Zwei Bergretter mit Verunglücktem
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Chronik

Soziale Medien: Druck auf die Retter

Soziale Medien erschweren die Arbeitsbedingungen für Bergretter. Bei Einsätzen werden sie von Schaulustigen gefilmt, ihre Arbeit wird danach in sozialen Medien nicht immer positiv kommentiert. Eine Tagung am Samstag soll den Rettern helfen, mit dem Druck umzugehen.

Bergretter haben früher nicht so sehr mit Schaulustigen zu kämpfen gehabt, wie ihre Kollegen im urbanen Raum. Es entwickelte sich aber eine „zweite Einsatzrealität“ auf Social Media. „Es ist oft emotional belastend, dass man von jeder Ecke kritisiert und bewertet wird“, sagte Marc Kaufmann, Primar der Rettungs- und Notfallmedizin im Südtiroler Sanitätsbetrieb bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Ausbildungskonzepte anpassen

Bei der 26. Internationalen Bergrettungstagung am Samstag legt man einen Schwerpunkt auf ebenjenes Thema: Wie können Bergretter damit umgehen, wenn nach dem Einsatz die Vorgangsweise der Helfer in sozialen Netzwerken besprochen wird. Oder auch wie man sich bei Einsätzen verhält, die medial eine hohe Resonanz erfahren oder gar live mitgefilmt werden.

Einen schwierigen Nachteinsatz haben Bergretter auf dem Poschberg im Lattengebirge bei Bad Reichenhall bewältigt. Eine 68-jährige Wanderin war so erschöpft, dass sie nicht mehr gehen konnte. Das Team seilte sie über eine 60 Meter hohe Felswand ab.
BRK/Markus Leitner
Die Retter setzen oft ihr Leben aufs Spiel, und müssen sich danach kritisieren lassen.

„Wir müssen Bewusstsein schaffen“, stellte Kaufmann fest. Darüber hinaus müsse man die Ausbildungskonzepte anpassen. Für Peter Mair, Leitender Oberarzt der Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin in Innsbruck, müsse aber auch eine Selbstreflexion der Bergretter stattfinden. Etwa ob oder wie man über Einsätze auf Facebook & Co. berichten soll.

Diskussion um „Recht auf Rettung“

Für die Bergretter noch zu klären seien derzeit auch Fragen der Haftung, sagte Mair. Nachdem es einige Fälle gegeben hatte, in denen Gerettete die gestellten Rechnungen nicht bezahlen wollten, erkundige man sich derzeit, ob es überhaupt ein „Recht auf Rettung“ gebe. Mair gehe aber davon aus, dass dies gilt: „Es hat auch der, der selbst verschuldet in eine Notlage kommt, ein Recht auf Rettung“, meinte er.

Gute Erfahrungen habe man mit einer seit 2017 bestehenden Einsatzgruppe „Bergrettungs-Ärzte“ gemacht, berichtete Josef Burger, Landesarzt bei der Bergrettung Tirol. Derzeit verfüge man über etwa 30 geländegängige Ärzte, die überregional tätig sind. Die Schwierigkeit bei der Rekrutierung von Bergrettungs-Ärzten sei, dass man richtige Alpinisten findet, die beispielsweise auch Nachteinsätze am Großglockner machen können.