Zusammenhalt
Pixabay
Pixabay
Politik

Brainstorming für Entwicklungshilfe

Wie wirkt Entwicklungszusammenarbeit? Diese Frage ist im Mittelpunkt des vierten Tiroler Entwicklungstages gestanden. Expertinnen und Experten diskutierten mit Interessierten über Konzepte für Entwicklungshilfe aus Tirol. Das Land wendet dafür eine Million Euro jährlich auf.

Das Geld des Landes wird für klassische Entwicklungshilfe, aber auch für Not- und Katastrophenhilfe etwa nach Naturereignissen eingesetzt. Um die Wirkung dieser Projekte zu überprüfen und zu verbessern, aber auch zur besseren Vernetzung mit Hilfsorganisationen, veranstaltet das Land Tirol jährlich sogenannte Entwicklungstage.

Tiroler Entwicklungstag
Land Tirol

Tiroler Entwicklungstag

Am 3. und 4. Dezember fanden die diesjährigen Tiroler Entwicklungstage statt. Nach einem Impulsvortrag über nachhaltige Hilfe und ihre Zukunft von Thomas Gebauer von der Hilfsorganisaton Medico International und einer Podiumsdiskussion folgten einen ganzen Tag lang Workshops mit Expertinnen und Experten zu diversen Aspekten der Entwicklungszusammenarbeit.

Auswirkungen von Entwicklungszusammenarbeit

Für eine langfristige Erfolg von Entwicklungszusammenarbeit sei es grundlegend, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, so die Experten. „Ganz wichtig ist, dass man wegkommt vom Konzept der Hilfe, wo es Geber gibt und solche die nur empfangen, hin zu einer echten Kooperation auf Augenhöhe“, so Thomas Vogel von der Hilfsorganisation HORIZONT3000.

Aus diesem Grund habe man auch auf UNO-Ebene die Strategie angepasst. Die ursprünglich formulierten Millenniums-Entwicklungsziele (Millenium Development Goals) wurden zu den aktuellen nachhaltigen Ziele (Sustainable Development Goals) erweitert. Diese seien nämlich mehr darauf ausgelegt, globale Probleme gemeinsam zu beheben, anstatt auf Wohlstandserhöhungen durch Geld aus den reichen Ländern zu setzen. Die Einbindung aller Betroffenen sei hierbei essentiell, betont Vogel. Ebenso müssen die Auswirkungen auf das Gesamte im Blick behalten werden: Statt sich auf Einzelprobleme zu konzentrieren, müsse man in Abstimmung mit dem bestehenden System handeln. Entwicklungshilfe sollte besser darauf ausgelegt sein, die Lebensbedingungen vor Ort umfassend und langfristig zu verbessern.

Entwicklungsberaterin Lisa Ringhofer
Land Tirol
Entwicklungsberaterin Lisa Ringhofer während einem der Workshops zum Tiroler Entwicklungstag.

Ähnlich sieht das die Beraterin für Entwicklungshilfe Lisa Ringhofer. Mit den Millenium Development Goals sollte bis 2015 die Armut weltweit enorm reduziert werden. Da das Projekt wenig erfolgreich war, wurden die Sustainable Development Goals mit Blickrichtung auf das Jahr 2030 implementiert. Dabei konzentriert man sich nun mehr auf nachhaltigere Projekte: Ein Beispiel dafür ist der Ausbau der Bildung in Primärschulen. Auch die Gesundheitsversorgung konnte in den letzten Jahren verbessert werden. „Aber man muss natürlich auch auf die regionalen Unterschiede schauen: Es gibt Regionen, wo es besser funktioniert, aber auch andere Regionen, wo noch viel Arbeit vor uns liegt“, räumt die Expertin ein.

Erfolge offensichtlich, Nachteile auch

Geht es nach Friedbert Ottacher, ebenfalls von HORIZONT3000, so sind die Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit offensichtlich. „In den letzten 70 Jahren ist in Subsahara-Afrika viel passiert: Die Kindersterblichkeit wurde halbiert, ebenso die Müttersterblichkeit. Mehr Kinder gehen in die Schule. Ein Teil dieses Verdienstes ist der Entwicklungszusammenarbeit anzurechnen“, erklärt Ottacher. Auch sei die Lebenserwartung in nahezu allen afrikanischen Ländern massiv angestiegen. Zu verdanken sei das einer besseren Gesundheitsversorgung, wodurch HIV, Tuberkulose und Malaria nun wirksamer bekämpft werden können.

Es gibt aber auch eine Kehrseite der Medaille: Das Risiko besteht weiterhin, dass neue Abhängigkeitsverhältnisse entstehen und Staaten ihre eigene Entwicklung zunehmend Hilfsorganisationen überlassen. Andererseits können Helfer der Versuchung erliegen, anderen Ländern und Kulturen ihre eigene Denkweise aufzuzwingen. Derartige Fehlentwicklungen würden aber seltener, ist Ottacher überzeugt. Die Entwicklungsarbeit der Zukunft wird zunehmend professioneller und effizienter, schätzt der Experte.

Wirkung von Ansätzen evaluieren

Auf die Frage, welche Herangehensweise in der Entwicklungspolitik die Beste ist, gibt es keine eindeutige Antwort. „Die Entwicklungshilfe ist immer unterschiedlichen Paradigmen ausgesetzt. Es gibt Ansätze, die einige Jahre en vogue sind, dann kommen Studien und belegen das Gegenteil. Dann kommt es zu einem Paradigmenwechsel,“ erklärt Ringhofer. Wichtig sei es daher zu bedenken, dass erfolgreiche Modelle nicht überall eins zu eins übertragbar sind. Diesen Fehler hat die Entwicklungshilfe in der Vergangenheit öfter begangen. Wichtig sei es daher, das eigene Programm an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.