Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
APA/Helmut Fohringer
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Tourismus

Gletscherskigebiete setzen auf Schneedepots

Die Tiroler Gletscherskigebiet wollen die Schneeschmelze möglichst verhindern. Dabei setzen die Bergbahnen neben dem Abdecken von Schneeflächen durch Vliese vermehrt auf Schneedepots – dem sogenannten Snowfarming.

Bei diesem „Anbauen von Schnee“ wird in der ablaufenden Wintersaison Schnee zusammengeschoben und angehäuft. Dieses Depot wird dann mit einem weißen Vlies abgedeckt. Am Pitztaler, Ötztaler, Kaunertaler, Hintertuxer und Stubaier Gletscher soll durch das Abdecken der Gletscher etwa 70 bis 80 Prozent des „Schnees von gestern“ erhalten werden. Insbesondere an exponierten Stellen wird das Vlies aufgebracht. Am Kaunertaler Gletscher ist das etwa bei einer begehbaren Gletscherspalte der Fall.

Am Pitztaler Gletscher, wo man bereits seit 25 Jahren abdeckt, sind nur etwa drei Prozent des gesamten Gletschers von den Maßnahmen betroffen. Das entspricht einer Fläche von acht Hektar, informierte die Gletscherbahn. Hier wird ausschließlich mit Schneedepots gearbeitet. Auch am Stubaier und Kaunertaler Gletscher geht man verstärkt in diese Richtung.

Bis zu drei Meter Unterschied bei Schneehöhe durch Vlies

Weil sich diese Vorgangsweise immer mehr bewährte bzw. die Handhabung immer verbessert wurde, wurden die Gletscher im Zeitverlauf immer großzügiger abgedeckt, sagte Matthias Dengg von der Zillertaler Gletscherbahn. Während am Hintertuxer Gletscher zu Beginn im Jahr 2003 lediglich zwei Hektar abgedeckt wurden, waren es im Sommer 2019 bereits 45.

Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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Im Ötztal werden zehn Hektar mit weißem Vlies abgedeckt

„Abgedeckte Flächen können einen Unterschied von bis zu drei Metern zu nicht abgedeckten Flächen ausmachen“, erklärte Dengg. Auch am Ötztaler Gletscher liegt nun mehr Vlies als früher, mittlerweile werden zehn Hektar – statt wie früher sieben Hektar – abgedeckt, sagte Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden.

Abdecken vor allem rund um Liftstützen

Vergleichsweise verhalten sind die Maßnahmen am Stubaier Gletscher. Betriebsleiter Andreas Kleinlercher erzählte, dass hier „zirka fünf bis sieben Hektar“ abgedeckt werden, vor allem rund um die Liftstützen. Dies sei deswegen notwendig, „damit sie stabil bleiben. Sonst könnte man die Seillinie nicht halten“. Das Ganze koste die Stubaier Gletscherbahnen „sicher 200.000 bis 250.000 Euro“. Ein Vlies könne man nicht öfter als ein, zwei Mal verwenden, schätzte er, denn dann wird es durchlässig, gab Kleinlercher zu bedenken.

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Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner
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Damit die Liftstützen stabil bleiben, wird die Fläche um sie abgedeckt.
Luftaufnahme des Rettenbachferners im August
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Am Rettenbachferner wurden im Sommer zehn Hektar mit Vlies abgedeckt
Schneekanonen am Rettenbachferner
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Schneekanonen am Gletscher
Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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Die abgedeckte Fläche wird von Jahr zu Jahr größer
Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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Bis zu drei Meter Schnee können durch das Vlies für das nächste Jahr gerettet werden
Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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Ende August werden die Vliese wieder abgenommen
Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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70 bis 80 Prozent des „Schnees von gestern“ sollen durch das Abdecken erhalten werden
Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
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Nur die Flächen, auf denen Ski gefahren wird, werden geschützt

Geschützt werden aber nur jene Gebiete, wo auch Ski gefahren wird, erklärte Andrea Fischer, Gletscherforscherin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Aufgrund fehlender Infrastruktur sei dies nur in bewirtschafteten Skigebieten möglich. Auf die Gletscherschmelze habe das Abdecken ohnehin kaum Einfluss, weil die abgedeckten Flächen zu klein sind, erläuterte die Wissenschafterin.

Hoffen auf baldige, kräftige Schneefälle

Sehr wohl habe aber der vergangene schneereiche Winter einen positiven Einfluss auf die Gletscherschmelze gehabt: „Trotz extremer Temperaturen im Juli und August liegt noch einigermaßen viel Schnee vom letzten Winter auf dem Eis“. Wenn zu Beginn der Hitzewelle im Sommer nicht so viel Schnee gelegen wäre, „gäbe es ein weiteres Jahr mit Rekordverlusten“, analysierte Fischer. Sollte es in den nächsten Wochen – wie üblich – erste, kräftige Schneefälle geben, könnten uns eben jene Rekordverluste erspart bleiben, hoffte sie.