Koch schneidet Chillischoten mit Messer
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Tourismus

Ernüchterung nach Gastro-Ausbildung

Vier von zehn Tiroler Tourismuslehrlingen wollen nach der Lehre in einen anderen Beruf wechseln. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer. Unter anderem geben Jugendliche negative Erfahrungen in der Lehre als Grund dafür an.

Die Zahl der Lehrlinge in Tourismusberufen ist schon seit einiger Zeit rückläufig. In den letzten zehn Jahren halbierte sich die Zahl der Lehrlinge in den Berufen Gastronomiefachmann, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Hotelfachmann, Koch und Restaurantfachmann.

Ebenso sinken die Schülerzahlen in den Tiroler Tourismusschulen. Im Schuljahr 2009/10 besuchten 1.572 Jugendliche entweder die Villa Blanka, die HBLA für Tourismus in St. Johann oder die HBLA Zell am Ziller. Im aktuellen Schuljahr sind es noch rund 1.100 Schülerinnen und Schüler.

Jeder vierte Kochlehrling fliegt bei Lehrabschlussprüfung

Beschwerden über die Arbeitszeit inklusive unbezahlter Überstunden, die Ausbildung, die Wertschätzung oder mangelhafte Kommunikation in Betrieben seien Dauerbrenner in der Jugendabteilung der Arbeiterkammer (AK), sagte deren Präsident Erwin Zangerl. Diese Beschwerden und die Tatsache, dass 26 Prozent der Kochlehrlinge ihre Lehrabschlussprüfung nicht bestehen, gaben für die AK den Anlass, die Ausbildung per Studie zu hinterfragen. Dafür wurden 307 Tiroler Lehrlinge und Schülerinnen und Schüler im letzten Ausbildungsjahr zu ihrer Ausbildung und der Arbeit im Tourismus befragt.

Ein Mädchen schält in einer Küche Kartoffeln
ORF
Die Zahl der Lehrlinge im Tourismus und der Gastronomie hat sich in den letzten zehn Jahren halbiert

Für knapp die Hälfte Wunschausbildung

Die Studie der Arbeiterkammer zeigte, dass sich nur die Hälfte der Lehrlinge im Betrieb gut unterstütz und gut ausgebildet fühlt. Ebenso gab nur die Hälfte der Lehrlinge im Tourismus- und Gastronomiebereich an, dass diese Lehre ihre Wunschausbildung sei. Als Grund für einen gewünschten Branchenwechsel nach der Ausbildung gaben die meisten zwar an, etwas Neues ausprobieren zu wollen. Viele nannten aber auch schlechte Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Arbeitszeit im Tourismus als, Grund. Jeder vierte Lehrling gab sogar an, dass der Betrieb ihm die Freude am Beruf genommen habe.

„Lehrlinge dürfen nicht ausgebeutet werden“

Für Mario Gerber (ÖVP), den Obmann der Sparte Hotelerie in der Wirtschaftskammer Tirol, geht es vor allem um die Wertschätzung. Er habe den Eindruck, dass akademische Ausbildungen oft mehr geschätzt würden als Lehren. Daneben sprach er sich dafür aus, dass von Seiten der Wirtschaftskammer (WK) bei den Kollektivvertragsverhandlungen die Lehrlinge mehr berücksichtigt werden.

Mario Gerber im ORF Interview
ORF
Mario Gerber, Spartenobmann für Hotelerie in der Wirtschaftskammer Tirol, will Lehringe besser schützen

„Hier haben wir auch analysiert, dass wir im ersten Lehrjahr einen sehr guten Lohn haben. Im zweiten und dritten aber einen weniger guten. Hier ist es meine Aufgabe, die Branche zu formieren“, sagte Gerber. Außerdem müssten schwarze Schafe in der Branche aufgezeigt werden. Es dürfe nicht mehr sein, dass Lehrlinge ausgebeutet werden, so Gerber.

Zu wenig kreative Angebote für Lehrlinge

Laut Peter Schumacher, Leiter der Jugendabteilung der AK-Tirol, seien einige Probleme in der Lehrlingsausbildung sofort zu beheben. So soll beispielsweise kein Jugendlicher Überstunden unbezahlten leisten. „Die jungen Leute haben ein Verständnis dafür, was fair ist und was nicht“, sagte Schumacher. Außerdem schade es den Jugendlichen und der gesamten Branche, dass die Ausbildung abseits der Saisons völlig brach liege.

„Man kann mit Lehrlingen so vieles tun, was attraktiv und toll wäre. Das passiert aber nur in einem absolut untergeordneten Ausmaß“, so Schumacher. Es brauche mehr Mut für kreative Programme. Lehrlingen könnten zu Partnerbetrieben, auf Kurse oder in das Ausland geschickt werden, nannte der Leiter der Jugendabteilung einige Beispiele.