Großer Andrang im Gerichtssaal
LIEBL Daniel | zeitungsfoto.at
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Sport

Doping-Urteile werfen Fragen zu ÖSV auf

Nach der Doping-Razzia in Seefeld vergangenes Jahr sind am Montag Ex-Langläufer Johannes Dürr und sein ehemaliger Trainer verurteilt worden. Deren Aussagen während des Prozesses werfen erneut die Frage auf, ob der ÖSV vom Doping gewusst hat.

Der ehemalige Trainer von Johannes Dürr gab am Montag vor Gericht zu, dass er Dürr und einen weiteren Langläufer beim Doping unterstützt hatte und auch bei einer ihrer Blutabnahmen für Eigenblutdoping mit dabei war. Dafür wurde er zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt – mehr dazu in Dürr zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt.

Johannes Dürr im Gespräch mit Hajo Seppelt und seinem Anwalt
ORF
Das Interview von Hajo Seppelt (rechts) mit Johannes Dürr (Mitte) führte schlußendlich zur Razzia in Seefeld

Für Anti-Doping-Experte und Journalist Hajo Seppelt könnte der Prozess richtungsweisend sein. Es könnte sein, dass der Fall Dürr ein Lügengebäude einstürzen lasse, erklärte Dürr im Interview mit ORF Tirol. Aus seiner Sicht sei es besonders seit ein, zwei Jahren so, dass der ÖSV den Wintersport wie ein dopingfreies Paradies darstelle. Die Anklagen (Anm. der Ex-Trainer) würden zeigen, dass auch Personal gewusst hat, was insbesondere im Langlaufsport passiert sei.

Weiterer Ex-ÖSV-Trainer vor Gericht

Dürr belastete in seiner Aussage auch Ex-ÖSV-Trainer Walter Mayer. Er soll Dürr und einem weiteren Langläufer Blutdoping ermöglicht haben. Bis April 2019 soll Mayer auch anderen Athleten Dopingmittel zur Verfügung gestellt haben, so steht es in der vor kurzem bekanntgewordenen Anklage der Staatsanwaltschaft. Dafür muss sich Mayer am 19. Februar in Innsbruck vor Gericht verantworten – mehr dazu in Doping: Ex-Trainer Walter Mayer angeklagt. Bereits 2011 wurde Mayer nach Dopingskandalen bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002 und Turin 2006 verurteilt.

Walter Mayer stellt sich den Fragen der Journalisten
APA/Herbert Pfarrhofer
Der Name von Ex-ÖSV-Trainer Walter Mayer fiel während des Dürr-Prozesses häufig

Gerade die angeklagten ehemaligen Trainer würden Zweifel am ÖSV aufwerfen. Man könne sich schon fragen, ob die Leute an der Spitze des ÖSV die Richtigen sind, äußerte Seppelt scharfe Kritik. Sie würden immer den Eindruck erwecken, das habe alles nichts mit dem ÖSV zu tun. Die neuen Anklagen von einflussreichen Personen im Verband würden aber die Frage mit sich bringen, ob man noch behaupten könne, dass der Verband davon nichts mitbekommen habe.

Für ÖSV alles gesagt

Der ÖSV wollte dazu am Dienstag keine Stellungnahme beziehen. Es sei bereits alles gesagt worden, hieß es auf Anfrage. Die Sektion Langlauf sei außerdem in einen Verein ausgegliedert worden. Der ÖSV habe auch nie Geld für Doping ausgegeben und habe eine harte Ausschlusspolitik bei Doping gezeigt, so die Auskunft gegenüber ORF Tirol.

Dürr hatte dem Skiverband im Vorfeld auch vorgeworfen, Doping stillschweigend zu dulden. Der ÖSV klagte in einem Zivilprozess auf Unterlassung und Widerruf und bekam vor Gericht Recht – mehr dazu in ÖSV gewinnt Prozess gegen Langläufer Dürr.

Hajo Seppelt im Interview
ORF
Hajo Seppelt verfolgte den Prozess in Innsbruck am Montag mit

Leistungssport: Ausreichend Doping-Prävention?

Johannes Dürr sprach am Montag vor Gericht auch davon, dass Doping im Langlaufteam immer Thema gewesen sei. Er berichtete auch von den Anti-Doping-Maßnahmen, die im Verband getroffen wurden. So sei das Team etwa bei Vorträgen der NADA (Nationale Anti-Doping Agentur) gesessen. Das habe niemand ernst genommen, berichtete Dürr. Innerlich habe er sich da gedacht „Ihr habt ja alle keine Ahnung“.

Es gebe immer noch Vorträge und Schulungen zur Doping-Prävention, erklärte Alois Stadlober, der Obmann des Langlauf-Vereins, auf Nachfrage. Die Langlauf-Sektion wurde als Folge des Dopingskandales im Juli aus dem ÖSV ausgelagert, sie wird vom ÖSV mitfinanziert, ist aber ansonsten eigenständig. Stadlober erklärte zudem, dass Kontrollen wichtig seien und jeder Sportler im Vorfeld
eine Anti-Doping-Erklärung unterzeichne.

Experte fordert Auseinandersetzung mit Doping

Hajo Seppelt warnte davor, dass der ÖSV den Dopingskandal mit Prozessende nicht abschließen dürfe. Das passiere auch in anderen Ländern immer wieder, so Seppelt. Es sei wichtig, sich ernsthaft mit dem Thema Doping auseinandersetzen und zu schauen, ob es nicht auch im Verband schwarze Schafe gebe. Diese Frage sollte sich der ÖSV intensiv stellen, so Seppelt.