Schild 2 Kortsch
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Chronik

Ortsschilder-Protest der Südtiroler Schützen

Der Südtiroler Schützenbund hat am Freitag mit einer Protestaktion für Aufsehen gesorgt. Zum 154. Geburtstag von Ettore Tolomei wurden die deutschsprachigen Ortsnamen an hunderten Ortschildern überklebt. Damit wollen die Schützen auf den immer noch präsenten Faschismus aufmerksam machen.

Ettore Tolomei, geboren am 16. August 1865 in Rovereto im Trentino, gilt als großer Unterstützer des Faschismus. Nach ihrer Machtergreifung waren die Faschisten darum bemüht, Südtirol zu „italienisieren“. Tolomei hat ab 1922 rund 8.000 Orts- und Flurnamen ins Italienische übersetzen lassen, die historisch gewachsenen deutschsprachigen Bezeichnungen wurden verboten. „Seit 97 Jahren ist das Toponomastik-Problem ungelöst“, kritisierte Südtirols Schützenkommandant Jürgen Wirth Anderlan im Rahmen der Aktion.

Schild 4 Eyrs
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Auch die Schützen von Eyrs weisen auf die faschistischen Ortsnamen hin

12-stündige Potestaktion des Schützenbundes

Die Aktion des Schützenbunds dauerte rund zwölf Stunden lang. Am Freitagmorgen gegen 6.30 Uhr wurden mehr als 600 Ortstafeln von den örtlichen Schützenkompanien mit selbstklebenden Hinweisen überdeckt. Auf den Plakaten steht „DNA – seit 97J“. Die Aufschrift soll „Deutsch nicht amtlich seit 97 Jahren“ bedeuten. Das erste Dekret, das die deutsch- und ladinischsprachigen Bezeichnungen verdrängen sollte, geht auf das Jahr 1922 zurück.

Rechtliche Konsequenzen befürchtete der Schützenkommandant nicht, weil die Überklebungen am Freitagabend wieder entfernt wurden. Der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì der Rechtspartei „Alto Adige nel cuore“ erstattete allerdings Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. „Es gehe nicht, dass die Schützen durch das Zukleben von Straßenschildern die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden“, meinte Urzì. Die Südtiroler Freiheitlichen unterstützten andererseits die Aktion. „Die Schützenkompanien haben damit den Finger in eine autonomiepolitische Wunde gelegt und legen deren Schwächen offen“, so der freiheitliche Obmann Andreas Leiter Reber in einer Aussendung.

Schild 1 Goldrain
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Die deutsche Bezeichnung wurde überklebt – Goldrain (im Bild) und andere Ortsnamen sind eigentlich nur auf italienisch gültig

„Deutsch nicht amtlich“

Der Protest der Südtiroler Schützen bezog sich unter anderem auf drei Gesetze aus der faschistischen Ära. Am 12. März 1923 hatte der Großrat des Faschismus Maßnahmen für Südtirol beschlossen, um das Gebiet und seine Bevölkerung italienisch zu machen. Drei konkrete Gesetzesregelungen aus den Jahren 1923, 1940 und 1942 hatten dann zur Folge, dass die bis dahin deutschen bzw. ladinischen Ortsbezeichnungen verboten wurden. Es waren nur mehr italienische Ortsnamen erlaubt.

Die Dekrete brachten ein Nachschlagewerk der Ortsnamen Südtirols hervor. „Dieses Gesetz gilt bis heute. Somit haben unsere deutschen Namen eigentlich keine Gültigkeit“, sagte Anderlan. Der Schützenkommandant stützte sich dabei auf die Tatsache, dass die deutschen und ladinischen Ortsnamen gesetzlich nie bestätigt wurden. De facto sind sie auf Landesebene den italienischen Orts- und Flurnamen aber gleichgestellt.