Hubschrauber im Pinnistal
Zeitungsfoto.at
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Gericht

Tödliche Kuhattacke kommt vor OGH

Nach der tödlichen Kuhattacke in Tirol im Juli 2014 hat das Berufungsgericht das Urteil gegen den Bauern teilweise aufgehoben. In zweiter Instanz wurde eine Teilschuld der getöteten Urlauberin konstatiert. Der Witwer will vor den Obersten Gerichtshof (OGH) ziehen, ebenso der Landwirt.

Die Familie der getöteten Urlauberin aus Deutschland hatte den Kuhhalter auf Schadenersatz geklagt. Die 45-Jährige war am 28. Juli 2014 im Pinnistal, einem Seitental des Stubaitals, mit ihrem Hund auf einem Wanderweg unterwegs, als plötzlich Kühe auf sie zuliefen. Die Obduktionsergebnisse ergaben, dass die Deutsche zu Tode getrampelt wurde.

In erster Instanz hatte das Landesgericht Innsbruck in dem Zivilverfahren den Bauern dazu verurteilt, dem Ehemann des Opfers 132.832,63 Euro und eine monatliche Rente von 1.215,50 Euro zu zahlen. Dem Sohn der Frau wurden 47.500 Euro und eine monatliche Rente von 352,50 Euro zugesprochen. Das Landesgericht hatte in erster Instanz entschieden, dass der Bauer den von vielen Wanderern genutzten Bereich hätte einzäunen müssen, um derart schwerwiegende Folgen zu verhindern.

Warnhinweis am Weidezaun
ORF
Nach dem Urteil in erster Instanz wurden zusätzlich an vielen Weidezäunen Warntafeln angebracht

OLG: Verschulden bei Bauer und Opfer

Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte in zweiter Instanz, dass die Errichtung eines Zaunes für den Bauern zumutbar gewesen wäre. Dem Landwirt sei bewusst gewesen, dass seine Mutterkühe sensibel und aggressiv auf Hunde reagieren, insbesondere wenn die Kälber in der Nähe sind.

Das Berufungsgericht sah allerdings auch ein Mitverschulden der getöteten Urlauberin. Sie hätte wissen müssen, dass Mutterkühe eine Gefahr für Hunde und deren Halter darstellen. Sie habe zudem die vom Bauern angebrachten Warnschilder nicht beachtet. Deshalb treffen den Landwirt und die Urlauberin zu gleichen Teilen ein Verschulden.

Aufschrift Oberlandesgericht und Landesgericht
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Das Oberlandesgericht sah bei Landwirt und getöteter Hundehalterin gleichermaßen ein Verschulden

Anwalt kündigt außerordentliche Revision beim OGH an

Der Anwalt des Landwirts, Ewald Jenewein, wollte sich mit dem nun abgeänderten Urteil nicht zufriedengeben und kündigte eine außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof (OGH) an. Es gehe für ihn auch um die grundsätzliche Klärung, ob eine Einzäunung von Wegen im Weidegebiet notwendig sei. Mit dem jetzigen Urteil zweiter Instanz bleibe die Unsicherheit für die Bauern, meinte der Jurist.

Denn auch nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts hafte der Bauer. Die Zahlungen an die Familie des Opfers seien zwar halbiert worden, es gehe aber weiterhin um große Summen.

Auch Witwer will Urteil bekämpfen

Der Witwer der getöteten Frau aus Deutschland will das Urteil zweiter Instanz ebenfalls nicht akzeptieren. Über seinen Anwalt Michael Hirm kündigte er ebenfalls Revision beim OGH an. Das jetzige Berufungsurteil sei angesichts der Fakten „ernüchternd“, aber kein Drama für seinen Mandanten. Der Witwer will erreichen, dass wieder das Urteil erster Instanz hergestellt wird.

Der Anwalt der deutschen Familie bezeichnete die Reaktion der Politik und der Bauernvertreter auf die ursprüngliche Entscheidung des Landesgerichts als völlig übertrieben. Man habe bereits das Ende der Almwirtschaft beschworen, obwohl das Urteil eine Einzelfallentscheidung gewesen sei, die nicht auf alle Bauern umgelegt werden könne.

Urteil mit weitreichenden Folgen

Das ursprüngliche Urteil hatte weitreichende Folgen. Von einem Ende des Almsommers in der bisherigen Form war die Rede. Überlegt wurden Almsperren für Wanderer, das Land kündigte die Einführung einer Wegeversicherung für Almen und Wiesen an. Die Kosten von rund 50.000 Euro werde das Land Tirol übernehmen, hieß es im Frühjahr. Damit sollten Almbauern im Falle eines Zwischenfalls künftig finanziell abgesichert sein.