Symbolbild Trauer
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Chronik

20 Jahre nach Lawinenunglück im Jamtal

Am 28. Dezember 1999 sind im Jamtal 14 Skitourgeher unter eine Lawine geraten. Neun Gruppenmitglieder starben dabei unter den Schneemassen. Die Folge war unter anderem ein Gerichtsverfahren gegen Mitglieder des Deutschen Alpenvereins. Zwanzig Jahre später ist das Unglück nach wie vor unvergessen.

Am 28. Dezember 1999 brach eine Gruppe deutscher Touristen zu einer Skitour im Jamtal auf. Ursprünglich wollte das Team die freien Tage auf der Jamtalhütte verbringen und dort Silvester feiern. Die Hütte ist im Dezember üblicherweise geschlossen, im Winter 1999 wurde sie für die Touristengruppe zwei Monate früher aufgesperrt als normalerweise üblich. Trotz schlechter Witterungsbedingungen und Lawinenwanrstufe 4 entschlossen sich fünf erfahrene und ortskundige Bergführer mit ihren zum Teil unerfahrenen Wintersportlern zu einer Skitour. Experten hatten im Vorfeld vor Ausflügen bei diesen Wetterbedingungen gewarnt, die Lawinenkommission verhängte am Vortag eine Sperre des Jamtals.

Das Unglück nimmt seinen Lauf

Die fünf Bergführer brachen mit mehreren Touristengruppen auf, wobei es sich beim Großteil der knapp 40 Personen überwiegend um Deutsche handelte. Da sich jedoch das Wetter im Verlauf des Tages rapide verschlechterte, beschlossen die Touristengruppen schließlich doch umzukehren. Um 14.30 Uhr ereignete sich dann das Unglück: Ein Schneebrett über einer der Gruppen löste sich und erfasste zumindest 13 Personen, nur eine von ihnen wurde dabei nicht verschüttet. Das Unglück ereignete sich, als die Gruppe nur mehr rund 200 Meter von der Jamtalhütte entfernt war.

1999: ORF-Reporter Fred Lentsch berichtet aus dem Jamtal über die Vorfälle

Umgehend wurde ein Rettungseinsastz gestartet. Zwar befand sich die Unglücksstelle nur wenige Kilometer vom Ortskern von Galtür entfernt. Doch wegen hoher Lawinengefahr und schlechter Wetterverhältnisse gelang es den Rettungskräften dennoch erst beim dritten Versuch mit dem Hubschrauber die Jamtalhütte zu erreichen. Von dort wurden dann alle Personen evakuiert. Abgeholt wurden die Überlebenden von der Gendarmerie. „Es hat sich schon ein sehr drastisches Bild gezeigt. […] Die Leute hatten bereits psychische Betreuung und die einen waren etwas besser beinander, die anderen weniger. Die waren natürlich sehr traurig und teilweise haben sie geweint und andere haben das wieder eher gefasst genommen“, erzählte damals der zuständige Alpingendarm Stefan Jungmann.

Die Folgen

Am Ende des Tages ist die traurige Bilanz klar: Für neun Personen kam jede Hilfe zu spät. Viele von ihnen waren unter einer meterdicken Schneeschicht verschüttert. Eine Frau überlebte und wurde bewusstlos und unterkühlt geborgen. Wegen ihrer Verletzungen wurde sie in das Krankenhaus Zams geflogen. Die anderen Personen erhielten psychologische Betreuung und wurden von der Alpingendarmerie vernommen. Die Toten wurden vom Bundesheer in die Kaserne Landeck überstellt.

Nach dem Unglück kam es zu einem Streit darüber, inwiefern die Skitourengruppe leichtsinnig gehandelt hatte. Mehrere Kritiker, darunter Experten warfen den Mitgliedern des Deutschen Alpenvereins vor, die Warnhinweise offen missachtet zu haben und sich damit fahrlässig in Lebensgefahr begeben zu haben. Die Ermittlungen wurden sogleich aufgenommen.

Beitrag von „Tirol heute“ vom 29. Dezember 1999

Langjähriges gerichtliches Nachspiel

Im November 2000 wurden am Innsbrucker Landesgericht drei Bergführer der Gruppe in der Causa für nicht schuldig befunden. Die Richterin begründete ihre Entscheidung damals damit, dass die Hangbegehung „gerade noch verantwortbar“ gewesen sei. Der zuständige Gutachter Michael Larcher verwies wiederum darauf, dass die erfahrenen Bergführer sehr wohl das Recht hatten, das Risiko der Skitour unabhängig von den Einschätzungen des Lawinenwarndienstes abzuwägen.

Jahre später wurde aber der Deutsche Alpenverein in die Pflicht genommen. Er wurde 2004 über seine damals involvierte Tochterfirma DAV Summit Club zu Schadensersatz und Schmerzensgeldzahlungen an eine der Überlebenden verpflichtet. Bei diesem Urteil stellte das Oberlandesgericht München fest, dass der Deutsche Alpenverein für den Tod der neun Personen im Jamtal mitverantwortlich sei.

Ein Revisionsantrag wurde abgelehnt und der Deutsche Alpenverein in die Verantwortung genommen: Entgegen der Darstellung in seinem Katalog habe der Reiseveranstalter keine sichere Bergtour durchgeführt. Noch dazu haben die Bergführer die Lawinenwarnung ignoriert und erforderliche Sicherheitsabstände zwischen den Wanderern nicht eingehalten. Es folgten vereinzelt weitere Klagen beziehungsweise einigte man sich außergerichtlich.