Zu diesen „gesellschaftlichen Kippmechanismen“ gehören insbesondere Bereiche wie Energie, Finanzwelt und Bildung. Das Forscherteam um Hans Joachim Schellnhuber hat hierzu Empfehlungen von Wissenschaftlern aus aller Welt zusammengetragen. „Die sechs von uns identifizierten gesellschaftlichen Kippmechanismen können Auslöser für diese erforderlichen raschen, tiefgreifenden Veränderungen sein“, erklärt Studien-Koautorin Franziska Allerberger von der Universität Innsbruck.
Ein internationales Forscherteam hat in dem Fachjournal „Pnas“ sechs Bereiche präsentiert, wo mehr Klimabewusstsein geschaffen werden müsse. Möchte die Politik die Treibhausemissionen bis 2050 tatsächlich auf Null reduzieren, müsse sie hier ansetzen. „Unsere Gesellschaft ist derzeit in einem nicht-nachhaltigen Zustand gefangen, in dem wir sehr stark von der Verbrennung fossiler Energieträger abhängig sind. Machen wir weiter so wie bisher, wird es ziemlich ungemütlich“, so Allerberger.
Energieerzeugung zu oft aus fossilen Brennstoffen
Um das globale Klima zu schützen, dürfe Energie erstens nicht mehr aus fossilen Brennstoffen erzeugt werden. Dennoch waren 2015 die Subventionen für Kohle, Erdöl und Erdgas doppelt so hoch, wie für erneuerbare Technologien. Statt aus zentralen Kraftwerken, müsse Energie künftig dezentral aus Solar- und Windkraft bezogen werden.
Zweitens müssten Gebäude in Städten klimafreundlicher gebaut werden. Rund 20 Prozent des Treibhausgasausstoßes werde direkt oder indirekt durch Gebäude verursacht. Energiesparend gebaute Häuser können Tonnen von CO2 einsparen, so die Experten.
Anreize des Finanzsystems fördern Umweltverschmutzung
Der dritte Bereich ist das Finanzsystem: Solange sich Investitionen in umweltschädliche Technologien rentieren, solange sei ein klimafreundliches Umdenken nicht möglich. „Simulationen zeigen, dass nur neun Prozent der Investoren das System kippen könnten, was andere Investoren dazu veranlasst, dem zu folgen“, erklären die Forscher. Ein Beispiel wären weniger Unterstützungen für Kohleprojekte.
Doch auch Normen und Werte spielen eine Rolle und sind für die Experten der vierte Bereich. Klimaschutz müsse zu einer sozialen Norm werden, so Johan Rockström aus dem Forschungsteam. Um das zu erreichen, müsse bereits in der Erziehung angesetzt werden, weshalb das Bildungssystem den fünften Bereich darstellt. Man müsse den Menschen bereits in der Ausbildung eine klimaschonende Lebensweise nahelegen.
Verbraucherinformationen über CO2-Ausstoß
Um den Menschen ein klimaschonendes Verhalten zu erleichtern, empfehlen die Wissenschaftler bessere Verbraucherinformationen für Konsumenten. Zum Beispiel könne auf Verpackungen der Treibhausgasausstoß angegeben werden, den ein Produkt verursacht hat. „Es sollte den Menschen einfach gemacht werden, einen klimaneutralen Lebensstil zu führen“, so Rockström.
Das Forscherteam empfiehlt alle sechs Bereiche in Kombination anzugehen. Dabei sollten in Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, NGO’s und Politik Maßnahmen hierzu ausgearbeitet werden.