Kultur

Der Meister des höheren Unsinns

Dieses Jahr wäre der berühmte Haller Kabarettist Otto Grünmandl 95 Jahre alt geworden. In Erinnerung an ihn und seine Werke planen das Stadtmuseum Hall und das Kulturlabor Stromboli gemeinsam mit dem Brenner-Archiv eine vielseitige Reihe an Veranstaltungen.

Nicht wenige Zeitgenossen dürften sich noch an Otto Grünmandls Kabarett und Witz erinnern – seien es seine „Alpenländischen Interviews“ bei Ö3 oder Kabarettprogramme wie „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn’ ich mich aus“. Dieses Jahr wäre der Meister des höheren Blödsinns 95 Jahre alt geworden, im Frühjahr 2020 jährt sich wiederum zum 20. Mal sein Todestag.

Veranstaltungen über Grünmandl

Das Brenner-Archiv verwaltet seit 2012 seinen Nachlass, möchte diesen aber der Öffentlichkeit zugänglich machen. Daher wird die Einrichtung gemeinsam mit dem Stadtmuseum Hall und dem Kulturlabor Stromboli Veranstaltungen zu Ehren des Kabarettisten abhalten. Von 15. November 2019 bis 8. März 2020 sind Ausstellungen, Workshops und Kabarettprogramme geplant.

Dazu zählen Führungen im Haller Stadtmuseum und im Brenner-Archiv über den Kabarettisten. Hinzu kommen für Schulen Textwerkstätten, darunter „Werbung einmal anders“, „Alpenländische Interviews“, „Ein Gefangener“ und „Dialogische Führungen“. Dort sollen interaktiv selbst Beiträge verfasst und dabei Lebenserfahrungen von Grünmandl vermittelt werden.

Otto Grünmandl in höherem Alter
Brenner-Archiv
Auch im hohen Alter war Otto Grünmandl noch als Kabarettist aktiv

Nicht zu vergessen das Kabarettprogramm „Otto Grünmandls Kellertheater“. Seit zehn Jahren findet dieses Projekt des Vereins Kulturlabor Stromboli statt. Darüber hinaus soll abseits diverser Kabarettprogramme die Vergangenheit von Grünmandl und seinem Vater auch filmisch näher beleuchtet werden.

Von den Nazis verfolgt

Otto Grünmandl wurde am 4. Mai 1924 in Hall in Tirol geboren. Sein Vater war ein aus Uhersky Brod (heute in Tschechien) zugewanderter Jude, der in Hall das Kaufhaus Grünmandl betrieb. Das Leben des jungen Otto Grünmandl wurde ernst, als die Nationalsozialisten nach dem „Anschluss“ 1938 ihre Repressionen gegen Juden auch auf Österreich ausweiteten.

Junger Otto Grünmandl (ganz links) mit seiner Familie
Forschungsinstitut Brenner-Archiv
Der junge Otto Grünmandl (ganz links) mit Mutter und Geschwistern, 1929

Noch im selben Jahr wurde das Kaufhaus Grünmandl „arisiert“, wodurch der Familie ihre Lebensgrundlage genommen wurde. Da es sich bei Ottos Eltern um eine jüdisch-nichtjüdische Mischehe handelte, wurden Mitglieder der Familie Grünmandl vorerst von den Deportationen ausgespart. Doch auch sie entgingen letztlich nicht der Verfolgung durch die Nazis: So wurde der Vater Alfred Grünmandl zu Zwangsarbeit verpflichtet, was schwere gesundheitliche Schäden bei ihm hinterließ.

Nachdem die Nazis 1944 beschlossen hatten, auch „Mischlinge“ zur Zwangsarbeit zu verpflichten, wurde nun Otto Grünmandl selbst ins Arbeitslager Rositz nach Thüringen deportiert. Seine spätere Verlegung ins Konzentrationslager Flossenbürg wurde aber von US-Soldaten verhindert, die ihn und andere Gefangene gegen Kriegsende befreien konnten. Otto Grünmandl entging damit dem Tod. Viele seiner Verwandten hingegen fielen den Verfolgungen der Nazis zum Opfer.

Vom Textilkaufmann zum Kabarettisten

Nach dem Krieg bekam die Familie Grünmandl ihr Kaufhaus wieder zurück und wurde wieder im Textilhandel tätig. Otto Grünmandl studierte kurz Elektrotechnik und machte später den Ingenieur an der Gewerbeschule in Innsbruck. Danach arbeitete er hauptberuflich als Textilkaufmann im Familienbetrieb. Seine wahre Berufung sah er aber in der Literatur. Neben Gedichten veröffentlichte er die Novelle „Ein Gefangener“, wo er seine Verfolgung durch die Nazis aufarbeitete.

Erfolg als Schriftsteller und Komiker

Ab den 1960ern stellte sich allmählich der Erfolg seiner Werke ein. Otto Grünmandl konnte sich als freier Schriftsteller selbstständig machen. Er verfasste auch Erzählungen und Hörspiele – Zweiteres brachte ihm 1970 den Österreichischen Staatspreis für Hörspiel ein. Sein Durchbruch waren die humoristisch gehaltenen „Alpenländischen Interviews“, die ab 1970 zu einer beliebten Serie auf Ö3 wurden. Wegen seines Talents als Komiker bekam er eine Stelle beim ORF Tirol als Leiter der Sparte Unterhaltung (1972–1981).

Otto Grünmandl mit Zigarre
Forschungsinstitut Brenner-Archiv
Otto Grünmandl war bekannt für seinen Humor

Ebenfalls berühmt wurden Grünmandls Solo-Kabarettprogramme „Der Einmannstammtisch“ und „Ich heiße nicht Oblomow“. Für letzteres wurde er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Er wirkte in Theaterstücken, Filmen, Fernsehsendungen und Hörspielen mit. Bis zuletzt blieb er auch Schriftsteller, war Mitbegründer der Tiroler Volksschauspiele und rief das Haller Zimmertheater ins Leben.

2000 verstorben, in Erinnerung geblieben

Otto Grünmandl blieb bis zuletzt aktiv. Im Herbst 1999 trug er seine Gedichte zum ersten und einzigen Mal öffentlich vor. Seine Arbeiten waren großteils humorvoll, er verfasste aber auch ernste Texte. Nach seinem Tod am 3. März 2000 sollte er nicht in Vergessenheit geraten: Seit 2012 verwaltet das Brenner-Archiv seinen Nachlass und möchte diesen öffentlich einsehbar machen. Ebenso veranstaltet das Kulturlabor Stromboli jährlich Kabarettprogramme zu Ehren von Otto Grünmandl. Der Haymon-Verlag plant wiederum eine fünfbändige Werkausgabe, in der die Publikationen des Schriftstellers neu aufgelegt werden sollen. Als erster Band ist bereits eine neue Ausgabe von „Ein Gefangener“ erschienen.