vor sich gegangen“, berichtete Purtscher.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Die ersten Lifte in Serfaus
Gemeindearchiv Serfaus
Aufnahmen aus den 1950er Jahren
Anfänge der Serfauser Pisten
Gemeindearchiv Serfaus
Skitourengeher in Serfaus
Gemeindearchiv Serfaus
Anfänge der Serfauser Pisten
Gemeindearchiv Serfaus
Serfaus in den 50er Jahren
Gemeindearchiv Serfaus
Anfänge der Serfauser Pisten
Gemeindearchiv Serfaus
Skifahrer in den 50er Jahren in Serfaus
Gemeindearchiv Serfaus

Schmuggler-Route wurde zu Skipiste

Heute fahren im Winter über die ehemalige Schmuggler-Route tausende Skifahrer täglich. Bereits in den 1950er Jahren hat Serfaus den ersten Lift gebaut. Das lockte schon damals viele Gäste in die Region Oberes Gericht. Serfaus und die Partnergemeinden Fiss und Ladis waren auch unter den ersten Skigebieten, die auf Familien als Gäste setzten. Dieses Konzept ist aufgegangen, 2019 erzielte Serfaus gut 1,3 Millionen Nächtigungen und das bei nur 1.100 Einwohnern.

Skifahrer warten auf Bahn
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An den Wänden der U-Bahn-Station im Zentrum von Serfaus ist eine Dauerausstellung zur Geschichte des Ortes eingerichtet

Der Tourismus brachte den Wohlstand, ist Bürgermeister Paul Greiter überzeugt. Zu Beginn war der Tourismus in den 1920ern für die Bauern in der Gegend ein Nebenerwerb. Die positive Gesinnung zum Tourismus habe sich seitdem gehalten. Auch im Sommertourismus konnte sich Serfaus einen Namen machen und hier eine gute Auslastung verbuchen. Der Tourismus ist nach wie vor das einzige Standbein der Gemeinde, eine Alternative sieht Bürgermeister Paul Greiter nicht.

800 Jahre Serfaus – oder mehr?

Das 800-Jahr-Jubiläum schafft bei den Einheimischen auch Verwirrung. Die Wallfahrtskirche im Ort wurde nämlich schon vor einiger Zeit für über 1.500 Jahre Bestehen gefeiert. Das neuerliche Jubiläum sorgte deshalb bei vielen „Fausern“ für Ratlosigkeit. In das Jubiläum wurden nicht zuletzt deshalb auch Historikerinnen und Historiker eingebunden, um hier für Klarheit zu sorgen.

Wallfahrtskirche Serfaus
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Das Alter der Serfauser Wallfahrtskirche sorgte für Verwirrung

Gefeiert werde bei diesem Jubiläum, dass das Wort Serfaus vor 800 Jahren zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt wurde. Das heiße nicht, dass Serfaus erst vor 800 Jahren gegründet wurde, die Gemeinde sei deutlich älter, erklärte Historikerin Maria Heidegger. Es gebe schon Funde aus der Bronzezeit in Serfaus. Es sei wissenschaftlich bewiesen, dass Serfaus zu den ältesten Siedlungen im Oberen Gericht gehört.

GRW Serfaus
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Der Ort müsse auch für Einheimische attraktiv bleiben, das sei eine der Herausforderungen für die Gemeinde, erklärte der Bürgermeister

Bereitmachen für die Zukunft

Im Jubiläumsjahr soll nicht nur zurückgeschaut, sondern auch an der Zukunft gearbeitet werden. Denn wie viele andere Gemeinden muss auch Serfaus eine Lösung finden, um junge Menschen im Ort zu halten. Jobs für hochqualifizierte, junge Menschen gebe es im Tourismus nur begrenzt, das sei eine Herausforderung, berichtete Bürgermeister Paul Greiter.

Gleichzeitig müsse die Gemeinde darauf achten, dass die Lebensqualität in Serfaus auch für die Einheimischen hoch bleibe und eine gute Wirtschaftslage geboten werde, so Greiter. Deshalb wurde mit dem Jubiläum auch ein Dorferneuerungsprozess gestartet. In Absprache mit den Einheimischen soll so für mehr Lebensqualität in den nächsten Jahren gesorgt werden. Im Jubiläumsjahr sind auch zahlreiche Feiern geplant – auch dabei sollen Vereine und Einheimische eingebunden werden.