Gedenktafel am Bergisel
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Chronik

Unvergessen: 20 Jahre Bergisel-Tragödie

Eine der schlimmsten Tragödien in der Geschichte Tirols jährt sich heuer zum 20. Mal: Nach der Massenpanik 1999 im Innsbrucker Bergiselstadion beim Air & Style starben sieben junge Menschen. Noch heute kämpfen viele mit den Folgen und vor allem gegen das Vergessen.

Laut Air-&-Style-Website sollen am Unglückstag, dem 4. Dezember 1999, bis zu 45.000 überwiegend junge Zuschauer das Snowboard-Event im Bergiselstadion verfolgt haben. Später dementierte der Veranstalter diese Zahl und sprach von rund 22.000 Zuschauern. Noch vor der offiziellen Siegerehrung gegen 22.00 Uhr ereignete sich in unmittelbarer Nähe des westlichen Stadionausgangs die Tragödie.

Vor 20 Jahren ereignete sich das Unglück am Bergisel
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Gedenkkerzen für die Verstorbenen und Verletzten des Unglücks

Auf dem schmalen Weg zum Ausgang kam es zu tumultartigen Szenen. Auf der Westseite des Stadions brach ein Zaun, mehrere Menschen stürzten und wurden von den nachfolgenden Menschenmassen regelrecht begraben. Polizisten mussten Warnschüsse abgeben, um Sanitätern den Weg zu den Opfern freizumachen und um zu verhindern, dass Sanitäter selbst niedergetrampelt wurden.

Vier Tirolerinnen im Alter von 14 bis 21 Jahren und eine 21-jährige Australierin starben noch an Ort und Stelle bzw. am Weg ins Krankenhaus. 38 zum Teil lebensbedrohlich verletzte Personen mussten in Krankenhäusern versorgt werden. Eine weitere junge Frau starb vier Jahre nach dem Unglück an den Folgen, eine andere vor fünf Jahren.

Stunden der Ungewissheit nach der Tragödie

Noch in der Nacht auf den 5. Dezember 1999 konnten zwei der Todesopfer direkt auf dem Bergisel identifiziert werden. Laut Polizei handelte es sich bei den zwei Mädchen um eine 14-Jährige aus Wattens (Bezirk Innsbruck-Land) und um eine 15-Jährige aus Schwaz. Viele Eltern mussten aber die Nacht in Ungewissheit verbringen, weil ihre Kinder bei den planmäßig durchgeführten Partys nach dem Snowboard-Event teilgenommen hatten. Vier Schwerstverletzte lagen nach dem Unglück zum Teil mehrere Wochen im künstlichen Tiefschlaf.

Ihr Zustand war lange kritisch, aber stabil, wie die Mediziner der Innsbrucker Klinik bei mehreren „ärztlichen Bulletins“ nach der Bergisel-Tragödie mitteilten. Noch heute leiden einige an den Spätfolgen und sind durch das Bergisel-Unglück zu Pflegefällen geworden. „Natürlich hat man sich gefragt, warum es gerade mein Kind getroffen hat. Wir haben uns aber relativ schnell von diesen Gedanken getrennt, weil dich diese nur blockieren“, sagte Susanne Mayrhofer, die Mutter eines beim Unglück schwer Verletzten.

Die Suche nach dem Schuldigen

Nach dem Unglück gab es Diskussionen rund um die maximal zulässige Zuschauerzahl und der tatsächlichen Zahl der Besucher am 4. Dezember 1999. Laut einem Gutachten hätten in das Bergiselstadion in seinem damaligen Zustand vor dem Unglück nur 6.000 Zuschauer eingelassen werden dürfen, um die achtminütige Räumungszeit zu gewährleisten. Behördliche Bescheide hingegen hätten dem Stadion ein Fassungsvermögen von 38.000 Menschen und mehr zugestanden.

Jahre nach dem Unglück führten Entschädigungszahlungen zu Unstimmigkeiten zwischen Land Tirol, den Versicherungen und den Anwälten der Verunglückten. 2002, drei Jahre nach der Tragödie, stimmte die Tiroler Landesregierung schließlich den Zahlungen zu.

Betroffen 20 Jahre nach dem Bergisel-Unglück
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Das Innsbrucker Bergiselstadion heute

Der Chef der damaligen privaten Sicherheitsfirma musste sich wegen „fahrlässiger Gemeingefährdung“ am Innsbrucker Landesgericht verantworten. Auf den Tag genau vier Jahre nach dem Unglück beim Air & Style wurde er freigesprochen. Laut Gericht hätte er den Unfall nicht vorhersehen können. Beim Freispruch im Jahr 2003 hieß es von den Verteidigern, dass der Unfall durch Stürze mehrerer Personen verursacht worden sei und nicht durch eine Engstelle im Stadion. Außerdem wurden die Ermittlungen gegen den damaligen Veranstalter des Air & Style, Andrew Hourmont, eingestellt.

Berichterstattung in Radio Tirol nach dem Unglück:

In den Jahren nach dem Unglück wurde der Snowboard-Wettbewerb in Seefeld in Tirol und im Münchner Olympiastadion ausgetragen. 2009 kehrte er auf das inzwischen renovierte Bergiselstadion zurück, wo er danach noch viermal ausgetragen wurde. Zum bis dato letzten Mal auf dem Bergisel fand das Event 2015 statt. Danach übersiedelte das Air & Style für zwei Jahre zur Innsbrucker Olympiaworld.