Infomaterial der AIDS-Hilfe Tirol
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Gesundheit

AIDS-Hilfe sieht Erfolge und neue Probleme

Durch immer bessere Behandlungsmöglichkeiten hat AIDS viel von seinem Schrecken verloren. Andere Geschlechtskrankheiten sind jedoch wieder auf dem Vormarsch. Die AIDS-Hilfe Tirol will sich daher zunehmend auch auf andere Krankheiten konzentrieren.

Anlässlich des anstehenden Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember präsentierte die AIDS-Hilfe Tirol die aktuellsten einsehbaren Erkenntnisse aus ihrem Feld. Zum Gespräch lud die Vereinsleiterin Lydia Domoradzki.

Von der tödlichen zur chronischen Krankheit

Vor 30 Jahren hatte AIDS bei den meisten HIV-Infizierten noch einen tödlichen Ausgang. Heute haben Betroffene dank moderner Behandlungsmethoden eine normale Lebenserwartung. Auch die einst starken Nebenwirkungen der Medikamente für HIV-positive Personen werden immer weniger und schwächer. Im Grunde sei HIV kaum noch eine Einschränkung für ein normales Leben, so Domoradzki. AIDS ist somit von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit geworden: Eine Heilung ist weiterhin nicht möglich, und Betroffene müssen ein Leben lang Medikamente zu sich nehmen.

Auch gibt es neben dem Kondom mittlerweile ergänzende Möglichkeiten, um eine Ansteckung mit HIV besser verhindern zu können. HIV-positive Personen, die regelmäßig ihre Medikamente einnehmen, können den Anteil an Viren in ihrem Blut mittlerweile auf ein Maß senken, das eine Ansteckung immer unwahrscheinlicher macht. Zusätzlich gibt es mittlerweile die sogenannte PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe). Damit sind Tabletten gemeint, mit denen man sich vor einer möglichen HIV-Infektion schützen kann. In einigen Ländern werden die Kosten für das verschreibungspflichtige Medikament bereits von den Krankenkassen übernommen. Gegen andere Geschlechtskrankheiten ist die PrEP allerdings wirkungslos.

MitarbeiterInnen der AIDS-Hilfe Tirol: (von links nach rechts) Theaterpädagoge Matthäus Recheis, Klinik- und Gesundheitspsychologe Fritz Aull, der künftige Leiter Georg Gierzinger, die noch aktuelle Leiterin Lydia Domoradzki (ab Dezember 2019 in Pension)
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Das Team der AIDS-Hilfe Tirol (von l. nach r.): Theaterpädagoge Matthäus Recheis, Klinik- und Gesundheitspsychologe Fritz Aull, der künftige Leiter Georg Gierzinger, die noch aktuelle Leiterin Lydia Domoradzki (ab Dezember 2019 in Pension)

Unwissen bleibt großes Risiko

2018 wurden in Tirol 21 HIV-Neudiagnosen verzeichnet – 25 weniger als im Vorjahr. Damit wäre es zwar zu früh, um daraus einen allgemeinen Trend abzulesen. Die Zahlen stimmen aber optimistisch, lag doch die Zahl der Neudiagnosen seit 2012 nicht mehr unter 30. Auch österreichweit gab es zuletzt einen Rückgang, in diesem Fall von 510 (2017) auf 397 (2018).

Dennoch bleiben zwei große Herausforderungen auf dem Gebiet. Auf der einen Seite möchte das Team der AIDS-Hilfe Tirol die Menschen mehr dazu sensibilisieren, sich auf HIV testen zu lassen. In 40 Prozent der Fälle wird HIV erst zu spät diagnostiziert. Besonders davon betroffen sind Personen mit einem Alter von über 50 Jahren sowie heterosexuelle Männer und Frauen. Jede zweite Neuansteckung erfolgt, weil die ansteckende Person nicht wusste, dass sie oder er HIV-positiv ist.

Soziales Stigma als bleibendes Problem

„Das andere ist die Antidiskriminierungsarbeit: Denn obwohl HIV so gut behandelbar ist, ist es immer noch mit einem gesellschaftlichem Stigma behaftet. Betroffene werden nach wie vor ausgegrenzt und diskriminiert“, so Domoradzki.

In den Räumlichkeiten des Vereins AIDS-Hilfe Tirol
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Die AIDS-Hilfe Tirol stellt umfassendes Infomaterial und Expertise über AIDS wie auch andere Geschlechtskrankheiten zur Verfügung. Man kann sich anonym und kostenlos auf HIV testen lassen.

Zwar sei die soziale Akzeptanz für HIV-positive Menschen durchaus gewachsen und das Thema ist heute nicht mehr dermaßen skandalbesetzt. „Trotzdem: Sobald Menschen tatsächlich mit jemandem konfrontiert sind, der HIV-positiv ist, tauchen die Bilder des alten AIDS wieder auf und die Reaktionen ähneln denen aus den Anfangsjahren. Das muss nicht so sein, aber es passiert doch immer wieder,“ erklärt Domoradzki. Das Denken hierzu sei noch allzu sehr von Ängsten und Klischees von früher geprägt.

Den typischen HIV-Infizierten gäbe es hingegen nicht: Laut Angaben der AIDS-Hilfe kommen die Betroffenen aus allen Gruppen der Gesellschaft. Das bedeutet freilich nicht, dass es nicht besonders vulnerable Gruppen gibt – allen voran homosexuelle Männer. Doch das HIV-Risiko ist für Heterosexuelle nicht weniger ernst zu nehmen. Besonders gefährdet sind sozial schwache Menschen. Unter den Betroffenen, die von der AIDS-Hilfe Tirol betreut werden, sind einkommensschwache Menschen klar überrepräsentiert. Viele von ihnen sind alleinstehend.

Andere Krankheiten wieder im Aufwind

Während sich die Situation bei AIDS enorm gebessert hat, sind andere sexuell übertragbare Krankheiten wieder auf dem Vormarsch. Aus diesem Grund kann man sich bei der AIDS-Hilfe Tirol zunehmend auch auf andere sexuell übertragbare Krankheiten überprüfen lassen. Insbesondere Hepathitis C steht dabei im Fokus. Rechtzeitig erkannt und richtig behandelt ist diese Krankheit mittlerweile sogar heilbar. Außerdem sind mittlerweile Tests auf Syphillis, Gonorrhoe/Chlamydien sowie auf Hepatitis A und B möglich. Kostenfrei ist bislang nur der HIV-Test.